Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Aufnahmsgebete ein buddhistischer Einfluss und Anklang sein. Nachdem jetzt das älteste Gebet der Barden vorliegt, möchte jene Vermuthung zur Gewissheit erhoben sein, indem die Liebe aller Creatur doch kaum eine andere sein kann als die allgemeine Wesensliebe der buddhistischen Morallehre. Es sind mehrere der Bardengebete in den im J. 1848 herausgegebenen Jolo Manuscripts,1) S. 79, 80, 469 und 470 enthalten. Druidische Einflüsse auf das alte maurerische Aufnahmsgebet scheinen aber auch noch von anderer Seite her nachgewiesen und schwerlich zurückgewiesen werden zu können. Das Gebet beginnt: "O du Herr Gott, du grosser und allgemeiner Baumeister der Welt, du erster Bildner des Menschen, dass er wie ein Tempel sei." Der Mensch wird also hier ein von Gott erbauter Tempel, ein göttlicher Tempel, ein Gottestempel2) genannt. In dem Gespräche nun zwischen Arthur und Eliwlod, einem alten christlichen, gegen die Barden oder den Druidismus gerichteten Gedichte, gedruckt in Original mit gegenüberstehender deutscher Uebersetzung bei San-Marte (Schulz), Beiträge zur bretonischen und celtisch-germanischen Heldensage, Quedlinburg 1847, S. 83 ff., und aus 53 Strophen von 3 gleichreimigen Versen, der sog. Kriegerstanze oder Englyn Milwr bestehend, wird der Geist Arthurs wiederholt, in Strophe 36 und 42 "erhabner Gottestempel" angeredet, oder auch in Str. 44 "Gottestempel der Freudigkeit" und in Str. 42 "Heiliges Räthsel des Heiligthums." Zu wyddwa oder gwydda (Gottestempel) bemerkt San-Marte, es bezeichne wörtlich "Ort der Gegenwart", von wa, Platz, und gwydd, Gegenwart, der Ort, wo die Gottheit sich persönlich offenbart oder erscheint; gwydd heisse auch 1) Wissen, Kenntniss , 2) Baum; letzteres sei wahrscheinlich die ursprüngliche Bedeutung, wie überhaupt der Druidismus in Religion und Philosophie den Begriff Baum festzuhalten liebe; im ganzen altirischen Abc trage jeder Buchstabe den Namen eines Baumes, - die Druidenschrift sei Pflanzen- 1) Walter, S. 5. 2) Vergl. Symbolik, I. S. 144 und II. S. 178.
Aufnahmsgebete ein buddhistischer Einfluss und Anklang sein. Nachdem jetzt das älteste Gebet der Barden vorliegt, möchte jene Vermuthung zur Gewissheit erhoben sein, indem die Liebe aller Creatur doch kaum eine andere sein kann als die allgemeine Wesensliebe der buddhistischen Morallehre. Es sind mehrere der Bardengebete in den im J. 1848 herausgegebenen Jolo Manuscripts,1) S. 79, 80, 469 und 470 enthalten. Druidische Einflüsse auf das alte maurerische Aufnahmsgebet scheinen aber auch noch von anderer Seite her nachgewiesen und schwerlich zurückgewiesen werden zu können. Das Gebet beginnt: „O du Herr Gott, du grosser und allgemeiner Baumeister der Welt, du erster Bildner des Menschen, dass er wie ein Tempel sei.“ Der Mensch wird also hier ein von Gott erbauter Tempel, ein göttlicher Tempel, ein Gottestempel2) genannt. In dem Gespräche nun zwischen Arthur und Eliwlod, einem alten christlichen, gegen die Barden oder den Druidismus gerichteten Gedichte, gedruckt in Original mit gegenüberstehender deutscher Uebersetzung bei San-Marte (Schulz), Beiträge zur bretonischen und celtisch-germanischen Heldensage, Quedlinburg 1847, S. 83 ff., und aus 53 Strophen von 3 gleichreimigen Versen, der sog. Kriegerstanze oder Englyn Milwr bestehend, wird der Geist Arthurs wiederholt, in Strophe 36 und 42 „erhabner Gottestempel“ angeredet, oder auch in Str. 44 „Gottestempel der Freudigkeit“ und in Str. 42 „Heiliges Räthsel des Heiligthums.“ Zu wyddwa oder gwydda (Gottestempel) bemerkt San-Marte, es bezeichne wörtlich „Ort der Gegenwart“, von wa, Platz, und gwydd, Gegenwart, der Ort, wo die Gottheit sich persönlich offenbart oder erscheint; gwydd heisse auch 1) Wissen, Kenntniss , 2) Baum; letzteres sei wahrscheinlich die ursprüngliche Bedeutung, wie überhaupt der Druidismus in Religion und Philosophie den Begriff Baum festzuhalten liebe; im ganzen altirischen Abc trage jeder Buchstabe den Namen eines Baumes, – die Druidenschrift sei Pflanzen- 1) Walter, S. 5. 2) Vergl. Symbolik, I. S. 144 und II. S. 178.
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Aufnahmsgebete ein buddhistischer Einfluss und Anklang sein. Nachdem jetzt das älteste Gebet der Barden vorliegt, möchte jene Vermuthung zur Gewissheit erhoben sein, indem die Liebe aller Creatur doch kaum eine andere sein kann als die allgemeine Wesensliebe der buddhistischen Morallehre. Es sind mehrere der Bardengebete in den im J. 1848 herausgegebenen Jolo Manuscripts, 1) S. 79, 80, 469 und 470 enthalten.
Druidische Einflüsse auf das alte maurerische Aufnahmsgebet scheinen aber auch noch von anderer Seite her nachgewiesen und schwerlich zurückgewiesen werden zu können. Das Gebet beginnt: „O du Herr Gott, du grosser und allgemeiner Baumeister der Welt, du erster Bildner des Menschen, dass er wie ein Tempel sei.“ Der Mensch wird also hier ein von Gott erbauter Tempel, ein göttlicher Tempel, ein Gottestempel 2) genannt. In dem Gespräche nun zwischen Arthur und Eliwlod, einem alten christlichen, gegen die Barden oder den Druidismus gerichteten Gedichte, gedruckt in Original mit gegenüberstehender deutscher Uebersetzung bei San-Marte (Schulz), Beiträge zur bretonischen und celtisch-germanischen Heldensage, Quedlinburg 1847, S. 83 ff., und aus 53 Strophen von 3 gleichreimigen Versen, der sog. Kriegerstanze oder Englyn Milwr bestehend, wird der Geist Arthurs wiederholt, in Strophe 36 und 42 „erhabner Gottestempel“ angeredet, oder auch in Str. 44 „Gottestempel der Freudigkeit“ und in Str. 42 „Heiliges Räthsel des Heiligthums.“ Zu wyddwa oder gwydda (Gottestempel) bemerkt San-Marte, es bezeichne wörtlich „Ort der Gegenwart“, von wa, Platz, und gwydd, Gegenwart, der Ort, wo die Gottheit sich persönlich offenbart oder erscheint; gwydd heisse auch 1) Wissen, Kenntniss , 2) Baum; letzteres sei wahrscheinlich die ursprüngliche Bedeutung, wie überhaupt der Druidismus in Religion und Philosophie den Begriff Baum festzuhalten liebe; im ganzen altirischen Abc trage jeder Buchstabe den Namen eines Baumes, – die Druidenschrift sei Pflanzen-
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 116. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/136>, abgerufen am 16.02.2025. |