Kette der Ewigkeit, welche die Maurer bilden und Menschen überhaupt bilden können, ist die Kette der treu und fest verbundenen Hände, die von allen Brüdern der Loge am Sehlusse derselben gewöhnlich gebildet wird1) und wobei das fromme Gebet zum Himmel emporsteigt, dass, wie hier unsere Hände verschlungen seien, so in alle Ewigkeit unauflöslich unsere Herzen verbunden bleiben mögen. Nachdem der dreifache Bruderkuss durch die Kette gelaufen und mit ihm der Bund der Bruderherzen neu besiegelt ist, wird die Kette gelöset. Sicherlich wird niemals ein Bruder in diesen Ring und Kette der ewigen Freundschaft und Liebe eingeschlossen gewesen sein, ohne vom tiefsten Gefühle durchdrungen und durchglüht zu werden und ohne den Groll und Hass abzulegen, der noch etwa in seinem Busen gegen einen Bruder, gegen ein Kettenglied haftete. Wenn die geweckten Empfindungen der allgemeinen brüderlichen Gessinnung und Liebe auch nur auf Tage, ja selbst nur auf Stunden in den Herzen nachwirken und nachklingen, welch' eine Milde und göttliche Menschlichkeit oder menschliche Göttlichkeit muss nicht über das Leben ausgegossen werden. Auch ist es ein schöner und erhebender Gebrauch einzelner Logen besonders derjenigen des Schröder'schen Systems, vor dem neuaufgenommenen Bruder, wenn die verhüllende Binde endlich von den Augen sinkt, in der Bruderkette zu stehen; der erste Blick des neuaufgenommenen Bruders fällt in das Reich der ewigen Liebe und Treue, in die zu einem Ringe verbundenen Bruderherzen, welche auch nach dem Tode noch fortschlagen. Mit Wahrheit wird in der Bruderkette gebetet, dass sie in das Geisterreich hinüberreiche und durch keinen Tod getrennt werde. Auch diese Kette ist übrigens ein alterthümlicher Gebrauch und findet sieh schon in einzelnen Mysterien des Alterthums; von dieser Kette, die gesammte Menschheit umschliessend, singt freudetrunken Schiller:
Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt!
In die Kette, zu dem heiligen Tempel auf dem Berge Moriah, zu der Anschauung und Uebung des Gött-
1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 275 und I. 2. S. 353 und S. 483.
Kette der Ewigkeit, welche die Maurer bilden und Menschen überhaupt bilden können, ist die Kette der treu und fest verbundenen Hände, die von allen Brüdern der Loge am Sehlusse derselben gewöhnlich gebildet wird1) und wobei das fromme Gebet zum Himmel emporsteigt, dass, wie hier unsere Hände verschlungen seien, so in alle Ewigkeit unauflöslich unsere Herzen verbunden bleiben mögen. Nachdem der dreifache Bruderkuss durch die Kette gelaufen und mit ihm der Bund der Bruderherzen neu besiegelt ist, wird die Kette gelöset. Sicherlich wird niemals ein Bruder in diesen Ring und Kette der ewigen Freundschaft und Liebe eingeschlossen gewesen sein, ohne vom tiefsten Gefühle durchdrungen und durchglüht zu werden und ohne den Groll und Hass abzulegen, der noch etwa in seinem Busen gegen einen Bruder, gegen ein Kettenglied haftete. Wenn die geweckten Empfindungen der allgemeinen brüderlichen Gessinnung und Liebe auch nur auf Tage, ja selbst nur auf Stunden in den Herzen nachwirken und nachklingen, welch’ eine Milde und göttliche Menschlichkeit oder menschliche Göttlichkeit muss nicht über das Leben ausgegossen werden. Auch ist es ein schöner und erhebender Gebrauch einzelner Logen besonders derjenigen des Schröder’schen Systems, vor dem neuaufgenommenen Bruder, wenn die verhüllende Binde endlich von den Augen sinkt, in der Bruderkette zu stehen; der erste Blick des neuaufgenommenen Bruders fällt in das Reich der ewigen Liebe und Treue, in die zu einem Ringe verbundenen Bruderherzen, welche auch nach dem Tode noch fortschlagen. Mit Wahrheit wird in der Bruderkette gebetet, dass sie in das Geisterreich hinüberreiche und durch keinen Tod getrennt werde. Auch diese Kette ist übrigens ein alterthümlicher Gebrauch und findet sieh schon in einzelnen Mysterien des Alterthums; von dieser Kette, die gesammte Menschheit umschliessend, singt freudetrunken Schiller:
Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt!
In die Kette, zu dem heiligen Tempel auf dem Berge Moriah, zu der Anschauung und Uebung des Gött-
1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 275 und I. 2. S. 353 und S. 483.
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Kette der Ewigkeit, welche die Maurer bilden und Menschen überhaupt bilden können, ist die Kette der treu und fest verbundenen Hände, die von allen Brüdern der Loge am Sehlusse derselben gewöhnlich gebildet wird 1) und wobei das fromme Gebet zum Himmel emporsteigt, dass, wie hier unsere Hände verschlungen seien, so in alle Ewigkeit unauflöslich unsere Herzen verbunden bleiben mögen. Nachdem der dreifache Bruderkuss durch die Kette gelaufen und mit ihm der Bund der Bruderherzen neu besiegelt ist, wird die Kette gelöset. Sicherlich wird niemals ein Bruder in diesen Ring und Kette der ewigen Freundschaft und Liebe eingeschlossen gewesen sein, ohne vom tiefsten Gefühle durchdrungen und durchglüht zu werden und ohne den Groll und Hass abzulegen, der noch etwa in seinem Busen gegen einen Bruder, gegen ein Kettenglied haftete. Wenn die geweckten Empfindungen der allgemeinen brüderlichen Gessinnung und Liebe auch nur auf Tage, ja selbst nur auf Stunden in den Herzen nachwirken und nachklingen, welch’ eine Milde und göttliche Menschlichkeit oder menschliche Göttlichkeit muss nicht über das Leben ausgegossen werden. Auch ist es ein schöner und erhebender Gebrauch einzelner Logen besonders derjenigen des Schröder’schen Systems, vor dem neuaufgenommenen Bruder, wenn die verhüllende Binde endlich von den Augen sinkt, in der Bruderkette zu stehen; der erste Blick des neuaufgenommenen Bruders fällt in das Reich der ewigen Liebe und Treue, in die zu einem Ringe verbundenen Bruderherzen, welche auch nach dem Tode noch fortschlagen. Mit Wahrheit wird in der Bruderkette gebetet, dass sie in das Geisterreich hinüberreiche und durch keinen Tod getrennt werde. Auch diese Kette ist übrigens ein alterthümlicher Gebrauch und findet sieh schon in einzelnen Mysterien des Alterthums; von dieser Kette, die gesammte Menschheit umschliessend, singt freudetrunken Schiller:
Seid umschlungen Millionen, diesen Kuss der ganzen Welt!
In die Kette, zu dem heiligen Tempel auf dem Berge Moriah, zu der Anschauung und Uebung des Gött-
1) Krause, Kunsturkunden, I. 1. S. 275 und I. 2. S. 353 und S. 483.
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/115>, abgerufen am 24.02.2025.
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