Unser Führer antwortete mir, daß diese Einrich- tung beynahe nothwendig wäre, um zu verhüten, daß keiner von den Unglücklichen im Paroxismus einem andern schade; daß dem Muthwillen der Züchtlinge durch gute Disciplin Schranken gesetzt würden, und daß endlich in diesem Hause noch niemals einer auf diese Weise um seinen Verstan- desgebrauch gekommen sey.
Als wir in das zweyte Zimmer, welches, wie das erste, Weiber einschloß, kamen, hatten sich meine Vorstellungen aus dem Gedränge der man- nigfaltigen Gefühle, die mich beym ersten An- blick der Armen überwältigten, schon zum klaren Bewußtseyn gesammelt; denn ich war hier schon furchtsamer, als beym Eintritt in das erste Zim- mer. Jch blieb an der Thüre stehen, und mei- ne Augen musterten den gedrängten Haufen der zum Theil neugierig und bettelnd auf uns blicken- den Weiber. Eine von den Wahnsinnigen roll- te unaufhörlich den einen Daumen über den an- dern. Das war das Bild von dem Zustande ih- rer Seele. Ein ewiger Wirbel in derselben -- gänzliche Unfähigkeit, eine Vorstellung an die an- dre zu knüpfen. -- Sie richtete kein Auge auf uns, kein Auge auf die, die mit ihr in dem Zimmer waren. -- Unglückliche! hattest du vielleicht noch das Gefühl, daß wir glücklicher
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Unſer Fuͤhrer antwortete mir, daß dieſe Einrich- tung beynahe nothwendig waͤre, um zu verhuͤten, daß keiner von den Ungluͤcklichen im Paroxiſmus einem andern ſchade; daß dem Muthwillen der Zuͤchtlinge durch gute Diſciplin Schranken geſetzt wuͤrden, und daß endlich in dieſem Hauſe noch niemals einer auf dieſe Weiſe um ſeinen Verſtan- desgebrauch gekommen ſey.
Als wir in das zweyte Zimmer, welches, wie das erſte, Weiber einſchloß, kamen, hatten ſich meine Vorſtellungen aus dem Gedraͤnge der man- nigfaltigen Gefuͤhle, die mich beym erſten An- blick der Armen uͤberwaͤltigten, ſchon zum klaren Bewußtſeyn geſammelt; denn ich war hier ſchon furchtſamer, als beym Eintritt in das erſte Zim- mer. Jch blieb an der Thuͤre ſtehen, und mei- ne Augen muſterten den gedraͤngten Haufen der zum Theil neugierig und bettelnd auf uns blicken- den Weiber. Eine von den Wahnſinnigen roll- te unaufhoͤrlich den einen Daumen uͤber den an- dern. Das war das Bild von dem Zuſtande ih- rer Seele. Ein ewiger Wirbel in derſelben — gaͤnzliche Unfaͤhigkeit, eine Vorſtellung an die an- dre zu knuͤpfen. — Sie richtete kein Auge auf uns, kein Auge auf die, die mit ihr in dem Zimmer waren. — Ungluͤckliche! hatteſt du vielleicht noch das Gefuͤhl, daß wir gluͤcklicher
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Unſer Fuͤhrer antwortete mir, daß dieſe Einrich-
tung beynahe nothwendig waͤre, um zu verhuͤten,
daß keiner von den Ungluͤcklichen im Paroxiſmus
einem andern ſchade; daß dem Muthwillen der
Zuͤchtlinge durch gute Diſciplin Schranken geſetzt
wuͤrden, und daß endlich in dieſem Hauſe noch
niemals einer auf dieſe Weiſe um ſeinen Verſtan-
desgebrauch gekommen ſey.
Als wir in das zweyte Zimmer, welches, wie
das erſte, Weiber einſchloß, kamen, hatten ſich
meine Vorſtellungen aus dem Gedraͤnge der man-
nigfaltigen Gefuͤhle, die mich beym erſten An-
blick der Armen uͤberwaͤltigten, ſchon zum klaren
Bewußtſeyn geſammelt; denn ich war hier ſchon
furchtſamer, als beym Eintritt in das erſte Zim-
mer. Jch blieb an der Thuͤre ſtehen, und mei-
ne Augen muſterten den gedraͤngten Haufen der
zum Theil neugierig und bettelnd auf uns blicken-
den Weiber. Eine von den Wahnſinnigen roll-
te unaufhoͤrlich den einen Daumen uͤber den an-
dern. Das war das Bild von dem Zuſtande ih-
rer Seele. Ein ewiger Wirbel in derſelben —
gaͤnzliche Unfaͤhigkeit, eine Vorſtellung an die an-
dre zu knuͤpfen. — Sie richtete kein Auge auf
uns, kein Auge auf die, die mit ihr in dem
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vielleicht noch das Gefuͤhl, daß wir gluͤcklicher
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche01_1791/240>, abgerufen am 29.11.2024.
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