Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Flügel, S. 113, die verschiedenen Ansichten mit, ohne selbst eine entscheidende abzugeben. Nach Pott, in der deutschen morgenl. Zeitschrift, XIII. S. 385 ff., hat man sich entweder für die Ableitung von man (denken) oder von mani (Edelstein) im Sanskrit zu entscheiden; für die erstere Ableitung haben wir uns schon früher erklärt.1) Als die Mutter des Manei wird Meis bezeichnet, was eine Art grosser Bäume, der Lotus der Griechen ist und wodurch also Manei, der Mensch, als aus dem Baume entsprossen dargestellt wird.2) In der nordischen Mythologie3) schafft eine Götterdreiheit aus zwei Bäumen, Ask und Embla, Esche und Ulme oder Erle, den Mann und das Weib; es vermählen sich im Anfange der Dinge also zwei Bäume zur Menschheit, zur Ehe, wie dieses noch später in so vielen indischen und deutschen Sagen so sinnvoll nachklingt. Der Baum ist aber der Wolkenbaum, die Weltesche Yggdrasil, der Baum und Brunnen der Frau Holla, in deren Schooss die Kinderseelen ruhen, so dass jene Meis sich der deutschen Holla gleichstellt. Im Tarforster Weisthum von 1592 und einem gerichtlichen Protokolle von 1749 aus Wertheim wird der Kinderbaum als "frauw Hollen baum" und "frauen Hullen baum" erwähnt. Bei Nierstein in Hessendarmstadt werden die Kinder aus einer grossen Linde geholt, unter welcher man einen Brunnen in der Erde rauschen hört.4) Die neugebornen Kinder werden eben so häufig aus (hohlen) Bäumen oder von Bäumen wie aus Brunnen gebracht;5) im Aargau heisst ein solcher Baum der Kindlibirnbaum. Auch erscheinen nicht selten der Kinderbaum und der Kinderbrunnen zu einem Ganzen verbunden. Ein uralter Lärchbaum in Tirol bei Nauders (Oenotrium von Oenus, Inn, genannt), welcher bis vor wenigen Jahren stand und dessen Strunk noch steht, heisst der heilige Baum und von ihm werden die 1) Symbolik, II. S. 278. 2) Flügel, S. 117; Symbolik, I. S. 155 und 509, Anm. 3 3) Simrock, Mythologie, S. 32. 4) Wolf, hessische Sagen (Leipzig 1853), Nr. 15. 5) Mannhardt, germanische Mythen, S. 668 ff.; Wolf, Beiträge, I. S. 170 ff.
Flügel, S. 113, die verschiedenen Ansichten mit, ohne selbst eine entscheidende abzugeben. Nach Pott, in der deutschen morgenl. Zeitschrift, XIII. S. 385 ff., hat man sich entweder für die Ableitung von man (denken) oder von máni (Edelstein) im Sanskrit zu entscheiden; für die erstere Ableitung haben wir uns schon früher erklärt.1) Als die Mutter des Mânî wird Meis bezeichnet, was eine Art grosser Bäume, der Lotus der Griechen ist und wodurch also Mânî, der Mensch, als aus dem Baume entsprossen dargestellt wird.2) In der nordischen Mythologie3) schafft eine Götterdreiheit aus zwei Bäumen, Ask und Embla, Esche und Ulme oder Erle, den Mann und das Weib; es vermählen sich im Anfange der Dinge also zwei Bäume zur Menschheit, zur Ehe, wie dieses noch später in so vielen indischen und deutschen Sagen so sinnvoll nachklingt. Der Baum ist aber der Wolkenbaum, die Weltesche Yggdrasil, der Baum und Brunnen der Frau Holla, in deren Schooss die Kinderseelen ruhen, so dass jene Meis sich der deutschen Holla gleichstellt. Im Tarforster Weisthum von 1592 und einem gerichtlichen Protokolle von 1749 aus Wertheim wird der Kinderbaum als „frauw Hollen baum“ und „frauen Hullen baum“ erwähnt. Bei Nierstein in Hessendarmstadt werden die Kinder aus einer grossen Linde geholt, unter welcher man einen Brunnen in der Erde rauschen hört.4) Die neugebornen Kinder werden eben so häufig aus (hohlen) Bäumen oder von Bäumen wie aus Brunnen gebracht;5) im Aargau heisst ein solcher Baum der Kindlibirnbaum. Auch erscheinen nicht selten der Kinderbaum und der Kinderbrunnen zu einem Ganzen verbunden. Ein uralter Lärchbaum in Tirol bei Nauders (Oenotrium von Oenus, Inn, genannt), welcher bis vor wenigen Jahren stand und dessen Strunk noch steht, heisst der heilige Baum und von ihm werden die 1) Symbolik, II. S. 278. 2) Flügel, S. 117; Symbolik, I. S. 155 und 509, Anm. 3 3) Simrock, Mythologie, S. 32. 4) Wolf, hessische Sagen (Leipzig 1853), Nr. 15. 5) Mannhardt, germanische Mythen, S. 668 ff.; Wolf, Beiträge, I. S. 170 ff.
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Flügel, S. 113, die verschiedenen Ansichten mit, ohne selbst eine entscheidende abzugeben. Nach Pott, in der deutschen morgenl. Zeitschrift, XIII. S. 385 ff., hat man sich entweder für die Ableitung von man (denken) oder von máni (Edelstein) im Sanskrit zu entscheiden; für die erstere Ableitung haben wir uns schon früher erklärt. 1) Als die Mutter des Mânî wird Meis bezeichnet, was eine Art grosser Bäume, der Lotus der Griechen ist und wodurch also Mânî, der Mensch, als aus dem Baume entsprossen dargestellt wird. 2) In der nordischen Mythologie 3) schafft eine Götterdreiheit aus zwei Bäumen, Ask und Embla, Esche und Ulme oder Erle, den Mann und das Weib; es vermählen sich im Anfange der Dinge also zwei Bäume zur Menschheit, zur Ehe, wie dieses noch später in so vielen indischen und deutschen Sagen so sinnvoll nachklingt. Der Baum ist aber der Wolkenbaum, die Weltesche Yggdrasil, der Baum und Brunnen der Frau Holla, in deren Schooss die Kinderseelen ruhen, so dass jene Meis sich der deutschen Holla gleichstellt. Im Tarforster Weisthum von 1592 und einem gerichtlichen Protokolle von 1749 aus Wertheim wird der Kinderbaum als „frauw Hollen baum“ und „frauen Hullen baum“ erwähnt. Bei Nierstein in Hessendarmstadt werden die Kinder aus einer grossen Linde geholt, unter welcher man einen Brunnen in der Erde rauschen hört. 4) Die neugebornen Kinder werden eben so häufig aus (hohlen) Bäumen oder von Bäumen wie aus Brunnen gebracht; 5) im Aargau heisst ein solcher Baum der Kindlibirnbaum. Auch erscheinen nicht selten der Kinderbaum und der Kinderbrunnen zu einem Ganzen verbunden. Ein uralter Lärchbaum in Tirol bei Nauders (Oenotrium von Oenus, Inn, genannt), welcher bis vor wenigen Jahren stand und dessen Strunk noch steht, heisst der heilige Baum und von ihm werden die
1) Symbolik, II. S. 278.
2) Flügel, S. 117; Symbolik, I. S. 155 und 509, Anm. 3
3) Simrock, Mythologie, S. 32.
4) Wolf, hessische Sagen (Leipzig 1853), Nr. 15.
5) Mannhardt, germanische Mythen, S. 668 ff.; Wolf, Beiträge, I. S. 170 ff.
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