Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

Religionsbund gilt als eine Fesselung, weshalb dem Aufzunehmenden zum Zeichen seiner Aufnahme und seiner Angehörigkeit erst die Fessel angelegt wird, um dieselbe alsdann bis zu seinem Tode zu tragen. Dort wird eine Fessel und ein Band gebrochen und der Aufgenommene ist ein Befreiter, ein Freier, hier wird die Fessel und das Band absichtlich angelegt und der Aufgenommene ist ein Gebundener, ein Gehorsamer, ein Ergebener, ein Sklave. Die Fesseln der ersten Art erscheinen unerträglich und verwerflich, wogegen die Fesseln der zweiten Art gesucht und selbst als eine leichte und süsse Last, als etwas Heiliges und Heiligendes freiwillig übernommen werden. Einzig bei den Maurern war und ist in die Aufnahme-Gebräuche eine Entfesselung, eine Freimachung eingeflochten, wogegen bei den Parsen, bei den Indern, bei den Soofi, bei den Johanniterrittern, bei den Tempelherren u. s. w. eine Fesselung, eine Unterwerfung stattfand oder stattfindet und auf sie mehr oder weniger anzuwenden ist, was Jac. Grimm in den deutschen Rechtsalterthümern S. 184 anführt, dass einen Strick um den Hals sowohl Solche trugen, welche sich auf Leben und Tod ergeben hatten, als auch an gewissen Orten die Freibauern zum Zeichen geringer Knechtschaft und Hörigkeit. Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 14 nennt den "Kotisch" der Perser den Streitgürtel als das Symbol, dass der damit Umgürtete werkthätig theilnehme an dem grossen Weltkampfe zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und dem Bösen und dass er als ein Mit- und Lichtstreiter auf der Seite des Ormuzd stehen wolle. Allein der heilige Gürtel oder die heilige Schnur der Perser und der Inder ist kein Streitgürtel in diesem Sinne, sondern ein Band, wodurch der Umgürtete in den religiösen Verein gleichsam eiregebunden und eingeflochten wird, - ein Ring oder eine Kette, welcher dessen Träger als ein neues Ring- oder Kettenglied in den grossen und allgemeinen Ring des Ganzen einfügt. Der Kosti erinnert an den Ring, welchen so viele mythologische Personen über dem rechten Knöchel tragen und den Gaedechens, Glaukos S. 68, mit Recht als das Symbol der Fesselung ansieht. Sehr schön und

Religionsbund gilt als eine Fesselung, weshalb dem Aufzunehmenden zum Zeichen seiner Aufnahme und seiner Angehörigkeit erst die Fessel angelegt wird, um dieselbe alsdann bis zu seinem Tode zu tragen. Dort wird eine Fessel und ein Band gebrochen und der Aufgenommene ist ein Befreiter, ein Freier, hier wird die Fessel und das Band absichtlich angelegt und der Aufgenommene ist ein Gebundener, ein Gehorsamer, ein Ergebener, ein Sklave. Die Fesseln der ersten Art erscheinen unerträglich und verwerflich, wogegen die Fesseln der zweiten Art gesucht und selbst als eine leichte und süsse Last, als etwas Heiliges und Heiligendes freiwillig übernommen werden. Einzig bei den Maurern war und ist in die Aufnahme-Gebräuche eine Entfesselung, eine Freimachung eingeflochten, wogegen bei den Parsen, bei den Indern, bei den Soofi, bei den Johanniterrittern, bei den Tempelherren u. s. w. eine Fesselung, eine Unterwerfung stattfand oder stattfindet und auf sie mehr oder weniger anzuwenden ist, was Jac. Grimm in den deutschen Rechtsalterthümern S. 184 anführt, dass einen Strick um den Hals sowohl Solche trugen, welche sich auf Leben und Tod ergeben hatten, als auch an gewissen Orten die Freibauern zum Zeichen geringer Knechtschaft und Hörigkeit. Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 14 nennt den „Kotisch“ der Perser den Streitgürtel als das Symbol, dass der damit Umgürtete werkthätig theilnehme an dem grossen Weltkampfe zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und dem Bösen und dass er als ein Mit- und Lichtstreiter auf der Seite des Ormuzd stehen wolle. Allein der heilige Gürtel oder die heilige Schnur der Perser und der Inder ist kein Streitgürtel in diesem Sinne, sondern ein Band, wodurch der Umgürtete in den religiösen Verein gleichsam eiregebunden und eingeflochten wird, – ein Ring oder eine Kette, welcher dessen Träger als ein neues Ring- oder Kettenglied in den grossen und allgemeinen Ring des Ganzen einfügt. Der Kosti erinnert an den Ring, welchen so viele mythologische Personen über dem rechten Knöchel tragen und den Gaedechens, Glaukos S. 68, mit Recht als das Symbol der Fesselung ansieht. Sehr schön und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0352" n="336"/>
Religionsbund gilt als eine Fesselung, weshalb dem Aufzunehmenden zum
 Zeichen seiner Aufnahme und seiner Angehörigkeit erst die Fessel angelegt wird, um dieselbe alsdann
 bis zu seinem Tode zu tragen. Dort wird eine Fessel und ein Band gebrochen und der Aufgenommene ist
 ein Befreiter, ein Freier, hier wird die Fessel und das Band absichtlich angelegt und der
 Aufgenommene ist ein Gebundener, ein Gehorsamer, ein Ergebener, ein Sklave. Die Fesseln der ersten
 Art erscheinen unerträglich und verwerflich, wogegen die Fesseln der zweiten Art gesucht und selbst
 als eine leichte und süsse Last, als etwas Heiliges und Heiligendes freiwillig übernommen werden.
 Einzig bei den Maurern war und ist in die Aufnahme-Gebräuche eine Entfesselung, eine Freimachung
 eingeflochten, wogegen bei den Parsen, bei den Indern, bei den Soofi, bei den Johanniterrittern, bei
 den Tempelherren u. s. w. eine Fesselung, eine Unterwerfung stattfand oder stattfindet und auf sie
 mehr oder weniger anzuwenden ist, was Jac. Grimm in den deutschen Rechtsalterthümern S. 184 anführt,
 dass einen Strick um den Hals sowohl Solche trugen, welche sich auf Leben und Tod ergeben hatten,
 als auch an gewissen Orten die Freibauern zum Zeichen geringer Knechtschaft und Hörigkeit. Gladisch,
 das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 14 nennt den &#x201E;Kotisch&#x201C; der
 Perser den Streitgürtel als das Symbol, dass der damit Umgürtete werkthätig theilnehme an dem
 grossen Weltkampfe zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und dem Bösen und dass er als
 ein Mit- und Lichtstreiter auf der Seite des Ormuzd stehen wolle. Allein der heilige Gürtel oder die
 heilige Schnur der Perser und der Inder ist kein Streitgürtel in diesem Sinne, sondern ein Band,
 wodurch der Umgürtete in den religiösen Verein gleichsam eiregebunden und eingeflochten wird, &#x2013; ein
 Ring oder eine Kette, welcher dessen Träger als ein neues Ring- oder Kettenglied in den grossen und
 allgemeinen Ring des Ganzen einfügt. Der Kosti erinnert an den Ring, welchen so viele mythologische
 Personen über dem rechten Knöchel tragen und den Gaedechens, Glaukos S. 68, mit Recht als das Symbol
 der Fesselung ansieht. Sehr schön und
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[336/0352] Religionsbund gilt als eine Fesselung, weshalb dem Aufzunehmenden zum Zeichen seiner Aufnahme und seiner Angehörigkeit erst die Fessel angelegt wird, um dieselbe alsdann bis zu seinem Tode zu tragen. Dort wird eine Fessel und ein Band gebrochen und der Aufgenommene ist ein Befreiter, ein Freier, hier wird die Fessel und das Band absichtlich angelegt und der Aufgenommene ist ein Gebundener, ein Gehorsamer, ein Ergebener, ein Sklave. Die Fesseln der ersten Art erscheinen unerträglich und verwerflich, wogegen die Fesseln der zweiten Art gesucht und selbst als eine leichte und süsse Last, als etwas Heiliges und Heiligendes freiwillig übernommen werden. Einzig bei den Maurern war und ist in die Aufnahme-Gebräuche eine Entfesselung, eine Freimachung eingeflochten, wogegen bei den Parsen, bei den Indern, bei den Soofi, bei den Johanniterrittern, bei den Tempelherren u. s. w. eine Fesselung, eine Unterwerfung stattfand oder stattfindet und auf sie mehr oder weniger anzuwenden ist, was Jac. Grimm in den deutschen Rechtsalterthümern S. 184 anführt, dass einen Strick um den Hals sowohl Solche trugen, welche sich auf Leben und Tod ergeben hatten, als auch an gewissen Orten die Freibauern zum Zeichen geringer Knechtschaft und Hörigkeit. Gladisch, das Mysterium der ägyptischen Pyramiden und Obelisken, Halle 1846, S. 14 nennt den „Kotisch“ der Perser den Streitgürtel als das Symbol, dass der damit Umgürtete werkthätig theilnehme an dem grossen Weltkampfe zwischen Licht und Finsterniss, zwischen dem Guten und dem Bösen und dass er als ein Mit- und Lichtstreiter auf der Seite des Ormuzd stehen wolle. Allein der heilige Gürtel oder die heilige Schnur der Perser und der Inder ist kein Streitgürtel in diesem Sinne, sondern ein Band, wodurch der Umgürtete in den religiösen Verein gleichsam eiregebunden und eingeflochten wird, – ein Ring oder eine Kette, welcher dessen Träger als ein neues Ring- oder Kettenglied in den grossen und allgemeinen Ring des Ganzen einfügt. Der Kosti erinnert an den Ring, welchen so viele mythologische Personen über dem rechten Knöchel tragen und den Gaedechens, Glaukos S. 68, mit Recht als das Symbol der Fesselung ansieht. Sehr schön und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-14T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-14T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/352
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 336. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/352>, abgerufen am 22.11.2024.