Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.lichkeit, so dass die Steinmetz-, die Bildhauerkunst auch bei den Assyriern unter der Leitung der Priester in erblichen Kasten gepflegt und fortgebildet worden zu sein scheint.1) Durch die Priester- und Kastenverfassung würden auf diese Weise Indien, Babylonien und Assyrien und Aegypten zwar mit einander in innige Berührung treten, aber dennoch wäre die assyrische Kunst als die jüngere und höhere wegen der sichern, ruhigen und klaren Figurenzeiehnung und wegen der geschmackvollen Bekleidung der Figuren anzusehen, - sie wäre das vermittelnde Glied zwischen den indisch-ägyptischen nackten Thier- und Missgestalten zu den griechischen göttlich-menschlichen Gestalten im reichen Faltenwurfe, in schönster Draperie. Die assyrische Kunst2) hat bereits einen Anflug des modernen Geschmacks und der modernen Kunst, und tritt deshalb dem Betrachtenden unendlich näher als die ägyptigschen und indischen Bild- und Kunstwerke; ihren Geschmack, ihren Styl, ihre wirkliche und höhere Kunststufe hat die assyrische Kunst durch die Stickerei und Weberei erlangt, indem deren Muster und Bilder, Draperieen als der allgemeinste Schmuck gebraucht wurden3) und die langen assyrischen (wie auch die medischen, überhaupt orientalischen) Gewänder nur entstanden zu sein scheinen, um möglichst vielen Kleiderschmuck, Stickerei- und Webmuster entfalten und bloslegen zu können, wie die Mitren und Turbane auf demselben Grunde beruhen. Die Mitren und Turbane sind schmückende Kopfteppiche, gleich den Teppichen um den Körper selbst, - gleich den Leibbinbinden, - gleich den Tempelvorhängen, Tempelteppichen, Fussteppichen u. s. w. Wer sich im geistlichen oder weltlichen Leben, als Priester oder Fürst noch heute kleiden will, hüllt sich in den babvlonisch-assyrischen Teppich, in das (lange) orientalische Gewand, in die Gewebe von Kaschmir oder in einen Schawls von Bagdad; insofern ist 1) Vergl. auch Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 182; Böttiger, Andeutungen über die Archäologie, Dresden 1806, S. 5 ff. und S. 73. 2) Vergl. darüber auch Braun, I S. 139 ff.; Semper, der Stil, I. S. 323 ff. 3) Vergl. auch Guhl, die Frauen in der Kunstgesch., Berlin 1858, S. 12 ff.
lichkeit, so dass die Steinmetz-, die Bildhauerkunst auch bei den Assyriern unter der Leitung der Priester in erblichen Kasten gepflegt und fortgebildet worden zu sein scheint.1) Durch die Priester- und Kastenverfassung würden auf diese Weise Indien, Babylonien und Assyrien und Aegypten zwar mit einander in innige Berührung treten, aber dennoch wäre die assyrische Kunst als die jüngere und höhere wegen der sichern, ruhigen und klaren Figurenzeiehnung und wegen der geschmackvollen Bekleidung der Figuren anzusehen, – sie wäre das vermittelnde Glied zwischen den indisch-ägyptischen nackten Thier- und Missgestalten zu den griechischen göttlich-menschlichen Gestalten im reichen Faltenwurfe, in schönster Draperie. Die assyrische Kunst2) hat bereits einen Anflug des modernen Geschmacks und der modernen Kunst, und tritt deshalb dem Betrachtenden unendlich näher als die ägyptigschen und indischen Bild- und Kunstwerke; ihren Geschmack, ihren Styl, ihre wirkliche und höhere Kunststufe hat die assyrische Kunst durch die Stickerei und Weberei erlangt, indem deren Muster und Bilder, Draperieen als der allgemeinste Schmuck gebraucht wurden3) und die langen assyrischen (wie auch die medischen, überhaupt orientalischen) Gewänder nur entstanden zu sein scheinen, um möglichst vielen Kleiderschmuck, Stickerei- und Webmuster entfalten und bloslegen zu können, wie die Mitren und Turbane auf demselben Grunde beruhen. Die Mitren und Turbane sind schmückende Kopfteppiche, gleich den Teppichen um den Körper selbst, – gleich den Leibbinbinden, – gleich den Tempelvorhängen, Tempelteppichen, Fussteppichen u. s. w. Wer sich im geistlichen oder weltlichen Leben, als Priester oder Fürst noch heute kleiden will, hüllt sich in den babvlonisch-assyrischen Teppich, in das (lange) orientalische Gewand, in die Gewebe von Kaschmir oder in einen Schawls von Bagdad; insofern ist 1) Vergl. auch Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 182; Böttiger, Andeutungen über die Archäologie, Dresden 1806, S. 5 ff. und S. 73. 2) Vergl. darüber auch Braun, I S. 139 ff.; Semper, der Stil, I. S. 323 ff. 3) Vergl. auch Guhl, die Frauen in der Kunstgesch., Berlin 1858, S. 12 ff.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0329" n="309"/> lichkeit, so dass die Steinmetz-, die Bildhauerkunst auch bei den Assyriern unter der Leitung der Priester in erblichen Kasten gepflegt und fortgebildet worden zu sein scheint.<note place="foot" n="1)">Vergl. auch Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 182; Böttiger, Andeutungen über die Archäologie, Dresden 1806, S. 5 ff. und S. 73.<lb/></note> Durch die Priester- und Kastenverfassung würden auf diese Weise Indien, Babylonien und Assyrien und Aegypten zwar mit einander in innige Berührung treten, aber dennoch wäre die assyrische Kunst als die jüngere und höhere wegen der sichern, ruhigen und klaren Figurenzeiehnung und wegen der geschmackvollen Bekleidung der Figuren anzusehen, – sie wäre das vermittelnde Glied zwischen den indisch-ägyptischen nackten Thier- und Missgestalten zu den griechischen göttlich-menschlichen Gestalten im reichen Faltenwurfe, in schönster Draperie. Die assyrische Kunst<note place="foot" n="2)">Vergl. darüber auch Braun, I S. 139 ff.; Semper, der Stil, I. S. 323 ff.<lb/></note> hat bereits einen Anflug des modernen Geschmacks und der modernen Kunst, und tritt deshalb dem Betrachtenden unendlich näher als die ägyptigschen und indischen Bild- und Kunstwerke; ihren Geschmack, ihren Styl, ihre wirkliche und höhere Kunststufe hat die assyrische Kunst durch die Stickerei und Weberei erlangt, indem deren Muster und Bilder, Draperieen als der allgemeinste Schmuck gebraucht wurden<note place="foot" n="3)">Vergl. auch Guhl, die Frauen in der Kunstgesch., Berlin 1858, S. 12 ff.</note> und die <hi rendition="#g">langen</hi> assyrischen (wie auch die medischen, überhaupt orientalischen) Gewänder nur entstanden zu sein scheinen, um möglichst vielen Kleiderschmuck, Stickerei- und Webmuster entfalten und bloslegen zu können, wie die Mitren und Turbane auf demselben Grunde beruhen. Die Mitren und Turbane sind schmückende Kopfteppiche, gleich den Teppichen um den Körper selbst, – gleich den Leibbinbinden, – gleich den Tempelvorhängen, Tempelteppichen, Fussteppichen u. s. w. Wer sich im geistlichen oder weltlichen Leben, als Priester oder Fürst noch heute <hi rendition="#g">kleiden</hi> will, hüllt sich in den babvlonisch-assyrischen Teppich, in das (lange) orientalische Gewand, in die Gewebe von Kaschmir oder in einen Schawls von Bagdad; insofern ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [309/0329]
lichkeit, so dass die Steinmetz-, die Bildhauerkunst auch bei den Assyriern unter der Leitung der Priester in erblichen Kasten gepflegt und fortgebildet worden zu sein scheint. 1) Durch die Priester- und Kastenverfassung würden auf diese Weise Indien, Babylonien und Assyrien und Aegypten zwar mit einander in innige Berührung treten, aber dennoch wäre die assyrische Kunst als die jüngere und höhere wegen der sichern, ruhigen und klaren Figurenzeiehnung und wegen der geschmackvollen Bekleidung der Figuren anzusehen, – sie wäre das vermittelnde Glied zwischen den indisch-ägyptischen nackten Thier- und Missgestalten zu den griechischen göttlich-menschlichen Gestalten im reichen Faltenwurfe, in schönster Draperie. Die assyrische Kunst 2) hat bereits einen Anflug des modernen Geschmacks und der modernen Kunst, und tritt deshalb dem Betrachtenden unendlich näher als die ägyptigschen und indischen Bild- und Kunstwerke; ihren Geschmack, ihren Styl, ihre wirkliche und höhere Kunststufe hat die assyrische Kunst durch die Stickerei und Weberei erlangt, indem deren Muster und Bilder, Draperieen als der allgemeinste Schmuck gebraucht wurden 3) und die langen assyrischen (wie auch die medischen, überhaupt orientalischen) Gewänder nur entstanden zu sein scheinen, um möglichst vielen Kleiderschmuck, Stickerei- und Webmuster entfalten und bloslegen zu können, wie die Mitren und Turbane auf demselben Grunde beruhen. Die Mitren und Turbane sind schmückende Kopfteppiche, gleich den Teppichen um den Körper selbst, – gleich den Leibbinbinden, – gleich den Tempelvorhängen, Tempelteppichen, Fussteppichen u. s. w. Wer sich im geistlichen oder weltlichen Leben, als Priester oder Fürst noch heute kleiden will, hüllt sich in den babvlonisch-assyrischen Teppich, in das (lange) orientalische Gewand, in die Gewebe von Kaschmir oder in einen Schawls von Bagdad; insofern ist
1) Vergl. auch Braun, Gesch. der Kunst, I. S. 182; Böttiger, Andeutungen über die Archäologie, Dresden 1806, S. 5 ff. und S. 73.
2) Vergl. darüber auch Braun, I S. 139 ff.; Semper, der Stil, I. S. 323 ff.
3) Vergl. auch Guhl, die Frauen in der Kunstgesch., Berlin 1858, S. 12 ff.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Internetloge: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frederike Neuber: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Maxi Grubert: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Bayerische Staatsbibliothek Digital: Bereitstellung der Bilddigitalisate.
(2013-08-21T13:44:32Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |