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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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Wer ein Herz voll grober, unbändiger Be-
gierden und zügelloser Leidenschaften hat, und sei-
ne Gesinnungen und Handlungen nicht von der
Vernunft regieren, sondern von unreiner Sinn-
lichkeit und ausschweifender Phantasie tyrannisi-
ren läßt, des Widerwillen gegen Andere kann
Uebelwollen, Bosheit, Haß im engsten Sinne
des Worts werden.

Wie der Eber, wenn das Netz des Jägers
ihn aufhält, wüthet und tobet und schnaubt, und
alles zerreißt, zertritt und zermalmet, was sich
ihm entgegenstellt; so der Haß in dem Herzen
des Menschen oder Unmenschen, der sein fähig
ist. Zerstörung des Gehaßten ist sein ewiges Be-
streben; nichts ihm zu heilig; das Flehn der Liebe
rührt ihn nicht; den Rath des Verstandes hört
er nicht; die Befehle der Moralität und die Ge-
setze der Gerechtigkeit weiset er rebellisch zurück.
-- -- nec miseri possunt revocare parentes,
Nec moritura super crudeli funere virgo
*).

Heimlich oder öffentlich sucht er dem Gehaß-
ten zu schaden, und empfindet eine teuflische Freu-
de, wenn ihm ein Bubenstück wider denselben ge-

lingt.
*) -- -- ihn hemmt nicht das Bild der elenden
Eltern,
Nicht der verzweifelnden Braut, die auf kläglicher
Leiche dahin stirbt.

Virgils Landbau, B. 3. V. 262. 263.

Wer ein Herz voll grober, unbaͤndiger Be-
gierden und zuͤgelloſer Leidenſchaften hat, und ſei-
ne Geſinnungen und Handlungen nicht von der
Vernunft regieren, ſondern von unreiner Sinn-
lichkeit und ausſchweifender Phantaſie tyranniſi-
ren laͤßt, des Widerwillen gegen Andere kann
Uebelwollen, Bosheit, Haß im engſten Sinne
des Worts werden.

Wie der Eber, wenn das Netz des Jaͤgers
ihn aufhaͤlt, wuͤthet und tobet und ſchnaubt, und
alles zerreißt, zertritt und zermalmet, was ſich
ihm entgegenſtellt; ſo der Haß in dem Herzen
des Menſchen oder Unmenſchen, der ſein faͤhig
iſt. Zerſtoͤrung des Gehaßten iſt ſein ewiges Be-
ſtreben; nichts ihm zu heilig; das Flehn der Liebe
ruͤhrt ihn nicht; den Rath des Verſtandes hoͤrt
er nicht; die Befehle der Moralitaͤt und die Ge-
ſetze der Gerechtigkeit weiſet er rebelliſch zuruͤck.
— — nec miſeri poſſunt revocare parentes,
Nec moritura ſuper crudeli funere virgo
*).

Heimlich oder oͤffentlich ſucht er dem Gehaß-
ten zu ſchaden, und empfindet eine teufliſche Freu-
de, wenn ihm ein Bubenſtuͤck wider denſelben ge-

lingt.
*) — — ihn hemmt nicht das Bild der elenden
Eltern,
Nicht der verzweifelnden Braut, die auf klaͤglicher
Leiche dahin ſtirbt.

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[570/0286] Wer ein Herz voll grober, unbaͤndiger Be- gierden und zuͤgelloſer Leidenſchaften hat, und ſei- ne Geſinnungen und Handlungen nicht von der Vernunft regieren, ſondern von unreiner Sinn- lichkeit und ausſchweifender Phantaſie tyranniſi- ren laͤßt, des Widerwillen gegen Andere kann Uebelwollen, Bosheit, Haß im engſten Sinne des Worts werden. Wie der Eber, wenn das Netz des Jaͤgers ihn aufhaͤlt, wuͤthet und tobet und ſchnaubt, und alles zerreißt, zertritt und zermalmet, was ſich ihm entgegenſtellt; ſo der Haß in dem Herzen des Menſchen oder Unmenſchen, der ſein faͤhig iſt. Zerſtoͤrung des Gehaßten iſt ſein ewiges Be- ſtreben; nichts ihm zu heilig; das Flehn der Liebe ruͤhrt ihn nicht; den Rath des Verſtandes hoͤrt er nicht; die Befehle der Moralitaͤt und die Ge- ſetze der Gerechtigkeit weiſet er rebelliſch zuruͤck. — — nec miſeri poſſunt revocare parentes, Nec moritura ſuper crudeli funere virgo *). Heimlich oder oͤffentlich ſucht er dem Gehaß- ten zu ſchaden, und empfindet eine teufliſche Freu- de, wenn ihm ein Bubenſtuͤck wider denſelben ge- lingt. *) — — ihn hemmt nicht das Bild der elenden Eltern, Nicht der verzweifelnden Braut, die auf klaͤglicher Leiche dahin ſtirbt. Virgils Landbau, B. 3. V. 262. 263.

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 570. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/286>, abgerufen am 22.11.2024.