Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 1. Halle, 1791.was wir noch nicht als unser Eigenthum an- Allen Genuß der Zukunft durch die Einbil-
Nicht leichter wird die Phantasie des Men- kann,
was wir noch nicht als unſer Eigenthum an- Allen Genuß der Zukunft durch die Einbil-
Nicht leichter wird die Phantaſie des Men- kann,
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was wir noch nicht als unſer Eigenthum an-
ſahen.
Allen Genuß der Zukunft durch die Einbil-
dungskraft ſich zu verſagen, iſt nicht nothwendig;
im Gegentheil gewaͤhrt oft eine frohe Ausſicht gu-
ten Erſatz, fuͤr eine nicht ganz heitere Gegen-
wart. Nur muͤſſen die Erwartungen des Zu-
kuͤnftigen ihre Gruͤnde in der gegenwaͤrtigen Si-
tuation haben, und in richtigem Verhaͤltniß zu
unſrer Jndividualitaͤt ſtehn. — Man gewoͤhne
ſeine Phantaſie huͤbſch haͤuslich, und beherzige
den weiſen Spruch:
Plus on s'eloigne de ſoi - même, plus
on s'écarte du bonheur!
Nicht leichter wird die Phantaſie des Men-
ſchen unwillig, und umwoͤlkt ihren Geſichtskreis,
als wenn die Qual der Langenweile den Menſchen
foltert. Es iſt ein unertraͤgliches Gefuͤhl nichts
zu haben, und nichts zu finden, woran man ſei-
ne Thaͤtigkeit uͤben koͤnnte. Man koͤmmt ſich da
ſo klein, ſo niedrig vor, und kann in dieſen Au-
genblicken wirklich ſich ſelbſt feind werden. Dar-
um laſſe man nie dies Gefuͤhl der Langenweile bey
ſich ein, und verſperre ihm die Thuͤren dadurch,
daß man ſich einen feſten Lebensplan entwirft, der
ſo berechnet iſt, daß niemals ein Moment leer
und zwecklos bleibe. Es kann ja jeder leicht et-
was finden, was in ſein Leben Jntereſſe bringen
kann,
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