Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.das Glück -- oder Unglück -- seine Leute zu fin- fall legt es sich als Verwunderung aus -- dann in
größern Kreisen, man lacht, und man spottet, dies ist ihm Bewunderung und lauterer Beyfall, -- seine Einbildung wird fester, sein Muth gewisser. Er reiset zu hohen Personen -- denn der schon genoßne vermeinte Beyfall, und besonders die empfangnen Thaler mußten ihn reizen und hoffen lassen, daß er nun statt Beyfall Gnadensbezeugungen; statt Sil- ber, Gold empfangen würde. -- Auch diese lä- cheln, bemitleiden den Armen, und geben ihm aus Mitleid Geschenke. Jm Triumph kehrt er nach E. zurück, voll von der ihm widerfahrnen Gnade und dem erhaltnen wichtigen Beyfall. -- Seine De- clamirkrankheit geht in Declamirwuth über. Wer ihm von Bekannten und halb Bekannten begegnet, muß ihn anhören. -- Er schreibt Versammlun- gen über Versammlungen aus -- und ist jetzt fast mit sich einig, daß er der erste, oder doch der zwey- te Declamateur in Deutschland sey. Nun können ihm selbst die offenbarsten Verspottungen nicht mehr seinen Wahn benehmen. Er wird während des Declamirens gestoßen und gehöhnet, nichts stört ihn, "er will gern, sagt er, seinen Zuhörern das Ver- gnügen gönnen, ihr Kurzweil zu haben," und ver- theidigt seine Beleidiger heftig gegen die, welche ihn bedauren. So viel ich weiß, ist er noch nicht von das Gluͤck — oder Ungluͤck — ſeine Leute zu fin- fall legt es ſich als Verwunderung aus — dann in
groͤßern Kreiſen, man lacht, und man ſpottet, dies iſt ihm Bewunderung und lauterer Beyfall, — ſeine Einbildung wird feſter, ſein Muth gewiſſer. Er reiſet zu hohen Perſonen — denn der ſchon genoßne vermeinte Beyfall, und beſonders die empfangnen Thaler mußten ihn reizen und hoffen laſſen, daß er nun ſtatt Beyfall Gnadensbezeugungen; ſtatt Sil- ber, Gold empfangen wuͤrde. — Auch dieſe laͤ- cheln, bemitleiden den Armen, und geben ihm aus Mitleid Geſchenke. Jm Triumph kehrt er nach E. zuruͤck, voll von der ihm widerfahrnen Gnade und dem erhaltnen wichtigen Beyfall. — Seine De- clamirkrankheit geht in Declamirwuth uͤber. Wer ihm von Bekannten und halb Bekannten begegnet, muß ihn anhoͤren. — Er ſchreibt Verſammlun- gen uͤber Verſammlungen aus — und iſt jetzt faſt mit ſich einig, daß er der erſte, oder doch der zwey- te Declamateur in Deutſchland ſey. Nun koͤnnen ihm ſelbſt die offenbarſten Verſpottungen nicht mehr ſeinen Wahn benehmen. Er wird waͤhrend des Declamirens geſtoßen und gehoͤhnet, nichts ſtoͤrt ihn, „er will gern, ſagt er, ſeinen Zuhoͤrern das Ver- gnuͤgen goͤnnen, ihr Kurzweil zu haben,„ und ver- theidigt ſeine Beleidiger heftig gegen die, welche ihn bedauren. So viel ich weiß, iſt er noch nicht von <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0124" n="408"/> das Gluͤck — oder Ungluͤck — ſeine Leute zu fin-<lb/> den, und ſich bey dieſen Bewunderung und Bey-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">fall</fw><lb/><note next="#seg2pn_11_3" xml:id="seg2pn_11_2" prev="#seg2pn_11_1" place="foot" n="*)">legt es ſich als Verwunderung aus — dann in<lb/> groͤßern Kreiſen, man lacht, und man ſpottet,<lb/> dies iſt ihm Bewunderung und lauterer Beyfall, —<lb/> ſeine Einbildung wird feſter, ſein Muth gewiſſer. Er<lb/> reiſet zu hohen Perſonen — denn der ſchon genoßne<lb/> vermeinte Beyfall, und beſonders die empfangnen<lb/> Thaler mußten ihn reizen und hoffen laſſen, daß er<lb/> nun ſtatt Beyfall Gnadensbezeugungen; ſtatt Sil-<lb/> ber, Gold empfangen wuͤrde. — Auch dieſe laͤ-<lb/> cheln, bemitleiden den Armen, und geben ihm aus<lb/> Mitleid Geſchenke. Jm Triumph kehrt er nach E.<lb/> zuruͤck, voll von der ihm widerfahrnen Gnade und<lb/> dem erhaltnen wichtigen Beyfall. — Seine De-<lb/> clamirkrankheit geht in Declamirwuth uͤber. Wer<lb/> ihm von Bekannten und halb Bekannten begegnet,<lb/> muß ihn anhoͤren. — Er ſchreibt Verſammlun-<lb/> gen uͤber Verſammlungen aus — und iſt jetzt faſt<lb/> mit ſich einig, daß er der erſte, oder doch der zwey-<lb/> te Declamateur in Deutſchland ſey. Nun koͤnnen<lb/> ihm ſelbſt die offenbarſten Verſpottungen nicht mehr<lb/> ſeinen Wahn benehmen. Er wird waͤhrend des<lb/> Declamirens geſtoßen und gehoͤhnet, nichts ſtoͤrt ihn,<lb/> „er will gern, ſagt er, ſeinen Zuhoͤrern das Ver-<lb/> gnuͤgen goͤnnen, ihr Kurzweil zu haben,„ und ver-<lb/> theidigt ſeine Beleidiger heftig gegen die, welche<lb/> ihn bedauren. So viel ich weiß, iſt er noch nicht<lb/> <fw place="bottom" type="catch">von</fw></note><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [408/0124]
das Gluͤck — oder Ungluͤck — ſeine Leute zu fin-
den, und ſich bey dieſen Bewunderung und Bey-
fall
*)
*) legt es ſich als Verwunderung aus — dann in
groͤßern Kreiſen, man lacht, und man ſpottet,
dies iſt ihm Bewunderung und lauterer Beyfall, —
ſeine Einbildung wird feſter, ſein Muth gewiſſer. Er
reiſet zu hohen Perſonen — denn der ſchon genoßne
vermeinte Beyfall, und beſonders die empfangnen
Thaler mußten ihn reizen und hoffen laſſen, daß er
nun ſtatt Beyfall Gnadensbezeugungen; ſtatt Sil-
ber, Gold empfangen wuͤrde. — Auch dieſe laͤ-
cheln, bemitleiden den Armen, und geben ihm aus
Mitleid Geſchenke. Jm Triumph kehrt er nach E.
zuruͤck, voll von der ihm widerfahrnen Gnade und
dem erhaltnen wichtigen Beyfall. — Seine De-
clamirkrankheit geht in Declamirwuth uͤber. Wer
ihm von Bekannten und halb Bekannten begegnet,
muß ihn anhoͤren. — Er ſchreibt Verſammlun-
gen uͤber Verſammlungen aus — und iſt jetzt faſt
mit ſich einig, daß er der erſte, oder doch der zwey-
te Declamateur in Deutſchland ſey. Nun koͤnnen
ihm ſelbſt die offenbarſten Verſpottungen nicht mehr
ſeinen Wahn benehmen. Er wird waͤhrend des
Declamirens geſtoßen und gehoͤhnet, nichts ſtoͤrt ihn,
„er will gern, ſagt er, ſeinen Zuhoͤrern das Ver-
gnuͤgen goͤnnen, ihr Kurzweil zu haben,„ und ver-
theidigt ſeine Beleidiger heftig gegen die, welche
ihn bedauren. So viel ich weiß, iſt er noch nicht
von
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |