Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 1. Schaffhausen, 1861.gemeinsamen Opfermahle, wobei auch Trankopfer im eigentlichen Sinne und Minnetrünke, d. h. Gedächtniss- oder Erinnerungstrünke, besonders auch der Abwesenden und Verstorbenen vorkamen. Zu Heimramms Zeiten, also Anfangs des 8. Jahrhunderts, sagt Bischoff Aribo von Freising, waren die Baiwaren noch solche Neulinge im Christenthume, dass die Väter aus demselben Kelche ihren Söhnen die Minne Christi und der Heidengötter zutranken. Wie neuerlich Hartwig, Untersuchungen über die ersten Anfänge des Gildewesens, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, herausgegeben von der historischen Kommission der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, I. 1 (Göttingen 1860), S. 149, beziehungsweise 133 ff. ausgeführt hat, hängt jedenfalls der Name, wenn auch weniger die Ausbildung der Gilden mit den alten heidnischen Opfermahlzeiten zusammen oder diese wurden Gilden genannt. Denn Gilde ist ursprünglich das aus gemeinschaftlichen Beiträgen gehaltene Opfermahl, dann Opfermahlzeit überhaupt und endlich die Genossenschaft (conjuratio, confratria, collecta), wie Geld selbst Tribut, Zins und dann Opfer bedeutet. Zu diesen gemeinsamen Opfermahlzeiten musste jeder Freie seinen Antheil an Speise und Trank mitbringen. Hatte man die Opferthiere geschlachtet, die Götterbilder und Altäre und Tempelgebäude mit Opferblut bestrichen und das Volk damit besprengt, dann wurde das Fleisch in Kesseln gekocht und verzehrt. An die Speise schloss sich sofort auch der Trunk an. Beiderseits der Feuer, so beschreibt Maurer eine solche Festlichkeit, über denen die Kessel hingen, sass das Volk und man trank sich gegenseitig über die Feuer weg zu; dem Vorsitzenden, welcher den vornehmeren der beiden Hochsitze einnahm, lag es ob, die Opferspeise und den Opfertrunk zu weihen und die feierlichen Trinksprüche auszubringen. Man trank aber Odhins Becher um Sieg und Mase, Njörds und Freys Horn um ein gutes Jahr und Frieden, auch wohl ein Horn für Thorr, für Freyja, oder zur Erinnerung an die eigenen Verstorbenen. Minne - minni - nannte man solches Trinken, und jeder einzelne Becher wurde als Full bezeichnet; das ganze Opfer nimmt durch diesen gemeinsamen Genuss von Speise und Trank gemeinsamen Opfermahle, wobei auch Trankopfer im eigentlichen Sinne und Minnetrünke, d. h. Gedächtniss- oder Erinnerungstrünke, besonders auch der Abwesenden und Verstorbenen vorkamen. Zu Heimramms Zeiten, also Anfangs des 8. Jahrhunderts, sagt Bischoff Aribo von Freising, waren die Baiwaren noch solche Neulinge im Christenthume, dass die Väter aus demselben Kelche ihren Söhnen die Minne Christi und der Heidengötter zutranken. Wie neuerlich Hartwig, Untersuchungen über die ersten Anfänge des Gildewesens, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, herausgegeben von der historischen Kommission der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, I. 1 (Göttingen 1860), S. 149, beziehungsweise 133 ff. ausgeführt hat, hängt jedenfalls der Name, wenn auch weniger die Ausbildung der Gilden mit den alten heidnischen Opfermahlzeiten zusammen oder diese wurden Gilden genannt. Denn Gilde ist ursprünglich das aus gemeinschaftlichen Beiträgen gehaltene Opfermahl, dann Opfermahlzeit überhaupt und endlich die Genossenschaft (conjuratio, confratria, collecta), wie Geld selbst Tribut, Zins und dann Opfer bedeutet. Zu diesen gemeinsamen Opfermahlzeiten musste jeder Freie seinen Antheil an Speise und Trank mitbringen. Hatte man die Opferthiere geschlachtet, die Götterbilder und Altäre und Tempelgebäude mit Opferblut bestrichen und das Volk damit besprengt, dann wurde das Fleisch in Kesseln gekocht und verzehrt. An die Speise schloss sich sofort auch der Trunk an. Beiderseits der Feuer, so beschreibt Maurer eine solche Festlichkeit, über denen die Kessel hingen, sass das Volk und man trank sich gegenseitig über die Feuer weg zu; dem Vorsitzenden, welcher den vornehmeren der beiden Hochsitze einnahm, lag es ob, die Opferspeise und den Opfertrunk zu weihen und die feierlichen Trinksprüche auszubringen. Man trank aber Odhins Becher um Sieg und Mase, Njörds und Freys Horn um ein gutes Jahr und Frieden, auch wohl ein Horn für Thôrr, für Freyja, oder zur Erinnerung an die eigenen Verstorbenen. Minne – minni – nannte man solches Trinken, und jeder einzelne Becher wurde als Full bezeichnet; das ganze Opfer nimmt durch diesen gemeinsamen Genuss von Speise und Trank <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0657" n="641"/> gemeinsamen Opfermahle, wobei auch Trankopfer im eigentlichen Sinne und Minnetrünke, d. h. Gedächtniss- oder Erinnerungstrünke, besonders auch der Abwesenden und Verstorbenen vorkamen. Zu Heimramms Zeiten, also Anfangs des 8. Jahrhunderts, sagt Bischoff Aribo von Freising, waren die Baiwaren noch solche Neulinge im Christenthume, dass die Väter aus demselben Kelche ihren Söhnen die Minne Christi und der Heidengötter zutranken. Wie neuerlich Hartwig, Untersuchungen über die ersten Anfänge des Gildewesens, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, herausgegeben von der historischen Kommission der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, I. 1 (Göttingen 1860), S. 149, beziehungsweise 133 ff. ausgeführt hat, hängt jedenfalls der Name, wenn auch weniger die Ausbildung der Gilden mit den alten heidnischen Opfermahlzeiten zusammen oder diese wurden Gilden genannt. Denn Gilde ist ursprünglich das aus gemeinschaftlichen Beiträgen gehaltene Opfermahl, dann Opfermahlzeit überhaupt und endlich die Genossenschaft (conjuratio, confratria, collecta), wie Geld selbst Tribut, Zins und dann Opfer bedeutet. Zu diesen gemeinsamen Opfermahlzeiten musste jeder Freie seinen Antheil an Speise und Trank mitbringen. Hatte man die Opferthiere geschlachtet, die Götterbilder und Altäre und Tempelgebäude mit Opferblut bestrichen und das Volk damit besprengt, dann wurde das Fleisch in Kesseln gekocht und verzehrt. An die Speise schloss sich sofort auch der Trunk an. Beiderseits der Feuer, so beschreibt Maurer eine solche Festlichkeit, über denen die Kessel hingen, sass das Volk und man trank sich gegenseitig über die Feuer weg zu; dem Vorsitzenden, welcher den vornehmeren der beiden Hochsitze einnahm, lag es ob, die Opferspeise und den Opfertrunk zu weihen und die feierlichen Trinksprüche auszubringen. Man trank aber Odhins Becher um Sieg und Mase, Njörds und Freys Horn um ein gutes Jahr und Frieden, auch wohl ein Horn für Thôrr, für Freyja, oder zur Erinnerung an die eigenen Verstorbenen. Minne – minni – nannte man solches Trinken, und jeder einzelne Becher wurde als Full bezeichnet; das ganze Opfer nimmt durch diesen gemeinsamen Genuss von Speise und Trank </p> </div> </body> </text> </TEI> [641/0657]
gemeinsamen Opfermahle, wobei auch Trankopfer im eigentlichen Sinne und Minnetrünke, d. h. Gedächtniss- oder Erinnerungstrünke, besonders auch der Abwesenden und Verstorbenen vorkamen. Zu Heimramms Zeiten, also Anfangs des 8. Jahrhunderts, sagt Bischoff Aribo von Freising, waren die Baiwaren noch solche Neulinge im Christenthume, dass die Väter aus demselben Kelche ihren Söhnen die Minne Christi und der Heidengötter zutranken. Wie neuerlich Hartwig, Untersuchungen über die ersten Anfänge des Gildewesens, in den Forschungen zur deutschen Geschichte, herausgegeben von der historischen Kommission der königl. baierischen Akademie der Wissenschaften, I. 1 (Göttingen 1860), S. 149, beziehungsweise 133 ff. ausgeführt hat, hängt jedenfalls der Name, wenn auch weniger die Ausbildung der Gilden mit den alten heidnischen Opfermahlzeiten zusammen oder diese wurden Gilden genannt. Denn Gilde ist ursprünglich das aus gemeinschaftlichen Beiträgen gehaltene Opfermahl, dann Opfermahlzeit überhaupt und endlich die Genossenschaft (conjuratio, confratria, collecta), wie Geld selbst Tribut, Zins und dann Opfer bedeutet. Zu diesen gemeinsamen Opfermahlzeiten musste jeder Freie seinen Antheil an Speise und Trank mitbringen. Hatte man die Opferthiere geschlachtet, die Götterbilder und Altäre und Tempelgebäude mit Opferblut bestrichen und das Volk damit besprengt, dann wurde das Fleisch in Kesseln gekocht und verzehrt. An die Speise schloss sich sofort auch der Trunk an. Beiderseits der Feuer, so beschreibt Maurer eine solche Festlichkeit, über denen die Kessel hingen, sass das Volk und man trank sich gegenseitig über die Feuer weg zu; dem Vorsitzenden, welcher den vornehmeren der beiden Hochsitze einnahm, lag es ob, die Opferspeise und den Opfertrunk zu weihen und die feierlichen Trinksprüche auszubringen. Man trank aber Odhins Becher um Sieg und Mase, Njörds und Freys Horn um ein gutes Jahr und Frieden, auch wohl ein Horn für Thôrr, für Freyja, oder zur Erinnerung an die eigenen Verstorbenen. Minne – minni – nannte man solches Trinken, und jeder einzelne Becher wurde als Full bezeichnet; das ganze Opfer nimmt durch diesen gemeinsamen Genuss von Speise und Trank
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-14T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |