Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

Bild:
<< vorherige Seite

wieder finden -- ich bin bereit, mit ihm zu
sterben." --

Seufzer und Klagen unterbrachen ihn. Jn-
dem erhielt Vaillant Gelegenheit, den Elephan-
ten durch einen Schuß von hinten in Schrecken
zu setzen, und zu verjagen. Dieser Schuß war
für seine Begleiter ein Signal der Freude, und
eine Quelle des Muths. Sie liefen alle herbey,
und Klaas stürzte sich mit der heftigsten Freude
der Liebe in die Arme seines Herrn, küßte sein Ge-
sicht und seine Kleider, und konnte sich lange nicht
von ihm loßreißen. Und alle übrigen Hotten-
totten
stellten sich um ihn her in reuiger, bittender
Stellung, und ihre ausgestreckten Hände baten
um Verzeihung, daß sie nicht Muth genug ge-
habt hatten, ihre Liebe in dieser Gefahr zu be-
weisen*).

Wie unschuldig und herzlich sind die Aeuße-
rungen der Liebe der jungen Hottentottin, welche
auf das Herz des Herrn Vaillants einen starken
Eindruck gemacht zu haben scheint! Er gab ihr
den Namen Narina, weil er den ihrigen nicht
gut aussprechen konnte, und sie versprach, diesen
Namen, so lange sie lebe, zu führen, zum An-
denken seiner Anwesenheit in ihrem Vaterlande
und ihrer Liebe zu ihm**). Er bezeugte ihr sein

Miß-
*) Daselbst. 1. Th. 174 ff.
**) Das. 305.
Ji 4

wieder finden — ich bin bereit, mit ihm zu
ſterben.„ —

Seufzer und Klagen unterbrachen ihn. Jn-
dem erhielt Vaillant Gelegenheit, den Elephan-
ten durch einen Schuß von hinten in Schrecken
zu ſetzen, und zu verjagen. Dieſer Schuß war
fuͤr ſeine Begleiter ein Signal der Freude, und
eine Quelle des Muths. Sie liefen alle herbey,
und Klaas ſtuͤrzte ſich mit der heftigſten Freude
der Liebe in die Arme ſeines Herrn, kuͤßte ſein Ge-
ſicht und ſeine Kleider, und konnte ſich lange nicht
von ihm loßreißen. Und alle uͤbrigen Hotten-
totten
ſtellten ſich um ihn her in reuiger, bittender
Stellung, und ihre ausgeſtreckten Haͤnde baten
um Verzeihung, daß ſie nicht Muth genug ge-
habt hatten, ihre Liebe in dieſer Gefahr zu be-
weiſen*).

Wie unſchuldig und herzlich ſind die Aeuße-
rungen der Liebe der jungen Hottentottin, welche
auf das Herz des Herrn Vaillants einen ſtarken
Eindruck gemacht zu haben ſcheint! Er gab ihr
den Namen Narina, weil er den ihrigen nicht
gut ausſprechen konnte, und ſie verſprach, dieſen
Namen, ſo lange ſie lebe, zu fuͤhren, zum An-
denken ſeiner Anweſenheit in ihrem Vaterlande
und ihrer Liebe zu ihm**). Er bezeugte ihr ſein

Miß-
*) Daſelbſt. 1. Th. 174 ff.
**) Daſ. 305.
Ji 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0219" n="503"/>
wieder finden &#x2014; ich bin bereit, mit ihm zu<lb/>
&#x017F;terben.&#x201E; &#x2014;</p><lb/>
          <p>Seufzer und Klagen unterbrachen ihn. Jn-<lb/>
dem erhielt <hi rendition="#b">Vaillant</hi> Gelegenheit, den Elephan-<lb/>
ten durch einen Schuß von hinten in Schrecken<lb/>
zu &#x017F;etzen, und zu verjagen. Die&#x017F;er Schuß war<lb/>
fu&#x0364;r &#x017F;eine Begleiter ein Signal der Freude, und<lb/>
eine Quelle des Muths. Sie liefen alle herbey,<lb/>
und <hi rendition="#b">Klaas</hi> &#x017F;tu&#x0364;rzte &#x017F;ich mit der heftig&#x017F;ten Freude<lb/>
der Liebe in die Arme &#x017F;eines Herrn, ku&#x0364;ßte &#x017F;ein Ge-<lb/>
&#x017F;icht und &#x017F;eine Kleider, und konnte &#x017F;ich lange nicht<lb/>
von ihm loßreißen. Und alle u&#x0364;brigen <hi rendition="#b">Hotten-<lb/>
totten</hi> &#x017F;tellten &#x017F;ich um ihn her in reuiger, bittender<lb/>
Stellung, und ihre ausge&#x017F;treckten Ha&#x0364;nde baten<lb/>
um Verzeihung, daß &#x017F;ie nicht Muth genug ge-<lb/>
habt hatten, ihre Liebe in die&#x017F;er Gefahr zu be-<lb/>
wei&#x017F;en<note place="foot" n="*)">Da&#x017F;elb&#x017F;t. 1. Th. 174 ff.</note>.</p><lb/>
          <p>Wie un&#x017F;chuldig und herzlich &#x017F;ind die Aeuße-<lb/>
rungen der Liebe der jungen Hottentottin, welche<lb/>
auf das Herz des Herrn <hi rendition="#b">Vaillants</hi> einen &#x017F;tarken<lb/>
Eindruck gemacht zu haben &#x017F;cheint! Er gab ihr<lb/>
den Namen <hi rendition="#b">Narina</hi>, weil er den ihrigen nicht<lb/>
gut aus&#x017F;prechen konnte, und &#x017F;ie ver&#x017F;prach, die&#x017F;en<lb/>
Namen, &#x017F;o lange &#x017F;ie lebe, zu fu&#x0364;hren, zum An-<lb/>
denken &#x017F;einer Anwe&#x017F;enheit in ihrem Vaterlande<lb/>
und ihrer Liebe zu ihm<note place="foot" n="**)">Da&#x017F;. 305.</note>. Er bezeugte ihr &#x017F;ein<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">Ji 4</fw><fw place="bottom" type="catch">Miß-</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[503/0219] wieder finden — ich bin bereit, mit ihm zu ſterben.„ — Seufzer und Klagen unterbrachen ihn. Jn- dem erhielt Vaillant Gelegenheit, den Elephan- ten durch einen Schuß von hinten in Schrecken zu ſetzen, und zu verjagen. Dieſer Schuß war fuͤr ſeine Begleiter ein Signal der Freude, und eine Quelle des Muths. Sie liefen alle herbey, und Klaas ſtuͤrzte ſich mit der heftigſten Freude der Liebe in die Arme ſeines Herrn, kuͤßte ſein Ge- ſicht und ſeine Kleider, und konnte ſich lange nicht von ihm loßreißen. Und alle uͤbrigen Hotten- totten ſtellten ſich um ihn her in reuiger, bittender Stellung, und ihre ausgeſtreckten Haͤnde baten um Verzeihung, daß ſie nicht Muth genug ge- habt hatten, ihre Liebe in dieſer Gefahr zu be- weiſen *). Wie unſchuldig und herzlich ſind die Aeuße- rungen der Liebe der jungen Hottentottin, welche auf das Herz des Herrn Vaillants einen ſtarken Eindruck gemacht zu haben ſcheint! Er gab ihr den Namen Narina, weil er den ihrigen nicht gut ausſprechen konnte, und ſie verſprach, dieſen Namen, ſo lange ſie lebe, zu fuͤhren, zum An- denken ſeiner Anweſenheit in ihrem Vaterlande und ihrer Liebe zu ihm **). Er bezeugte ihr ſein Miß- *) Daſelbſt. 1. Th. 174 ff. **) Daſ. 305. Ji 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/219
Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 503. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/219>, abgerufen am 24.11.2024.