Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.Da können denn freylich nicht die Bilder der Drum höre ein jeder, dem seine Ruhe, seine Nichts stört so oft die Ruhe des Menschen, was
Da koͤnnen denn freylich nicht die Bilder der Drum hoͤre ein jeder, dem ſeine Ruhe, ſeine Nichts ſtoͤrt ſo oft die Ruhe des Menſchen, was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0295" n="271"/> <p>Da koͤnnen denn freylich nicht die Bilder der<lb/> Freude ſich ſammlen, und dankbar auf das Herz<lb/> zuruͤckwirken, aus dem ſie gebohren wurden.</p><lb/> <p>Drum hoͤre ein jeder, dem ſeine Ruhe, ſeine<lb/> Gluͤckſeligkeit werth iſt, den Befehl der Weis-<lb/> heit: <hi rendition="#aq">Sapere <hi rendition="#i">aude</hi></hi>. Er <hi rendition="#b">wage</hi> es, gegen die Lei-<lb/> denſchaft anzugehn und ſie zuruͤckzuhalten, bis er<lb/> die Freude geſchmeckt hat, welche dieſe ihm nicht<lb/> goͤnnt — o das wird ihm Kraft, das wird ihm<lb/> Muth geben, die Feinde ſeiner Gluͤckſeligkeit fer-<lb/> ner anzugreifen, zu uͤberwinden und zu feſſeln.</p><lb/> <p>Nichts ſtoͤrt ſo oft die Ruhe des Menſchen,<lb/> als zerriſſene Plaͤne, getaͤuſchte Hofnungen und<lb/> verdunkelte Ausſichten. Man huͤte daher ſeine<lb/> Einbildungskraft, welche ſo gern in den Luͤften<lb/> Pallaͤſte erbaut, damit ſie von dieſer Seite die<lb/> Ruhe des Herzens nicht unterbreche. Man blei-<lb/> be mit ſeinen Plaͤnen immer in einem Bezirk, uͤber<lb/> welchen man zu gebieten hat, oder aus welchen<lb/> man ſich wenigſtens ohne großen Verluſt an ſei-<lb/> nem koͤſtlichſten Gute zuruͤckziehn kann. Beſon-<lb/> ders aber gewoͤhne man ſeine Phantaſie nicht zu<lb/> ſehr an <hi rendition="#b">ein</hi> Bild; denke wenigſtens ſich das Moͤg-<lb/> liche nur immer als <hi rendition="#b">moͤglich</hi>, nicht als <hi rendition="#b">wahr-<lb/> ſcheinlich</hi>, nicht als <hi rendition="#b">gewiß</hi>. Dann wird der<lb/> Gedanke, es kann auch anders ausfallen, als<lb/> du denkſt, immer gegenwaͤrtig bleiben, und wir<lb/> werden mit Gleichmuth das verſchwinden ſehn,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">was</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [271/0295]
Da koͤnnen denn freylich nicht die Bilder der
Freude ſich ſammlen, und dankbar auf das Herz
zuruͤckwirken, aus dem ſie gebohren wurden.
Drum hoͤre ein jeder, dem ſeine Ruhe, ſeine
Gluͤckſeligkeit werth iſt, den Befehl der Weis-
heit: Sapere aude. Er wage es, gegen die Lei-
denſchaft anzugehn und ſie zuruͤckzuhalten, bis er
die Freude geſchmeckt hat, welche dieſe ihm nicht
goͤnnt — o das wird ihm Kraft, das wird ihm
Muth geben, die Feinde ſeiner Gluͤckſeligkeit fer-
ner anzugreifen, zu uͤberwinden und zu feſſeln.
Nichts ſtoͤrt ſo oft die Ruhe des Menſchen,
als zerriſſene Plaͤne, getaͤuſchte Hofnungen und
verdunkelte Ausſichten. Man huͤte daher ſeine
Einbildungskraft, welche ſo gern in den Luͤften
Pallaͤſte erbaut, damit ſie von dieſer Seite die
Ruhe des Herzens nicht unterbreche. Man blei-
be mit ſeinen Plaͤnen immer in einem Bezirk, uͤber
welchen man zu gebieten hat, oder aus welchen
man ſich wenigſtens ohne großen Verluſt an ſei-
nem koͤſtlichſten Gute zuruͤckziehn kann. Beſon-
ders aber gewoͤhne man ſeine Phantaſie nicht zu
ſehr an ein Bild; denke wenigſtens ſich das Moͤg-
liche nur immer als moͤglich, nicht als wahr-
ſcheinlich, nicht als gewiß. Dann wird der
Gedanke, es kann auch anders ausfallen, als
du denkſt, immer gegenwaͤrtig bleiben, und wir
werden mit Gleichmuth das verſchwinden ſehn,
was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |