Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.Eine ganz eigenthümliche und wenig beachtete symbolische Bedeutung hat der Löwe bei den Aegyptern noch dadurch erhalten, dass die für Aegypten so wichtigen, ja ihm das Leben und die Nahrung verleihenden Nilüberschwemmungen regelmässig um die Zeit der alten Sonnenwende, um die Zeit begannen und eintraten, wenn die Sonne in dem Sternbilde des Löwen kulminirte, so dass dem Aegypter der Löwe auch zum Symbole der reinigenden und nährenden Nilfluth, des irdischen Lebenswassers wurde, wie Osiris die Sonne und der Nil, Isis der Mond und das Land Aegypten, die Erde ist. Creuzer, I. S. 502 Anm. 284, spricht daher die Vermuthung aus, dass der Löwe in den Mithrasmysterien und in den Mysterien der Griechen das reinigende und weihende Wasser, das Weihwasser, und den Labetrank auch für die Todten symbolisirt habe. Anlehnend an Creuzer, glaubt Jäger in dem ersten Jahreshprichte des historischen Vereins der Pfalz, S. 63, dass eine jetzt in dem Antiquarium zu Speyer aufbewahrte römische Grablampe in Form eines liegenden Stiers, auf dem ein kleiner Löwe schreitet, den Sieg der Psyche über das Leibliche ebenso andeute, wie das in dem Bilde des aus der Raupe sich loswindenden Schmetterlings geschehe. Dieser Vermuthung möchte nicht zugestimmt werden können, weil der ägyptische Sonnen- und Nillöwe ein dem Lande Aegypten durchaus eigenthümlicher, ein rein localer ist und die Grundbedeutung des Löwen, namentlich in seinem asiatischen Vaterlande, immer die Licht- und Sonnenkraft im natürlichen und ethischen Sinne, die Kraft und die Stärke, der Muth und die Tapferkeit waren, welche Grundbedeutung der Löwe auch in den Mysterien und besonders des Mithra und des Hiram beibehielt, wie selbst Jäger jene Grablampe mit dem nach den Rheinlanden gedrungenen Mithrasdienst in Verbindung bringt. Immerhin aber ist es eine scheinbar auffallende und für die Ansicht Creuzer's allerdings sprechende Thatsache, dass der Löwe nicht blos bei den Aegyptern, sondern auch bei den Griechen und Römern, bei den Arabern in Spanien und wohl auch in andern Ländern, bei den Germanen seit den Zeiten des Mittelalters bis auf die Gegenwart herab als das eigentliche Brunnen- und Wasserthier erscheint, indem sehr Eine ganz eigenthümliche und wenig beachtete symbolische Bedeutung hat der Löwe bei den Aegyptern noch dadurch erhalten, dass die für Aegypten so wichtigen, ja ihm das Leben und die Nahrung verleihenden Nilüberschwemmungen regelmässig um die Zeit der alten Sonnenwende, um die Zeit begannen und eintraten, wenn die Sonne in dem Sternbilde des Löwen kulminirte, so dass dem Aegypter der Löwe auch zum Symbole der reinigenden und nährenden Nilfluth, des irdischen Lebenswassers wurde, wie Osiris die Sonne und der Nil, Isis der Mond und das Land Aegypten, die Erde ist. Creuzer, I. S. 502 Anm. 284, spricht daher die Vermuthung aus, dass der Löwe in den Mithrasmysterien und in den Mysterien der Griechen das reinigende und weihende Wasser, das Weihwasser, und den Labetrank auch für die Todten symbolisirt habe. Anlehnend an Creuzer, glaubt Jäger in dem ersten Jahreshprichte des historischen Vereins der Pfalz, S. 63, dass eine jetzt in dem Antiquarium zu Speyer aufbewahrte römische Grablampe in Form eines liegenden Stiers, auf dem ein kleiner Löwe schreitet, den Sieg der Psyche über das Leibliche ebenso andeute, wie das in dem Bilde des aus der Raupe sich loswindenden Schmetterlings geschehe. Dieser Vermuthung möchte nicht zugestimmt werden können, weil der ägyptische Sonnen- und Nillöwe ein dem Lande Aegypten durchaus eigenthümlicher, ein rein localer ist und die Grundbedeutung des Löwen, namentlich in seinem asiatischen Vaterlande, immer die Licht- und Sonnenkraft im natürlichen und ethischen Sinne, die Kraft und die Stärke, der Muth und die Tapferkeit waren, welche Grundbedeutung der Löwe auch in den Mysterien und besonders des Mithra und des Hiram beibehielt, wie selbst Jäger jene Grablampe mit dem nach den Rheinlanden gedrungenen Mithrasdienst in Verbindung bringt. Immerhin aber ist es eine scheinbar auffallende und für die Ansicht Creuzer’s allerdings sprechende Thatsache, dass der Löwe nicht blos bei den Aegyptern, sondern auch bei den Griechen und Römern, bei den Arabern in Spanien und wohl auch in andern Ländern, bei den Germanen seit den Zeiten des Mittelalters bis auf die Gegenwart herab als das eigentliche Brunnen- und Wasserthier erscheint, indem sehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0658" n="638"/> <p> Eine ganz eigenthümliche und wenig beachtete symbolische Bedeutung hat der Löwe bei den Aegyptern noch dadurch erhalten, dass die für Aegypten so wichtigen, ja ihm das Leben und die Nahrung verleihenden Nilüberschwemmungen regelmässig um die Zeit der alten Sonnenwende, um die Zeit begannen und eintraten, wenn die Sonne in dem Sternbilde des Löwen kulminirte, so dass dem Aegypter der Löwe auch zum Symbole der reinigenden und nährenden Nilfluth, des irdischen Lebenswassers wurde, wie Osiris die Sonne und der Nil, Isis der Mond und das Land Aegypten, die Erde ist. Creuzer, I. S. 502 Anm. 284, spricht daher die Vermuthung aus, dass der Löwe in den Mithrasmysterien und in den Mysterien der Griechen das reinigende und weihende Wasser, das Weihwasser, und den Labetrank auch für die Todten symbolisirt habe. Anlehnend an Creuzer, glaubt Jäger in dem ersten Jahreshprichte des historischen Vereins der Pfalz, S. 63, dass eine jetzt in dem Antiquarium zu Speyer aufbewahrte römische Grablampe in Form eines liegenden Stiers, auf dem ein kleiner Löwe schreitet, den Sieg der Psyche über das Leibliche ebenso andeute, wie das in dem Bilde des aus der Raupe sich loswindenden Schmetterlings geschehe. Dieser Vermuthung möchte nicht zugestimmt werden können, weil der ägyptische Sonnen- und <hi rendition="#g">Nil</hi>löwe ein dem Lande Aegypten durchaus eigenthümlicher, ein rein localer ist und die Grundbedeutung des Löwen, namentlich in seinem asiatischen Vaterlande, immer die Licht- und Sonnenkraft im natürlichen und ethischen Sinne, die Kraft und die Stärke, der Muth und die Tapferkeit waren, welche Grundbedeutung der Löwe auch in den Mysterien und besonders des Mithra und des Hiram beibehielt, wie selbst Jäger jene Grablampe mit dem nach den Rheinlanden gedrungenen Mithrasdienst in Verbindung bringt. Immerhin aber ist es eine scheinbar auffallende und für die Ansicht Creuzer’s allerdings sprechende Thatsache, dass der Löwe nicht blos bei den Aegyptern, sondern auch bei den Griechen und Römern, bei den Arabern in Spanien und wohl auch in andern Ländern, bei den Germanen seit den Zeiten des Mittelalters bis auf die Gegenwart herab als das eigentliche Brunnen- und Wasserthier erscheint, indem sehr </p> </div> </body> </text> </TEI> [638/0658]
Eine ganz eigenthümliche und wenig beachtete symbolische Bedeutung hat der Löwe bei den Aegyptern noch dadurch erhalten, dass die für Aegypten so wichtigen, ja ihm das Leben und die Nahrung verleihenden Nilüberschwemmungen regelmässig um die Zeit der alten Sonnenwende, um die Zeit begannen und eintraten, wenn die Sonne in dem Sternbilde des Löwen kulminirte, so dass dem Aegypter der Löwe auch zum Symbole der reinigenden und nährenden Nilfluth, des irdischen Lebenswassers wurde, wie Osiris die Sonne und der Nil, Isis der Mond und das Land Aegypten, die Erde ist. Creuzer, I. S. 502 Anm. 284, spricht daher die Vermuthung aus, dass der Löwe in den Mithrasmysterien und in den Mysterien der Griechen das reinigende und weihende Wasser, das Weihwasser, und den Labetrank auch für die Todten symbolisirt habe. Anlehnend an Creuzer, glaubt Jäger in dem ersten Jahreshprichte des historischen Vereins der Pfalz, S. 63, dass eine jetzt in dem Antiquarium zu Speyer aufbewahrte römische Grablampe in Form eines liegenden Stiers, auf dem ein kleiner Löwe schreitet, den Sieg der Psyche über das Leibliche ebenso andeute, wie das in dem Bilde des aus der Raupe sich loswindenden Schmetterlings geschehe. Dieser Vermuthung möchte nicht zugestimmt werden können, weil der ägyptische Sonnen- und Nillöwe ein dem Lande Aegypten durchaus eigenthümlicher, ein rein localer ist und die Grundbedeutung des Löwen, namentlich in seinem asiatischen Vaterlande, immer die Licht- und Sonnenkraft im natürlichen und ethischen Sinne, die Kraft und die Stärke, der Muth und die Tapferkeit waren, welche Grundbedeutung der Löwe auch in den Mysterien und besonders des Mithra und des Hiram beibehielt, wie selbst Jäger jene Grablampe mit dem nach den Rheinlanden gedrungenen Mithrasdienst in Verbindung bringt. Immerhin aber ist es eine scheinbar auffallende und für die Ansicht Creuzer’s allerdings sprechende Thatsache, dass der Löwe nicht blos bei den Aegyptern, sondern auch bei den Griechen und Römern, bei den Arabern in Spanien und wohl auch in andern Ländern, bei den Germanen seit den Zeiten des Mittelalters bis auf die Gegenwart herab als das eigentliche Brunnen- und Wasserthier erscheint, indem sehr
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