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Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863.

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und das Böse zu überwinden vermöge. An dem dunkelen, abgesonderten und verborgenen Orte, welchen blos ein sparsames, künstliches Licht erleuchtet, kehrt der Mensch eher und leichter in sich selbst und zur Gottheit zurück; die Grotten und Höhlen sind die heiligsten Tempel, die stillsten Orte der Selbstsammlung und Gottbetrachtung, der Versenkung in sich selbst und in die Gottheit, der Erreichung des Yoga, der Busse und der Besserung, und namentlich haben darin die so viel besprochenen, so verschiedenartig gedeuteten und scheinbar so räthselhaften indischen buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten ihre Entstehung und zwar in verhältnissmässig sehr späten Zeiten, womit allein schon eine ganze Reihe von Vermuthungen in Nichts dahinfällt. Diese Grottenbauten entstanden zunächst mit dem rasch und allgemein nach dem Jahre 543 v. Chr. über das eigentliche Indien, und namentlich über das Dekhan, sich verbreitenden Buddhismus und aus seinem Hange zum beschaulichen Büsserleben, zum klösterlichen Leben; die Thätigkeit, die Hingebung und begeisterte Unermüdlichkeit, welche einer jeden neuen Religion eigen sind, beurkunden sich bei den friedlichen indischen Buddhisten während mehrerer Jahr hunderte vor und nach Christus in den Grottenbauten, in dem Aushöhlen der Granitfelsen, wogegen die Araber ihren neuen Glauben mit dem blutigen Schwerte erobernd und zertrümmernd über die Erde tragen. Die brahmanischen Grottenbauten sind Gegenbauten, das Erzeugniss des anfänglich noch friedlichen und unblutigen religiösen Kampfes der Brahmanen gegen die Buddhisten, weshalb die buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten oft neben einander liegen, wie im Anfange die Buddhisten und Brahmanen neben einander wohnten. Später mussten die Buddhisten den Verfolgungen der siegreichen Brahmanen erliegen und weichen, ihnen ihre jetzt abgeänderten und brahmanisch umgestalteten Grottentempel und Grottenwohnungen überlassen. Auch die vermuthlich aus den Buddhisten hervorgegangenen Gaina's liebten daher die Grottentempel und Grottenwohnungen. Die Höhlen und Riesenidole bei Bamian am Hindukusch sind gleichfalls bud-

und das Böse zu überwinden vermöge. An dem dunkelen, abgesonderten und verborgenen Orte, welchen blos ein sparsames, künstliches Licht erleuchtet, kehrt der Mensch eher und leichter in sich selbst und zur Gottheit zurück; die Grotten und Höhlen sind die heiligsten Tempel, die stillsten Orte der Selbstsammlung und Gottbetrachtung, der Versenkung in sich selbst und in die Gottheit, der Erreichung des Yoga, der Busse und der Besserung, und namentlich haben darin die so viel besprochenen, so verschiedenartig gedeuteten und scheinbar so räthselhaften indischen buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten ihre Entstehung und zwar in verhältnissmässig sehr späten Zeiten, womit allein schon eine ganze Reihe von Vermuthungen in Nichts dahinfällt. Diese Grottenbauten entstanden zunächst mit dem rasch und allgemein nach dem Jahre 543 v. Chr. über das eigentliche Indien, und namentlich über das Dekhan, sich verbreitenden Buddhismus und aus seinem Hange zum beschaulichen Büsserleben, zum klösterlichen Leben; die Thätigkeit, die Hingebung und begeisterte Unermüdlichkeit, welche einer jeden neuen Religion eigen sind, beurkunden sich bei den friedlichen indischen Buddhisten während mehrerer Jahr hunderte vor und nach Christus in den Grottenbauten, in dem Aushöhlen der Granitfelsen, wogegen die Araber ihren neuen Glauben mit dem blutigen Schwerte erobernd und zertrümmernd über die Erde tragen. Die brahmanischen Grottenbauten sind Gegenbauten, das Erzeugniss des anfänglich noch friedlichen und unblutigen religiösen Kampfes der Brahmanen gegen die Buddhisten, weshalb die buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten oft neben einander liegen, wie im Anfange die Buddhisten und Brahmanen neben einander wohnten. Später mussten die Buddhisten den Verfolgungen der siegreichen Brahmanen erliegen und weichen, ihnen ihre jetzt abgeänderten und brahmanisch umgestalteten Grottentempel und Grottenwohnungen überlassen. Auch die vermuthlich aus den Buddhisten hervorgegangenen Gaina’s liebten daher die Grottentempel und Grottenwohnungen. Die Höhlen und Riesenidole bei Bamian am Hindukusch sind gleichfalls bud-

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[47/0067] und das Böse zu überwinden vermöge. An dem dunkelen, abgesonderten und verborgenen Orte, welchen blos ein sparsames, künstliches Licht erleuchtet, kehrt der Mensch eher und leichter in sich selbst und zur Gottheit zurück; die Grotten und Höhlen sind die heiligsten Tempel, die stillsten Orte der Selbstsammlung und Gottbetrachtung, der Versenkung in sich selbst und in die Gottheit, der Erreichung des Yoga, der Busse und der Besserung, und namentlich haben darin die so viel besprochenen, so verschiedenartig gedeuteten und scheinbar so räthselhaften indischen buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten ihre Entstehung und zwar in verhältnissmässig sehr späten Zeiten, womit allein schon eine ganze Reihe von Vermuthungen in Nichts dahinfällt. Diese Grottenbauten entstanden zunächst mit dem rasch und allgemein nach dem Jahre 543 v. Chr. über das eigentliche Indien, und namentlich über das Dekhan, sich verbreitenden Buddhismus und aus seinem Hange zum beschaulichen Büsserleben, zum klösterlichen Leben; die Thätigkeit, die Hingebung und begeisterte Unermüdlichkeit, welche einer jeden neuen Religion eigen sind, beurkunden sich bei den friedlichen indischen Buddhisten während mehrerer Jahr hunderte vor und nach Christus in den Grottenbauten, in dem Aushöhlen der Granitfelsen, wogegen die Araber ihren neuen Glauben mit dem blutigen Schwerte erobernd und zertrümmernd über die Erde tragen. Die brahmanischen Grottenbauten sind Gegenbauten, das Erzeugniss des anfänglich noch friedlichen und unblutigen religiösen Kampfes der Brahmanen gegen die Buddhisten, weshalb die buddhistischen und brahmanischen Grottenbauten oft neben einander liegen, wie im Anfange die Buddhisten und Brahmanen neben einander wohnten. Später mussten die Buddhisten den Verfolgungen der siegreichen Brahmanen erliegen und weichen, ihnen ihre jetzt abgeänderten und brahmanisch umgestalteten Grottentempel und Grottenwohnungen überlassen. Auch die vermuthlich aus den Buddhisten hervorgegangenen Gaina’s liebten daher die Grottentempel und Grottenwohnungen. Die Höhlen und Riesenidole bei Bamian am Hindukusch sind gleichfalls bud-

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Zitationshilfe: Schauberg, Joseph: Vergleichendes Handbuch der Symbolik der Freimaurerei, Bd. 3. Schaffhausen, 1863, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schauberg_freimaurerei03_1863/67>, abgerufen am 24.11.2024.