Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.ist eine schwere Mithrasünde, weil Mithra über Treue und Wahrheit, über das Licht in den Handlungen und Verträgen der Menschen zu wachen hatte.1) Ebenso betheuerte man früher bei den Deutschen mit den Worten: "sammir daz heilige licht;"2) ja heute noch pflegt als eine Betheuerung, als eine Versicherung der Wahrheit, im Deutschen gesagt zu werden: "So wahr mich das Licht (die Sonne) bescheint, - so wahr, als dass die Sonne scheint (am Himmel steht)." Da wir auf diese Weise übereinstimmend bei den Indern, bei den Persern und Parsen, und bei den Germanen die Sitte finden, das Licht als Zeugen der Treue und Wahrheit anzurufen und den Lichtgott als den Wahrer derselben zu betrachten, dürfen wir auch annehmen, dass sie diese gemeinsamen Sitten und Ansichten schon aus ihrem gemeinsamen Ursitze in Hochasien mitgebracht haben. Wenn die Griechen beim Zeus oder die Römer bei Jupiter betheuerten, war auch dieses im Grunde nur ein Schwur beim heiligen und ewigen Lichte. Schon bei Homer ist Zeus der oberste der Schwurgötter und er blieb dieses fortgesetzt im Rechtsverkehre der Griechen; Zeus rächt furchtbar jeden Meineid. 3) Bei den Niederlassungen der Norweger auf Island kehren die Besitzergreifungen durch Feuer öfters wieder. Man befestigte einen Zunder an den heiligen Pfeil, welcher Tundrör hiess, entzündete ihn im heiligen Feuer und schoss ihn über die Landstrecke , die man sich aneignen wollte. Dieser Rechtsgebrauch, sowohl von herrenlosem Lande als von erkauften Grundstücken mittelst angezündeten Feuers Besitz zu ergreifen, bestand im Norden allgemein; man hatte sich damit das Grundstück geheiliget (helgat 4). Die Einweihungen neuer Kirchen bei den Katholiken und der Logen bei den Maurern sind, näher und tiefer aufgefasst, durchaus nichts Anderes als diese alten Besitzergreifungen und Heiligungen durch das Feuer und das Licht; 1) Spiegel, Avesta, II. Einleitung LV. 2) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 813, Anm. 3) Preller, griech. Mythologie, I. S. 97. 4 Grimm, Rechtsalterthümer, S. 194 u. 941; Uhland, der Mithus von Thor, S. 57.
ist eine schwere Mithrasünde, weil Mithra über Treue und Wahrheit, über das Licht in den Handlungen und Verträgen der Menschen zu wachen hatte.1) Ebenso betheuerte man früher bei den Deutschen mit den Worten: „sammir daz heilige licht;“2) ja heute noch pflegt als eine Betheuerung, als eine Versicherung der Wahrheit, im Deutschen gesagt zu werden: „So wahr mich das Licht (die Sonne) bescheint, – so wahr, als dass die Sonne scheint (am Himmel steht).“ Da wir auf diese Weise übereinstimmend bei den Indern, bei den Persern und Parsen, und bei den Germanen die Sitte finden, das Licht als Zeugen der Treue und Wahrheit anzurufen und den Lichtgott als den Wahrer derselben zu betrachten, dürfen wir auch annehmen, dass sie diese gemeinsamen Sitten und Ansichten schon aus ihrem gemeinsamen Ursitze in Hochasien mitgebracht haben. Wenn die Griechen beim Zeus oder die Römer bei Jupiter betheuerten, war auch dieses im Grunde nur ein Schwur beim heiligen und ewigen Lichte. Schon bei Homer ist Zeus der oberste der Schwurgötter und er blieb dieses fortgesetzt im Rechtsverkehre der Griechen; Zeus rächt furchtbar jeden Meineid. 3) Bei den Niederlassungen der Norweger auf Island kehren die Besitzergreifungen durch Feuer öfters wieder. Man befestigte einen Zunder an den heiligen Pfeil, welcher Tundrör hiess, entzündete ihn im heiligen Feuer und schoss ihn über die Landstrecke , die man sich aneignen wollte. Dieser Rechtsgebrauch, sowohl von herrenlosem Lande als von erkauften Grundstücken mittelst angezündeten Feuers Besitz zu ergreifen, bestand im Norden allgemein; man hatte sich damit das Grundstück geheiliget (helgat 4). Die Einweihungen neuer Kirchen bei den Katholiken und der Logen bei den Maurern sind, näher und tiefer aufgefasst, durchaus nichts Anderes als diese alten Besitzergreifungen und Heiligungen durch das Feuer und das Licht; 1) Spiegel, Avesta, II. Einleitung LV. 2) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 813, Anm. 3) Preller, griech. Mythologie, I. S. 97. 4 Grimm, Rechtsalterthümer, S. 194 u. 941; Uhland, der Mithus von Thôr, S. 57.
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ist eine schwere Mithrasünde, weil Mithra über Treue und Wahrheit, über das Licht in den Handlungen und Verträgen der Menschen zu wachen hatte. 1) Ebenso betheuerte man früher bei den Deutschen mit den Worten: „sammir daz heilige licht;“ 2) ja heute noch pflegt als eine Betheuerung, als eine Versicherung der Wahrheit, im Deutschen gesagt zu werden: „So wahr mich das Licht (die Sonne) bescheint, – so wahr, als dass die Sonne scheint (am Himmel steht).“ Da wir auf diese Weise übereinstimmend bei den Indern, bei den Persern und Parsen, und bei den Germanen die Sitte finden, das Licht als Zeugen der Treue und Wahrheit anzurufen und den Lichtgott als den Wahrer derselben zu betrachten, dürfen wir auch annehmen, dass sie diese gemeinsamen Sitten und Ansichten schon aus ihrem gemeinsamen Ursitze in Hochasien mitgebracht haben. Wenn die Griechen beim Zeus oder die Römer bei Jupiter betheuerten, war auch dieses im Grunde nur ein Schwur beim heiligen und ewigen Lichte. Schon bei Homer ist Zeus der oberste der Schwurgötter und er blieb dieses fortgesetzt im Rechtsverkehre der Griechen; Zeus rächt furchtbar jeden Meineid. 3)
Bei den Niederlassungen der Norweger auf Island kehren die Besitzergreifungen durch Feuer öfters wieder. Man befestigte einen Zunder an den heiligen Pfeil, welcher Tundrör hiess, entzündete ihn im heiligen Feuer und schoss ihn über die Landstrecke , die man sich aneignen wollte. Dieser Rechtsgebrauch, sowohl von herrenlosem Lande als von erkauften Grundstücken mittelst angezündeten Feuers Besitz zu ergreifen, bestand im Norden allgemein; man hatte sich damit das Grundstück geheiliget (helgat 4). Die Einweihungen neuer Kirchen bei den Katholiken und der Logen bei den Maurern sind, näher und tiefer aufgefasst, durchaus nichts Anderes als diese alten Besitzergreifungen und Heiligungen durch das Feuer und das Licht;
1) Spiegel, Avesta, II. Einleitung LV.
2) Grimm, Rechtsalterthümer, S. 813, Anm.
3) Preller, griech. Mythologie, I. S. 97.
4 Grimm, Rechtsalterthümer, S. 194 u. 941; Uhland, der Mithus von Thôr, S. 57.
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