Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861.

Bild:
<< vorherige Seite

neter Sanskritphilologe, aber kein guter Philosoph über die indische Mythologie sei; non omnes omnia possumus!

Bunsen, Aegyptens Stelle, V a S. 144 ff., betrachtet es als durch ihn festgestellt, dass die vier indischen Weltalter brahmanische Entstellung wirklicher oder geschichtlicher vier Zeitalter waren, die Kataklysmen aber nichts als Zwischenreiche, Auflösungsperioden, und dass das Viele oder Wenige, was von geschichtlichem Gehalte sich in den epischen Gedichten findet, im Grossen und Ganzen innerhalb der drei ersten Zeitalter sich bewegt und in diesen organisch fortschreitet. Die brahmanischen vier Weltalter sind aber gewiss nicht entfernt eine verfälschte Geschichte, sondern entweder eine ganz neue Mythe oder eine alte Mythe im neuen Gewande; was Bunsen den geschichtlichen Kern nennt, ist eine Mythe der Mythe. Gibt doch Bunsen, a. a. O., V a S. 243 ff., selbst zu, dass die hellenischen Ueberlieferungen von den Weltaltern wesentlich auf ganz idealem Grunde und Boden stehen; aber freilich hat Bunsen aus dem Ideale des Hesiod ein neues Ideal von drei vor- und zwei nachfluthigen Menschengeschlechtern herausgefunden, d. h. er unterlegt unbemerkt dem Gedichte die Geschichte.

Auch die Etrusker haben das grosse Weltjahr von 12,000 Jahren oder 12 Weltmonaten in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Baktrern oder Parsen, indem sie 6000 Jahre der Weltschöpfung und 6000 Jahre dem Bestande der Welt geben,1) d. h. in den zwei ersten Zeiten, in den sechs ersten Monaten (bei Moses Tagen) des Weltjahres wir die Welt und die Menschheit geschaffen, um in den beiden letzten Zeiten, in den letzten sechs Monaten des Jahres zu bestehen und vorgehen. Nach etruskischer Lehre bildete der Schöpfer im ersten Jahrtausend Himmel und Erde, im zweiten das sichtbare Firmament, im dritten das Meer und alle andern Gewässer, im vierten Sonne, Mond und Sterne, im fünften die Thiere und im sechsten die Menschen.2) Nach der parsischen Mythe erfolgte die Schöpfung in der Weise, dass in den ersten

1) Kruger, a. a. O., S. 68.
2) Kruger, a. a. O., S. 418: Volney, ruines, chap, 21.

neter Sanskritphilologe, aber kein guter Philosoph über die indische Mythologie sei; non omnes omnia possumus!

Bunsen, Aegyptens Stelle, V a S. 144 ff., betrachtet es als durch ihn festgestellt, dass die vier indischen Weltalter brahmanische Entstellung wirklicher oder geschichtlicher vier Zeitalter waren, die Kataklysmen aber nichts als Zwischenreiche, Auflösungsperioden, und dass das Viele oder Wenige, was von geschichtlichem Gehalte sich in den epischen Gedichten findet, im Grossen und Ganzen innerhalb der drei ersten Zeitalter sich bewegt und in diesen organisch fortschreitet. Die brahmanischen vier Weltalter sind aber gewiss nicht entfernt eine verfälschte Geschichte, sondern entweder eine ganz neue Mythe oder eine alte Mythe im neuen Gewande; was Bunsen den geschichtlichen Kern nennt, ist eine Mythe der Mythe. Gibt doch Bunsen, a. a. O., V a S. 243 ff., selbst zu, dass die hellenischen Ueberlieferungen von den Weltaltern wesentlich auf ganz idealem Grunde und Boden stehen; aber freilich hat Bunsen aus dem Ideale des Hesiod ein neues Ideal von drei vor- und zwei nachfluthigen Menschengeschlechtern herausgefunden, d. h. er unterlegt unbemerkt dem Gedichte die Geschichte.

Auch die Etrusker haben das grosse Weltjahr von 12,000 Jahren oder 12 Weltmonaten in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Baktrern oder Parsen, indem sie 6000 Jahre der Weltschöpfung und 6000 Jahre dem Bestande der Welt geben,1) d. h. in den zwei ersten Zeiten, in den sechs ersten Monaten (bei Moses Tagen) des Weltjahres wir die Welt und die Menschheit geschaffen, um in den beiden letzten Zeiten, in den letzten sechs Monaten des Jahres zu bestehen und vorgehen. Nach etruskischer Lehre bildete der Schöpfer im ersten Jahrtausend Himmel und Erde, im zweiten das sichtbare Firmament, im dritten das Meer und alle andern Gewässer, im vierten Sonne, Mond und Sterne, im fünften die Thiere und im sechsten die Menschen.2) Nach der parsischen Mythe erfolgte die Schöpfung in der Weise, dass in den ersten

1) Kruger, a. a. O., S. 68.
2) Kruger, a. a. O., S. 418: Volney, ruines, chap, 21.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0749" n="729"/>
neter Sanskritphilologe, aber kein guter Philosoph über die indische Mythologie sei; non omnes omnia possumus!</p>
        <p>
 Bunsen, Aegyptens Stelle, V a S. 144 ff., betrachtet es als durch ihn festgestellt, dass die vier indischen Weltalter brahmanische Entstellung wirklicher oder geschichtlicher vier Zeitalter waren, die Kataklysmen aber nichts als Zwischenreiche, Auflösungsperioden, und dass das Viele oder Wenige, was von geschichtlichem Gehalte sich in den epischen Gedichten findet, im Grossen und Ganzen innerhalb der drei ersten Zeitalter sich bewegt und in diesen organisch fortschreitet. Die brahmanischen vier Weltalter sind aber gewiss nicht entfernt eine verfälschte <hi rendition="#g">Geschichte</hi>, sondern entweder eine ganz neue <hi rendition="#g">Mythe</hi> oder eine alte Mythe im neuen Gewande; was Bunsen den geschichtlichen Kern nennt, ist eine Mythe der Mythe. Gibt doch Bunsen, a. a. O., V a S. 243 ff., selbst zu, dass die hellenischen Ueberlieferungen von den Weltaltern wesentlich auf ganz idealem Grunde und Boden stehen; aber freilich hat Bunsen aus dem Ideale des Hesiod ein neues Ideal von drei vor- und zwei nachfluthigen Menschengeschlechtern herausgefunden, d. h. er unterlegt unbemerkt dem Gedichte die Geschichte.</p>
        <p>
     Auch die Etrusker haben das grosse Weltjahr von 12,000 Jahren oder 12 Weltmonaten in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Baktrern oder Parsen, indem sie 6000 Jahre der Weltschöpfung und 6000 Jahre dem Bestande der Welt geben,<note place="foot" n="1)">Kruger, a. a. O., S. 68.<lb/></note> d. h. in den zwei ersten Zeiten, in den sechs ersten Monaten (bei Moses Tagen) des Weltjahres wir die Welt und die Menschheit geschaffen, um in den beiden letzten Zeiten, in den letzten sechs Monaten des Jahres zu bestehen und vorgehen. Nach etruskischer Lehre bildete der Schöpfer im <hi rendition="#g">ersten</hi> Jahrtausend Himmel und Erde, im <hi rendition="#g">zweiten</hi> das sichtbare Firmament, im <hi rendition="#g">dritten</hi> das Meer und alle andern Gewässer, im <hi rendition="#g">vierten</hi> Sonne, Mond und Sterne, im <hi rendition="#g">fünften</hi> die Thiere und im <hi rendition="#g">sechsten</hi> die Menschen.<note place="foot" n="2)">Kruger, a. a. O., S. 418: Volney, ruines, chap, 21.<lb/></note> Nach der parsischen Mythe erfolgte die Schöpfung in der Weise, dass in den ersten
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[729/0749] neter Sanskritphilologe, aber kein guter Philosoph über die indische Mythologie sei; non omnes omnia possumus! Bunsen, Aegyptens Stelle, V a S. 144 ff., betrachtet es als durch ihn festgestellt, dass die vier indischen Weltalter brahmanische Entstellung wirklicher oder geschichtlicher vier Zeitalter waren, die Kataklysmen aber nichts als Zwischenreiche, Auflösungsperioden, und dass das Viele oder Wenige, was von geschichtlichem Gehalte sich in den epischen Gedichten findet, im Grossen und Ganzen innerhalb der drei ersten Zeitalter sich bewegt und in diesen organisch fortschreitet. Die brahmanischen vier Weltalter sind aber gewiss nicht entfernt eine verfälschte Geschichte, sondern entweder eine ganz neue Mythe oder eine alte Mythe im neuen Gewande; was Bunsen den geschichtlichen Kern nennt, ist eine Mythe der Mythe. Gibt doch Bunsen, a. a. O., V a S. 243 ff., selbst zu, dass die hellenischen Ueberlieferungen von den Weltaltern wesentlich auf ganz idealem Grunde und Boden stehen; aber freilich hat Bunsen aus dem Ideale des Hesiod ein neues Ideal von drei vor- und zwei nachfluthigen Menschengeschlechtern herausgefunden, d. h. er unterlegt unbemerkt dem Gedichte die Geschichte. Auch die Etrusker haben das grosse Weltjahr von 12,000 Jahren oder 12 Weltmonaten in wesentlicher Uebereinstimmung mit den Baktrern oder Parsen, indem sie 6000 Jahre der Weltschöpfung und 6000 Jahre dem Bestande der Welt geben, 1) d. h. in den zwei ersten Zeiten, in den sechs ersten Monaten (bei Moses Tagen) des Weltjahres wir die Welt und die Menschheit geschaffen, um in den beiden letzten Zeiten, in den letzten sechs Monaten des Jahres zu bestehen und vorgehen. Nach etruskischer Lehre bildete der Schöpfer im ersten Jahrtausend Himmel und Erde, im zweiten das sichtbare Firmament, im dritten das Meer und alle andern Gewässer, im vierten Sonne, Mond und Sterne, im fünften die Thiere und im sechsten die Menschen. 2) Nach der parsischen Mythe erfolgte die Schöpfung in der Weise, dass in den ersten 1) Kruger, a. a. O., S. 68. 2) Kruger, a. a. O., S. 418: Volney, ruines, chap, 21.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription. (2013-08-21T13:44:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition. (2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate. (2013-08-21T13:44:32Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Silbentrennung: aufgelöst
  • Zeilenumbrüche markiert: nein



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/749
Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 2. Schaffhausen, 1861, S. 729. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei02_1861/749>, abgerufen am 22.11.2024.