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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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stehende Todtengenius, der gute Genius des Verstorbenen in der Hand hält. Bei dem Haupte des Leichnams sitzt zugleich die Möra oder Schicksals- und Todesgöttin Atropos und hält die Rolle, das Buch der Lebensthaten des Verstorbenen auf ihrem Schoosse entfaltet; von dem Kranze herab liest dann der Schmetterling in der Rolle seines Lebens seinen Lohn und Strafe, wie auf der von Furtwängler, Taf. 1, Fig. 8 mitgetheilten Abbildung näher zu ersehen ist. In dem Sinne dieses Bildes sagt Johannes in seiner Offenbarung XX, 12:

"Und ich sah die Todten, kleine und grosse, vor Gott stehen, und es wurden Bücher aufgethan; und ein anderes Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens; und die Todten sind gerichtet worden nach Dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken."

Die Vorstellung von der Todes- oder Schicksalsrolle war eine bei den römischen Künstlern der spätern Zeiten ziemlich verbreitete und findet sich auch noch auf andern römischen Kunstdenkmalen, z. B. bei Gerhard, über den Gott Eros, Taf. V, Fig. 9, in der Weise, dass der Todteneros oder Todtengenius in der Schicksalsrolle liest. Wie der Todtenspiegel des Menschen eigene Seele ist, so auch die Todtenrolle, denn in der Seele des Verstorbenen steht unauslöschlich eingeschrieben, was er hier gethan und geworden.1) Der Tod, welcher die Seele von der Erde hinüberführet, entfaltet auch die Rolle, - ist die Stunde des Gerichtes.

In der nordischen Mythologie ist es der Sonnengott Fro, welcher die Ketten der durch den Winter gefesselten Erde, aber auch der Menschen zerbricht. Nach dem nordischen Mythus befreit Fro einen jeden Gefangenen aus Ketten, was im christlichen Zeitalter in Baiern auf S. Leonhard übertragen worden ist; er wird als der Beschirmer der Reisenden und Gefangenen verehrt, wogegen der Gerettete eine Zeit lang einen oder drei eiserne Ringe trägt, oder seine Ketten selbst zur Kirche des Schutzheiligen bringt und dort als Wahrzeichen seiner Befreiung auf-

1) Vergl. auch Furtwängler, a. a. O., S. 444.

stehende Todtengenius, der gute Genius des Verstorbenen in der Hand hält. Bei dem Haupte des Leichnams sitzt zugleich die Möra oder Schicksals- und Todesgöttin Atropos und hält die Rolle, das Buch der Lebensthaten des Verstorbenen auf ihrem Schoosse entfaltet; von dem Kranze herab liest dann der Schmetterling in der Rolle seines Lebens seinen Lohn und Strafe, wie auf der von Furtwängler, Taf. 1, Fig. 8 mitgetheilten Abbildung näher zu ersehen ist. In dem Sinne dieses Bildes sagt Johannes in seiner Offenbarung XX, 12:

„Und ich sah die Todten, kleine und grosse, vor Gott stehen, und es wurden Bücher aufgethan; und ein anderes Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens; und die Todten sind gerichtet worden nach Dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken.“

Die Vorstellung von der Todes- oder Schicksalsrolle war eine bei den römischen Künstlern der spätern Zeiten ziemlich verbreitete und findet sich auch noch auf andern römischen Kunstdenkmalen, z. B. bei Gerhard, über den Gott Eros, Taf. V, Fig. 9, in der Weise, dass der Todteneros oder Todtengenius in der Schicksalsrolle liest. Wie der Todtenspiegel des Menschen eigene Seele ist, so auch die Todtenrolle, denn in der Seele des Verstorbenen steht unauslöschlich eingeschrieben, was er hier gethan und geworden.1) Der Tod, welcher die Seele von der Erde hinüberführet, entfaltet auch die Rolle, – ist die Stunde des Gerichtes.

In der nordischen Mythologie ist es der Sonnengott Frô, welcher die Ketten der durch den Winter gefesselten Erde, aber auch der Menschen zerbricht. Nach dem nordischen Mythus befreit Frô einen jeden Gefangenen aus Ketten, was im christlichen Zeitalter in Baiern auf S. Leonhard übertragen worden ist; er wird als der Beschirmer der Reisenden und Gefangenen verehrt, wogegen der Gerettete eine Zeit lang einen oder drei eiserne Ringe trägt, oder seine Ketten selbst zur Kirche des Schutzheiligen bringt und dort als Wahrzeichen seiner Befreiung auf-

1) Vergl. auch Furtwängler, a. a. O., S. 444.
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 Verstorbenen auf ihrem Schoosse entfaltet; von dem Kranze herab liest dann der Schmetterling in der
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 z. B. bei Gerhard, über den Gott Eros, Taf. V, Fig. 9, in der Weise, dass der Todteneros oder
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 auch die Todtenrolle, denn in der Seele des Verstorbenen steht unauslöschlich eingeschrieben, was er
 hier gethan und geworden.<note place="foot" n="1)">Vergl. auch Furtwängler, a. a. O., S. 444.
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        <p> In der nordischen Mythologie ist es der Sonnengott Frô, welcher die Ketten der durch den Winter
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 worden ist; er wird als der Beschirmer der Reisenden und Gefangenen verehrt, wogegen der Gerettete
 eine Zeit lang einen oder drei eiserne Ringe trägt, oder seine Ketten selbst zur Kirche des
 Schutzheiligen bringt und dort als Wahrzeichen seiner Befreiung auf-
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[345/0361] stehende Todtengenius, der gute Genius des Verstorbenen in der Hand hält. Bei dem Haupte des Leichnams sitzt zugleich die Möra oder Schicksals- und Todesgöttin Atropos und hält die Rolle, das Buch der Lebensthaten des Verstorbenen auf ihrem Schoosse entfaltet; von dem Kranze herab liest dann der Schmetterling in der Rolle seines Lebens seinen Lohn und Strafe, wie auf der von Furtwängler, Taf. 1, Fig. 8 mitgetheilten Abbildung näher zu ersehen ist. In dem Sinne dieses Bildes sagt Johannes in seiner Offenbarung XX, 12: „Und ich sah die Todten, kleine und grosse, vor Gott stehen, und es wurden Bücher aufgethan; und ein anderes Buch ward aufgethan, welches ist das Buch des Lebens; und die Todten sind gerichtet worden nach Dem, was in den Büchern geschrieben war, nach ihren Werken.“ Die Vorstellung von der Todes- oder Schicksalsrolle war eine bei den römischen Künstlern der spätern Zeiten ziemlich verbreitete und findet sich auch noch auf andern römischen Kunstdenkmalen, z. B. bei Gerhard, über den Gott Eros, Taf. V, Fig. 9, in der Weise, dass der Todteneros oder Todtengenius in der Schicksalsrolle liest. Wie der Todtenspiegel des Menschen eigene Seele ist, so auch die Todtenrolle, denn in der Seele des Verstorbenen steht unauslöschlich eingeschrieben, was er hier gethan und geworden. 1) Der Tod, welcher die Seele von der Erde hinüberführet, entfaltet auch die Rolle, – ist die Stunde des Gerichtes. In der nordischen Mythologie ist es der Sonnengott Frô, welcher die Ketten der durch den Winter gefesselten Erde, aber auch der Menschen zerbricht. Nach dem nordischen Mythus befreit Frô einen jeden Gefangenen aus Ketten, was im christlichen Zeitalter in Baiern auf S. Leonhard übertragen worden ist; er wird als der Beschirmer der Reisenden und Gefangenen verehrt, wogegen der Gerettete eine Zeit lang einen oder drei eiserne Ringe trägt, oder seine Ketten selbst zur Kirche des Schutzheiligen bringt und dort als Wahrzeichen seiner Befreiung auf- 1) Vergl. auch Furtwängler, a. a. O., S. 444.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/361>, abgerufen am 22.11.2024.