Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.Rundtempeln war es, dass man das Bild entweder in einer offenen und natürlichen Felsvertiefung, Grotte, aufstellte oder über dem Bilde ein viereckiges, aber an der vordern Seite ganz offenes, kleines Holz- oder Steingebäude errichtete. Derartige einfache heilige ländliche Gebäude kann man noch heute überall in katholischen Ländern, namentlich auch in den Rheinlanden erblicken, denn Land und Leute bleiben in vielen Dingen sich ewig gleich. Wenn nun, um das offene Holz- oder Steindach besser zu sichern und zu stützen, zwei einfache runde Stützen oder Säulen angebracht wurden, entstand der Tempel, welcher in Antis genannt wird.1) Auf diesen Grundlagen bildete sich das griechische lichte Gottesbildhaus (denn mehr war der griechische Tempel niemals gewesen) und wurde blos aus einem einfachen ländlichen Gebäude zu einem herrlichen Kunstgebäude umgeschaffen; der ägyptische Tempel dagegen war zwar auch ein Gottesbildhaus, jedoch zugleich und hauptsächlich auch ein Gemeindehaus, ein Gebäude des gemeinsamen Gottesdienstes, eine Art christliche Kirche.2) Aus den Beschreibungen, welche in architektonischen Werken, z. B. bei Lübke, S. 82, Schnaase, I. S. 384 ff., nach Strabo XVII. von der Anordnung der ägyptischen Tempel gegeben werden, leuchtet in Verbindung mit den Abbildungen und Grundrissen (z. B. bei Lübke und bei Bunsen, IV, S. 126, vorzüglich von Karnak) hervor, dass ein vielsäuliger Raum, ein grosser Säulensaal den Haupt- und Mittelpunkt des Tempelgebäudes bildete, in welchen man durch einen oder mehrere Vorhöfe gewöhnlich eintritt und aus dem häufig wieder mehrere, in der Regel kleiner und enger werdende Räume zu dem Allerheiligsten mit dem Götterbilde geleiten. Schnaase, I. S. 391, sagt: "Wenn man ihn (den Vorhof oder Vortempel) durchschritten hat, gelangt man niemals sogleich in das innerste Heiligthum, sondern stets in andere vorbereitende Räume, den vielsäuligen Raum und zwei oder drei Vorsäle, die aber alle wesentlicher waren, als der Hof, denn wir finden Tempel von ziemlich bedeutender Grösse, denen die Höfe feh- 1) Stieglitz, S. 82; Guhl und Koner, S. 11. 2) Meine Symbolik, II. S. 176 ff.
Rundtempeln war es, dass man das Bild entweder in einer offenen und natürlichen Felsvertiefung, Grotte, aufstellte oder über dem Bilde ein viereckiges, aber an der vordern Seite ganz offenes, kleines Holz- oder Steingebäude errichtete. Derartige einfache heilige ländliche Gebäude kann man noch heute überall in katholischen Ländern, namentlich auch in den Rheinlanden erblicken, denn Land und Leute bleiben in vielen Dingen sich ewig gleich. Wenn nun, um das offene Holz- oder Steindach besser zu sichern und zu stützen, zwei einfache runde Stützen oder Säulen angebracht wurden, entstand der Tempel, welcher in Antis genannt wird.1) Auf diesen Grundlagen bildete sich das griechische lichte Gottesbildhaus (denn mehr war der griechische Tempel niemals gewesen) und wurde blos aus einem einfachen ländlichen Gebäude zu einem herrlichen Kunstgebäude umgeschaffen; der ägyptische Tempel dagegen war zwar auch ein Gottesbildhaus, jedoch zugleich und hauptsächlich auch ein Gemeindehaus, ein Gebäude des gemeinsamen Gottesdienstes, eine Art christliche Kirche.2) Aus den Beschreibungen, welche in architektonischen Werken, z. B. bei Lübke, S. 82, Schnaase, I. S. 384 ff., nach Strabo XVII. von der Anordnung der ägyptischen Tempel gegeben werden, leuchtet in Verbindung mit den Abbildungen und Grundrissen (z. B. bei Lübke und bei Bunsen, IV, S. 126, vorzüglich von Karnak) hervor, dass ein vielsäuliger Raum, ein grosser Säulensaal den Haupt- und Mittelpunkt des Tempelgebäudes bildete, in welchen man durch einen oder mehrere Vorhöfe gewöhnlich eintritt und aus dem häufig wieder mehrere, in der Regel kleiner und enger werdende Räume zu dem Allerheiligsten mit dem Götterbilde geleiten. Schnaase, I. S. 391, sagt: „Wenn man ihn (den Vorhof oder Vortempel) durchschritten hat, gelangt man niemals sogleich in das innerste Heiligthum, sondern stets in andere vorbereitende Räume, den vielsäuligen Raum und zwei oder drei Vorsäle, die aber alle wesentlicher waren, als der Hof, denn wir finden Tempel von ziemlich bedeutender Grösse, denen die Höfe feh- 1) Stieglitz, S. 82; Guhl und Koner, S. 11. 2) Meine Symbolik, II. S. 176 ff.
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Rundtempeln war es, dass man das Bild entweder in einer offenen und natürlichen Felsvertiefung, Grotte, aufstellte oder über dem Bilde ein viereckiges, aber an der vordern Seite ganz offenes, kleines Holz- oder Steingebäude errichtete. Derartige einfache heilige ländliche Gebäude kann man noch heute überall in katholischen Ländern, namentlich auch in den Rheinlanden erblicken, denn Land und Leute bleiben in vielen Dingen sich ewig gleich. Wenn nun, um das offene Holz- oder Steindach besser zu sichern und zu stützen, zwei einfache runde Stützen oder Säulen angebracht wurden, entstand der Tempel, welcher in Antis genannt wird. 1) Auf diesen Grundlagen bildete sich das griechische lichte Gottesbildhaus (denn mehr war der griechische Tempel niemals gewesen) und wurde blos aus einem einfachen ländlichen Gebäude zu einem herrlichen Kunstgebäude umgeschaffen; der ägyptische Tempel dagegen war zwar auch ein Gottesbildhaus, jedoch zugleich und hauptsächlich auch ein Gemeindehaus, ein Gebäude des gemeinsamen Gottesdienstes, eine Art christliche Kirche. 2) Aus den Beschreibungen, welche in architektonischen Werken, z. B. bei Lübke, S. 82, Schnaase, I. S. 384 ff., nach Strabo XVII. von der Anordnung der ägyptischen Tempel gegeben werden, leuchtet in Verbindung mit den Abbildungen und Grundrissen (z. B. bei Lübke und bei Bunsen, IV, S. 126, vorzüglich von Karnak) hervor, dass ein vielsäuliger Raum, ein grosser Säulensaal den Haupt- und Mittelpunkt des Tempelgebäudes bildete, in welchen man durch einen oder mehrere Vorhöfe gewöhnlich eintritt und aus dem häufig wieder mehrere, in der Regel kleiner und enger werdende Räume zu dem Allerheiligsten mit dem Götterbilde geleiten. Schnaase, I. S. 391, sagt: „Wenn man ihn (den Vorhof oder Vortempel) durchschritten hat, gelangt man niemals sogleich in das innerste Heiligthum, sondern stets in andere vorbereitende Räume, den vielsäuligen Raum und zwei oder drei Vorsäle, die aber alle wesentlicher waren, als der Hof, denn wir finden Tempel von ziemlich bedeutender Grösse, denen die Höfe feh-
1) Stieglitz, S. 82; Guhl und Koner, S. 11.
2) Meine Symbolik, II. S. 176 ff.
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Zitationshilfe: | Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/46>, abgerufen am 16.07.2024. |