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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.

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der über jeden Cultus und jedes Dogma erhaben ist, und auf dem jeder Maurer eigentlich stehen sollte." Rau nennt diesen über jeder Glaubensform stehenden, rein humanen Gesichtspunkt die ewige Liebe, die Liebe zu Gott, die gleichmässig alle Menschen auf dem weiten Erdenrunde mit gleicher Liebe als Brüder umfängt. Viel zu viel Gewicht legt Polak in seiner ganzen mehr berührten Schrift und besonders S. 267 ff. darauf, dass der Gottglaube der Maurer als die Naturreligion bezeichnet werde, indem diese Bezeichnung leicht im Sinne der Naturreligionen des Alterthums so gedeutet und missverstanden werden könnte, als ob die Maurer die blosse Natur als solche für göttlich halten und verehren, woran kein Maurer und auch Polak nicht entfernt denkt und er nur Gott in der Natur, in der Welt meint, wie er darin dem menschlichen Geiste, der Vernunft sich verkündet und offenbar wird.1) Polak würde weit sachgemässer und unmissverständlicher von der Religion der reinen Vernunft, von dem höhern und reinen Gottglauben des Christenthums, des christlichen Zeitalters gesprochen haben, wornach es nur Einen Gott, nur Eine Menschheit und nur Einen Geist gibt, d. h. der menschliche Geist aus dem göttlichen stammt und daher gleich allem Göttlichen unvergänglich und ewig ist. Polak ermahnt in diesem Sinne S. 283, dass die Meister in der Loge das ächte heilige Feuer, das Feuer der göttlichen Vernunft anfachen und nähren sollen, damit es nie erlösche, soweit die vorwärts schreitende Wissenschaft die Mittel zur Unterhaltung des Feuers bietet. Die Liebe zu Gott, die Liebe zu allen Menschen und die Liebe zu sich selbst (zu dem in uns lebenden göttlichen Geiste) sind nur verschiedene Richtungen und Beziehungen der Einen und untheilbaren Liebe zu dem Göttlichen, dessen Stimme und Ge-

1) Ungeschickt drückt Polak seine eigenen Gedanken aus, indem er S. 2S5 sagt: "Folglich ist die Maurerei Naturreligion, und sind die maurerischen Hallen die Schulen, worin der intellectuelle Mensch zur Naturreligion erzogen, d. h. mit der Natur und ihren Gesetzen derartig bekannt gemacht werden soll, dass er durch sie zur Religion gelangen, dass die Natur selber ihm Religion werden kann."

der über jeden Cultus und jedes Dogma erhaben ist, und auf dem jeder Maurer eigentlich stehen sollte.“ Rau nennt diesen über jeder Glaubensform stehenden, rein humanen Gesichtspunkt die ewige Liebe, die Liebe zu Gott, die gleichmässig alle Menschen auf dem weiten Erdenrunde mit gleicher Liebe als Brüder umfängt. Viel zu viel Gewicht legt Polak in seiner ganzen mehr berührten Schrift und besonders S. 267 ff. darauf, dass der Gottglaube der Maurer als die Naturreligion bezeichnet werde, indem diese Bezeichnung leicht im Sinne der Naturreligionen des Alterthums so gedeutet und missverstanden werden könnte, als ob die Maurer die blosse Natur als solche für göttlich halten und verehren, woran kein Maurer und auch Polak nicht entfernt denkt und er nur Gott in der Natur, in der Welt meint, wie er darin dem menschlichen Geiste, der Vernunft sich verkündet und offenbar wird.1) Polak würde weit sachgemässer und unmissverständlicher von der Religion der reinen Vernunft, von dem höhern und reinen Gottglauben des Christenthums, des christlichen Zeitalters gesprochen haben, wornach es nur Einen Gott, nur Eine Menschheit und nur Einen Geist gibt, d. h. der menschliche Geist aus dem göttlichen stammt und daher gleich allem Göttlichen unvergänglich und ewig ist. Polak ermahnt in diesem Sinne S. 283, dass die Meister in der Loge das ächte heilige Feuer, das Feuer der göttlichen Vernunft anfachen und nähren sollen, damit es nie erlösche, soweit die vorwärts schreitende Wissenschaft die Mittel zur Unterhaltung des Feuers bietet. Die Liebe zu Gott, die Liebe zu allen Menschen und die Liebe zu sich selbst (zu dem in uns lebenden göttlichen Geiste) sind nur verschiedene Richtungen und Beziehungen der Einen und untheilbaren Liebe zu dem Göttlichen, dessen Stimme und Ge-

1) Ungeschickt drückt Polak seine eigenen Gedanken aus, indem er S. 2S5 sagt: „Folglich ist die Maurerei Naturreligion, und sind die maurerischen Hallen die Schulen, worin der intellectuelle Mensch zur Naturreligion erzogen, d. h. mit der Natur und ihren Gesetzen derartig bekannt gemacht werden soll, dass er durch sie zur Religion gelangen, dass die Natur selber ihm Religion werden kann.“
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 Brüder umfängt. Viel zu viel Gewicht legt Polak in seiner ganzen mehr berührten Schrift und
 besonders S. 267 ff. darauf, dass der Gottglaube der Maurer als die Naturreligion bezeichnet werde,
 indem diese Bezeichnung leicht im Sinne der Naturreligionen des Alterthums so gedeutet und
 missverstanden werden könnte, als ob die Maurer die blosse Natur als solche für göttlich halten und
 verehren, woran kein Maurer und auch Polak nicht entfernt denkt und er nur Gott in der Natur, in der
 Welt meint, wie er darin dem menschlichen Geiste, der Vernunft sich verkündet und offenbar
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 sagt: &#x201E;Folglich ist die Maurerei Naturreligion, und sind die maurerischen Hallen die Schulen, worin
 der intellectuelle Mensch zur Naturreligion erzogen, d. h. mit der Natur und ihren Gesetzen derartig
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 christlichen Zeitalters gesprochen haben, wornach es nur Einen Gott, nur Eine Menschheit und nur
 Einen Geist gibt, d. h. der menschliche Geist aus dem göttlichen stammt und daher gleich allem
 Göttlichen unvergänglich und ewig ist. Polak ermahnt in diesem Sinne S. 283, dass die Meister in der
 Loge das ächte heilige Feuer, das Feuer der göttlichen Vernunft anfachen und nähren sollen, damit es
 nie erlösche, soweit die vorwärts schreitende Wissenschaft die Mittel zur Unterhaltung des Feuers
 bietet. Die Liebe zu Gott, die Liebe zu allen Menschen und die Liebe zu sich selbst (zu dem in uns
 lebenden göttlichen Geiste) sind nur verschiedene Richtungen und Beziehungen der Einen und
 untheilbaren Liebe zu dem Göttlichen, dessen Stimme und Ge-
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[373/0389] der über jeden Cultus und jedes Dogma erhaben ist, und auf dem jeder Maurer eigentlich stehen sollte.“ Rau nennt diesen über jeder Glaubensform stehenden, rein humanen Gesichtspunkt die ewige Liebe, die Liebe zu Gott, die gleichmässig alle Menschen auf dem weiten Erdenrunde mit gleicher Liebe als Brüder umfängt. Viel zu viel Gewicht legt Polak in seiner ganzen mehr berührten Schrift und besonders S. 267 ff. darauf, dass der Gottglaube der Maurer als die Naturreligion bezeichnet werde, indem diese Bezeichnung leicht im Sinne der Naturreligionen des Alterthums so gedeutet und missverstanden werden könnte, als ob die Maurer die blosse Natur als solche für göttlich halten und verehren, woran kein Maurer und auch Polak nicht entfernt denkt und er nur Gott in der Natur, in der Welt meint, wie er darin dem menschlichen Geiste, der Vernunft sich verkündet und offenbar wird. 1) Polak würde weit sachgemässer und unmissverständlicher von der Religion der reinen Vernunft, von dem höhern und reinen Gottglauben des Christenthums, des christlichen Zeitalters gesprochen haben, wornach es nur Einen Gott, nur Eine Menschheit und nur Einen Geist gibt, d. h. der menschliche Geist aus dem göttlichen stammt und daher gleich allem Göttlichen unvergänglich und ewig ist. Polak ermahnt in diesem Sinne S. 283, dass die Meister in der Loge das ächte heilige Feuer, das Feuer der göttlichen Vernunft anfachen und nähren sollen, damit es nie erlösche, soweit die vorwärts schreitende Wissenschaft die Mittel zur Unterhaltung des Feuers bietet. Die Liebe zu Gott, die Liebe zu allen Menschen und die Liebe zu sich selbst (zu dem in uns lebenden göttlichen Geiste) sind nur verschiedene Richtungen und Beziehungen der Einen und untheilbaren Liebe zu dem Göttlichen, dessen Stimme und Ge- 1) Ungeschickt drückt Polak seine eigenen Gedanken aus, indem er S. 2S5 sagt: „Folglich ist die Maurerei Naturreligion, und sind die maurerischen Hallen die Schulen, worin der intellectuelle Mensch zur Naturreligion erzogen, d. h. mit der Natur und ihren Gesetzen derartig bekannt gemacht werden soll, dass er durch sie zur Religion gelangen, dass die Natur selber ihm Religion werden kann.“

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861, S. 373. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei01_1861/389>, abgerufen am 01.06.2024.