Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.uns Weihrauch zu streuen. Was kann die So- Ganz gemeine Seelen sind dieser Bestrebung selbst *) Herostratus wollte den Tempel der Diana zu Ephesus zerstören; wie man sagt, um sich nach dem Tode noch nennen zu lassen. Gg 4
uns Weihrauch zu ſtreuen. Was kann die So- Ganz gemeine Seelen ſind dieſer Beſtrebung ſelbſt *) Heroſtratus wollte den Tempel der Diana zu Epheſus zerſtoͤren; wie man ſagt, um ſich nach dem Tode noch nennen zu laſſen. Gg 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0187" n="471"/> uns Weihrauch zu ſtreuen. Was kann die So-<lb/> liditaͤt des Ruhms ſichrer beweiſen, als die lange<lb/> Dauer deſſelben? Was herzerhebender und ſuͤ-<lb/> ßer ſeyn, als der Gedanke, auch dann, wenn<lb/> man nicht mehr unter den Menſchen lebt, doch<lb/> noch auf Menſchen zu wirken? —</p><lb/> <p>Ganz gemeine Seelen ſind dieſer Beſtrebung<lb/> um Nachruhm nicht faͤhig. Jhr Geſichtskreis<lb/> wird von dem heutigen Tag und den ſie zunaͤchſt<lb/> umgebenden Gegenſtaͤnden begraͤnzt. Um durch<lb/> ſolche Motive beſtimmt zu werden, die uͤber die<lb/> Zeit des Genießens auf Erden hinaus liegen, wird<lb/> Kraft erfordert zu Aufopferungen, Reizbarkeit<lb/> des Herzens fuͤr große Gedanken, ein Blick in die<lb/> Ewigkeit. Heroſtratiſche<note place="foot" n="*)">Heroſtratus wollte den Tempel der Diana zu<lb/> Epheſus zerſtoͤren; wie man ſagt, um ſich nach dem<lb/> Tode noch nennen zu laſſen.</note> Bemuͤhung um<lb/> Nachruhm iſt Unſinn; denn nur bey voͤllig ver-<lb/> blendeter Vernunft und voͤlliger Trunkenheit der<lb/> Sinne kann man den Einfall bekommen, durch<lb/> Zerſtoͤrung ohne Zweck und empoͤrende Thaten,<lb/> ſeinem Namen Unſterblichkeit zu verſchaffen. Es<lb/> giebt deren freylich Mehrere, die den Anſchein ha-<lb/> ben, als wollten ſie durch ihre Unthaten bewirken,<lb/> daß das Aufſehn, welches ſie machen, auch nach<lb/> ihrem Tode noch fortdaure; aber, wenn dies<lb/> gleich geſchieht, ſo glaub' ich doch kaum, daß ſie<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Gg 4</fw><fw place="bottom" type="catch">ſelbſt</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [471/0187]
uns Weihrauch zu ſtreuen. Was kann die So-
liditaͤt des Ruhms ſichrer beweiſen, als die lange
Dauer deſſelben? Was herzerhebender und ſuͤ-
ßer ſeyn, als der Gedanke, auch dann, wenn
man nicht mehr unter den Menſchen lebt, doch
noch auf Menſchen zu wirken? —
Ganz gemeine Seelen ſind dieſer Beſtrebung
um Nachruhm nicht faͤhig. Jhr Geſichtskreis
wird von dem heutigen Tag und den ſie zunaͤchſt
umgebenden Gegenſtaͤnden begraͤnzt. Um durch
ſolche Motive beſtimmt zu werden, die uͤber die
Zeit des Genießens auf Erden hinaus liegen, wird
Kraft erfordert zu Aufopferungen, Reizbarkeit
des Herzens fuͤr große Gedanken, ein Blick in die
Ewigkeit. Heroſtratiſche *) Bemuͤhung um
Nachruhm iſt Unſinn; denn nur bey voͤllig ver-
blendeter Vernunft und voͤlliger Trunkenheit der
Sinne kann man den Einfall bekommen, durch
Zerſtoͤrung ohne Zweck und empoͤrende Thaten,
ſeinem Namen Unſterblichkeit zu verſchaffen. Es
giebt deren freylich Mehrere, die den Anſchein ha-
ben, als wollten ſie durch ihre Unthaten bewirken,
daß das Aufſehn, welches ſie machen, auch nach
ihrem Tode noch fortdaure; aber, wenn dies
gleich geſchieht, ſo glaub' ich doch kaum, daß ſie
ſelbſt
*) Heroſtratus wollte den Tempel der Diana zu
Epheſus zerſtoͤren; wie man ſagt, um ſich nach dem
Tode noch nennen zu laſſen.
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