dunkele Todesnacht. Die Nacht umschliesst als der Anfang und das Ende das irdische Leben, aus der Nacht entsteht das Leben und in der Nacht erstirbt dasselbe, aber der Nacht folgt auch das Leben und der Todesnacht das ewige Leben und Licht, verliehen durch Gottes Liebe und Gnade, das einzig aus dem Grabe wiedererweckende Wort.
Wer Ohren hat zu hören, dem ruft das Sterben Hirams und sein Wiedererstehen aus dem Grabe zu: "Lebe, um zu sterben; sterbe, um zu leben!" Was lebt, muss sterben, und was wir das Leben nennen, ist nur ein fortgesetztes und langsames Sterben, das Wandern zu dem Grabe. Fast ein jeder Tag reisst einen unserer Lieben, Freunde und Bekannten uns von der Seite und von dem Herzen, dass wir zuletzt ganz vereinsammt selbst bei dem Grabe angelangen und gerne dahin den Vorausgegangenen und dort schon Schlafenden nachfolgen. Blicke ein Jeder auf den Anfang seines Lebens zurück und frage sich, wo die lieben Eltern und Geschwister, die frohen Genossen unserer Kindheit und Jugend hingekommen, und er wird schmerzlich seufzen, dass die kalte Erde sie decke und man kaum noch die Stelle kenne, wo sie ruhen. Wie mit den Eltern, Geschwistern und Freunden geht es mit den schönen Idealen und Träumen, die einst im raschen Geistesfluge den Jüngling emporgetragen, - mit den Gefühlen, die sein Herz bewegt und beseelt. Was um und in uns besteht, vergeht und das höchste Leben vergeht am schnellsten; ein grosses Todtenfeld, das Grab nur alles Lebens ist die Erde. Aber der Tod ist doch kein Tod, kein Aufhören, sondern blos ein Schlafen, aus welchem der Schlafende wieder erwacht; - ist das irdische Leben die Wiege des Todes, ist auch der irdische Tod die Pforte des ewigen Lebens. Ein szufitischer Dichter sagt daher:
Betrachtest Gehn du recht, ist's auch ein Kommen.
Der Schlaf wird schon von den Griechen der Bruder des Todes genannt, weil nicht nur der Tod blos ein Schlaf ist, sondern wir auch allein aus dem Schlafe den Zustand der Seele nach dem Tode, das Wesen des unsterblichen Geistes zu ahnen vermögen. Wie die Seele im Schlafe
dunkele Todesnacht. Die Nacht umschliesst als der Anfang und das Ende das irdische Leben, aus der Nacht entsteht das Leben und in der Nacht erstirbt dasselbe, aber der Nacht folgt auch das Leben und der Todesnacht das ewige Leben und Licht, verliehen durch Gottes Liebe und Gnade, das einzig aus dem Grabe wiedererweckende Wort.
Wer Ohren hat zu hören, dem ruft das Sterben Hirams und sein Wiedererstehen aus dem Grabe zu: „Lebe, um zu sterben; sterbe, um zu leben!“ Was lebt, muss sterben, und was wir das Leben nennen, ist nur ein fortgesetztes und langsames Sterben, das Wandern zu dem Grabe. Fast ein jeder Tag reisst einen unserer Lieben, Freunde und Bekannten uns von der Seite und von dem Herzen, dass wir zuletzt ganz vereinsammt selbst bei dem Grabe angelangen und gerne dahin den Vorausgegangenen und dort schon Schlafenden nachfolgen. Blicke ein Jeder auf den Anfang seines Lebens zurück und frage sich, wo die lieben Eltern und Geschwister, die frohen Genossen unserer Kindheit und Jugend hingekommen, und er wird schmerzlich seufzen, dass die kalte Erde sie decke und man kaum noch die Stelle kenne, wo sie ruhen. Wie mit den Eltern, Geschwistern und Freunden geht es mit den schönen Idealen und Träumen, die einst im raschen Geistesfluge den Jüngling emporgetragen, – mit den Gefühlen, die sein Herz bewegt und beseelt. Was um und in uns besteht, vergeht und das höchste Leben vergeht am schnellsten; ein grosses Todtenfeld, das Grab nur alles Lebens ist die Erde. Aber der Tod ist doch kein Tod, kein Aufhören, sondern blos ein Schlafen, aus welchem der Schlafende wieder erwacht; – ist das irdische Leben die Wiege des Todes, ist auch der irdische Tod die Pforte des ewigen Lebens. Ein szufitischer Dichter sagt daher:
Betrachtest Gehn du recht, ist’s auch ein Kommen.
Der Schlaf wird schon von den Griechen der Bruder des Todes genannt, weil nicht nur der Tod blos ein Schlaf ist, sondern wir auch allein aus dem Schlafe den Zustand der Seele nach dem Tode, das Wesen des unsterblichen Geistes zu ahnen vermögen. Wie die Seele im Schlafe
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dunkele Todesnacht. Die Nacht umschliesst als der Anfang und das Ende das irdische Leben, aus der Nacht entsteht das Leben und in der Nacht erstirbt dasselbe, aber der Nacht folgt auch das Leben und der Todesnacht das ewige Leben und Licht, verliehen durch Gottes Liebe und Gnade, das einzig aus dem Grabe wiedererweckende Wort.</p><p>
Wer Ohren hat zu hören, dem ruft das Sterben Hirams und sein Wiedererstehen aus dem Grabe zu: „Lebe, um zu sterben; sterbe, um zu leben!“ Was lebt, muss sterben, und was wir das Leben nennen, ist nur ein fortgesetztes und langsames Sterben, das Wandern zu dem Grabe. Fast ein jeder Tag reisst einen unserer Lieben, Freunde und Bekannten uns von der Seite und von dem Herzen, dass wir zuletzt ganz vereinsammt selbst bei dem Grabe angelangen und gerne dahin den Vorausgegangenen und dort schon Schlafenden nachfolgen. Blicke ein Jeder auf den Anfang seines Lebens zurück und frage sich, wo die lieben Eltern und Geschwister, die frohen Genossen unserer Kindheit und Jugend hingekommen, und er wird schmerzlich seufzen, dass die kalte Erde sie decke und man kaum noch die Stelle kenne, wo sie ruhen. Wie mit den Eltern, Geschwistern und Freunden geht es mit den schönen Idealen und Träumen, die einst im raschen Geistesfluge den Jüngling emporgetragen, – mit den Gefühlen, die sein Herz bewegt und beseelt. Was um und in uns besteht, vergeht und das höchste Leben vergeht am schnellsten; ein grosses Todtenfeld, das Grab nur alles Lebens ist die Erde. Aber der Tod ist doch kein Tod, kein Aufhören, sondern blos ein Schlafen, aus welchem der Schlafende wieder erwacht; – ist das irdische Leben die Wiege des Todes, ist auch der irdische Tod die Pforte des ewigen Lebens. Ein szufitischer Dichter sagt daher:</p><citrendition="#c"><quote><p>Betrachtest Gehn du recht, ist’s auch ein Kommen.</p></quote></cit><p>
Der Schlaf wird schon von den Griechen der Bruder des Todes genannt, weil nicht nur der Tod blos ein Schlaf ist, sondern wir auch allein aus dem Schlafe den Zustand der Seele nach dem Tode, das Wesen des unsterblichen Geistes zu ahnen vermögen. Wie die Seele im Schlafe
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dunkele Todesnacht. Die Nacht umschliesst als der Anfang und das Ende das irdische Leben, aus der Nacht entsteht das Leben und in der Nacht erstirbt dasselbe, aber der Nacht folgt auch das Leben und der Todesnacht das ewige Leben und Licht, verliehen durch Gottes Liebe und Gnade, das einzig aus dem Grabe wiedererweckende Wort.
Wer Ohren hat zu hören, dem ruft das Sterben Hirams und sein Wiedererstehen aus dem Grabe zu: „Lebe, um zu sterben; sterbe, um zu leben!“ Was lebt, muss sterben, und was wir das Leben nennen, ist nur ein fortgesetztes und langsames Sterben, das Wandern zu dem Grabe. Fast ein jeder Tag reisst einen unserer Lieben, Freunde und Bekannten uns von der Seite und von dem Herzen, dass wir zuletzt ganz vereinsammt selbst bei dem Grabe angelangen und gerne dahin den Vorausgegangenen und dort schon Schlafenden nachfolgen. Blicke ein Jeder auf den Anfang seines Lebens zurück und frage sich, wo die lieben Eltern und Geschwister, die frohen Genossen unserer Kindheit und Jugend hingekommen, und er wird schmerzlich seufzen, dass die kalte Erde sie decke und man kaum noch die Stelle kenne, wo sie ruhen. Wie mit den Eltern, Geschwistern und Freunden geht es mit den schönen Idealen und Träumen, die einst im raschen Geistesfluge den Jüngling emporgetragen, – mit den Gefühlen, die sein Herz bewegt und beseelt. Was um und in uns besteht, vergeht und das höchste Leben vergeht am schnellsten; ein grosses Todtenfeld, das Grab nur alles Lebens ist die Erde. Aber der Tod ist doch kein Tod, kein Aufhören, sondern blos ein Schlafen, aus welchem der Schlafende wieder erwacht; – ist das irdische Leben die Wiege des Todes, ist auch der irdische Tod die Pforte des ewigen Lebens. Ein szufitischer Dichter sagt daher:
Betrachtest Gehn du recht, ist’s auch ein Kommen.
Der Schlaf wird schon von den Griechen der Bruder des Todes genannt, weil nicht nur der Tod blos ein Schlaf ist, sondern wir auch allein aus dem Schlafe den Zustand der Seele nach dem Tode, das Wesen des unsterblichen Geistes zu ahnen vermögen. Wie die Seele im Schlafe
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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/117>, abgerufen am 24.02.2025.
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