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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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sei. Da die Aegypter ihre Todtenwage, welche z. B. auch in dem Ptolemäertempel von Der el medineh bei Theben mit den 42 Todtenrichtern erscheint,1) indem das Herz gegen die Wahrheit abgewogen wird und der zweimal grosse Thot, der Gerichtsschreiber der grossen Götter im Gerichtssaale. das Ergebniss der Wägung aufschreibt, um es dem Osiris vorzulegen, kaum von den Indern entlehnt haben, müsste sie jedenfalls eine gemeinsame Vorstellung der Urmenschheit sein. - Die Rose, welche in der christlichen Symbolik eine so bedeutende Stelle einnimmt, namentlich auch in der gothischen Architektur besonders in den Facaden, oder über den Portalen als die grosse Fensterrose mit dem schönsten Masswerke erscheint,2) ist der griechischen und germanischen Symbolik gleichmässig entlehnt. Als Fensterrose möchte es die Mysterienrose, das Symbol des in der Kirche zu beobachtenden heiligen Stillschweigens sein, und von dem germanischen Rosenlande und Rosengarten möchte es abzuleiten sein, dass man die Rose im Mittelalter als das Symbol des himmlischen Jerusalems betrachtete, wie auch Dante in seinem Paradiese die Versammlung der Heiligen in Gestalt einer Rose schauete.3) Der Kronleuchter von Rheims, das Symbol des leuchtenden Himmelslichtes, bildete eine zwölfblättrige Rose mit 12 Thürmchen zum Zeichen der 12 Thore, 12 kleinen Propheten und 12 Apostel, - der Leuchter zu Aachen eine achtblättrige Rose mit 16 Thürmchen, die letztere hinweisend auf die 4 Eckthürme vielleicht mit den 4 grossen Propheten oder 4 Evangelisten und die 12 Thore mit den 12 Aposteln; durch die Zusammenstellung von je acht Thürmchen sollten die acht Verheissungen der Seligkeit bezeichnet werden. Myrthen und Rosen, die Blumen der Liebe, deuteten in den Mysterien auf Tod und vereinigten in einem sinnvollen Symbole die Liebe, das süsseste Streben des Herzens, mit dem die Liebe und die Liebenden so schnell dahin raffenden Tode und

1) Brugsch, Reiseberichte, S. 313.
2) Vergl. die Abbildungen bei Lübke, S. 397 ff.
3) Schnaase, V. S. 789 ff.

sei. Da die Aegypter ihre Todtenwage, welche z. B. auch in dem Ptolemäertempel von Der el medineh bei Theben mit den 42 Todtenrichtern erscheint,1) indem das Herz gegen die Wahrheit abgewogen wird und der zweimal grosse Thot, der Gerichtsschreiber der grossen Götter im Gerichtssaale. das Ergebniss der Wägung aufschreibt, um es dem Osiris vorzulegen, kaum von den Indern entlehnt haben, müsste sie jedenfalls eine gemeinsame Vorstellung der Urmenschheit sein. – Die Rose, welche in der christlichen Symbolik eine so bedeutende Stelle einnimmt, namentlich auch in der gothischen Architektur besonders in den Façaden, oder über den Portalen als die grosse Fensterrose mit dem schönsten Masswerke erscheint,2) ist der griechischen und germanischen Symbolik gleichmässig entlehnt. Als Fensterrose möchte es die Mysterienrose, das Symbol des in der Kirche zu beobachtenden heiligen Stillschweigens sein, und von dem germanischen Rosenlande und Rosengarten möchte es abzuleiten sein, dass man die Rose im Mittelalter als das Symbol des himmlischen Jerusalems betrachtete, wie auch Dante in seinem Paradiese die Versammlung der Heiligen in Gestalt einer Rose schauete.3) Der Kronleuchter von Rheims, das Symbol des leuchtenden Himmelslichtes, bildete eine zwölfblättrige Rose mit 12 Thürmchen zum Zeichen der 12 Thore, 12 kleinen Propheten und 12 Apostel, – der Leuchter zu Aachen eine achtblättrige Rose mit 16 Thürmchen, die letztere hinweisend auf die 4 Eckthürme vielleicht mit den 4 grossen Propheten oder 4 Evangelisten und die 12 Thore mit den 12 Aposteln; durch die Zusammenstellung von je acht Thürmchen sollten die acht Verheissungen der Seligkeit bezeichnet werden. Myrthen und Rosen, die Blumen der Liebe, deuteten in den Mysterien auf Tod und vereinigten in einem sinnvollen Symbole die Liebe, das süsseste Streben des Herzens, mit dem die Liebe und die Liebenden so schnell dahin raffenden Tode und

1) Brugsch, Reiseberichte, S. 313.
2) Vergl. die Abbildungen bei Lübke, S. 397 ff.
3) Schnaase, V. S. 789 ff.
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[349/0369] sei. Da die Aegypter ihre Todtenwage, welche z. B. auch in dem Ptolemäertempel von Der el medineh bei Theben mit den 42 Todtenrichtern erscheint, 1) indem das Herz gegen die Wahrheit abgewogen wird und der zweimal grosse Thot, der Gerichtsschreiber der grossen Götter im Gerichtssaale. das Ergebniss der Wägung aufschreibt, um es dem Osiris vorzulegen, kaum von den Indern entlehnt haben, müsste sie jedenfalls eine gemeinsame Vorstellung der Urmenschheit sein. – Die Rose, welche in der christlichen Symbolik eine so bedeutende Stelle einnimmt, namentlich auch in der gothischen Architektur besonders in den Façaden, oder über den Portalen als die grosse Fensterrose mit dem schönsten Masswerke erscheint, 2) ist der griechischen und germanischen Symbolik gleichmässig entlehnt. Als Fensterrose möchte es die Mysterienrose, das Symbol des in der Kirche zu beobachtenden heiligen Stillschweigens sein, und von dem germanischen Rosenlande und Rosengarten möchte es abzuleiten sein, dass man die Rose im Mittelalter als das Symbol des himmlischen Jerusalems betrachtete, wie auch Dante in seinem Paradiese die Versammlung der Heiligen in Gestalt einer Rose schauete. 3) Der Kronleuchter von Rheims, das Symbol des leuchtenden Himmelslichtes, bildete eine zwölfblättrige Rose mit 12 Thürmchen zum Zeichen der 12 Thore, 12 kleinen Propheten und 12 Apostel, – der Leuchter zu Aachen eine achtblättrige Rose mit 16 Thürmchen, die letztere hinweisend auf die 4 Eckthürme vielleicht mit den 4 grossen Propheten oder 4 Evangelisten und die 12 Thore mit den 12 Aposteln; durch die Zusammenstellung von je acht Thürmchen sollten die acht Verheissungen der Seligkeit bezeichnet werden. Myrthen und Rosen, die Blumen der Liebe, deuteten in den Mysterien auf Tod und vereinigten in einem sinnvollen Symbole die Liebe, das süsseste Streben des Herzens, mit dem die Liebe und die Liebenden so schnell dahin raffenden Tode und 1) Brugsch, Reiseberichte, S. 313. 2) Vergl. die Abbildungen bei Lübke, S. 397 ff. 3) Schnaase, V. S. 789 ff.

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/369>, abgerufen am 16.07.2024.