Der Jugend Rosenbahn zurückzueilen, Des Lebens Traum noch einmal durchzuträumen. Wie groß und süß in seines Kindes Tugend Unsterblich, unvergänglich fortzudauern, Wohlthätig für Jahrhunderte, -- wie schön Und göttlich groß, im Orient des Sohnes Noch einmal zu der Nachwelt umzukehren, Der Sonne gleich, die in der Spiegelscheibe Des Mondes wieder aufersteht -- wie süß Zu pflanzen, was ein lieber Sohn einst erndtet, Zu sammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnden, Wie hoch sein Dank einst flammen wird. --
Gleicher Enthusiasmus spricht während der ganzen Unterredung mit seinem Vater aus dem edlen Prinzen, und selbst die Weigerung des har- ten Philipps, der Thatenbegierde seines Sohnes die Schranken zu öfnen, löscht die starke Flamme nicht aus, die in seinem Busen lodert. Er ver- läßt seinen Vater, ohne zu klagen*).
Da also der Enthusiasmus in der Bewegung aller Gefühle und Belebung aller Triebe und Kräf- te für das Gute und Große besteht; so wird er dann hervorgebracht werden, wenn das Gute und Große sich in einer Gestalt zeigt, die von dem Herzen umfaßt werden kann.
Die Gesetze der reinen Moral, die Regeln des Tugendlehrers sind es nicht, die den Enthu-
sias-
*) Schillers Dom Karlos, zweyter Akt.
Der Jugend Roſenbahn zuruͤckzueilen, Des Lebens Traum noch einmal durchzutraͤumen. Wie groß und ſuͤß in ſeines Kindes Tugend Unſterblich, unvergaͤnglich fortzudauern, Wohlthaͤtig fuͤr Jahrhunderte, — wie ſchoͤn Und goͤttlich groß, im Orient des Sohnes Noch einmal zu der Nachwelt umzukehren, Der Sonne gleich, die in der Spiegelſcheibe Des Mondes wieder auferſteht — wie ſuͤß Zu pflanzen, was ein lieber Sohn einſt erndtet, Zu ſammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnden, Wie hoch ſein Dank einſt flammen wird. —
Gleicher Enthuſiasmus ſpricht waͤhrend der ganzen Unterredung mit ſeinem Vater aus dem edlen Prinzen, und ſelbſt die Weigerung des har- ten Philipps, der Thatenbegierde ſeines Sohnes die Schranken zu oͤfnen, loͤſcht die ſtarke Flamme nicht aus, die in ſeinem Buſen lodert. Er ver- laͤßt ſeinen Vater, ohne zu klagen*).
Da alſo der Enthuſiasmus in der Bewegung aller Gefuͤhle und Belebung aller Triebe und Kraͤf- te fuͤr das Gute und Große beſteht; ſo wird er dann hervorgebracht werden, wenn das Gute und Große ſich in einer Geſtalt zeigt, die von dem Herzen umfaßt werden kann.
Die Geſetze der reinen Moral, die Regeln des Tugendlehrers ſind es nicht, die den Enthu-
ſias-
*) Schillers Dom Karlos, zweyter Akt.
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Der Jugend Roſenbahn zuruͤckzueilen,
Des Lebens Traum noch einmal durchzutraͤumen.
Wie groß und ſuͤß in ſeines Kindes Tugend
Unſterblich, unvergaͤnglich fortzudauern,
Wohlthaͤtig fuͤr Jahrhunderte, — wie ſchoͤn
Und goͤttlich groß, im Orient des Sohnes
Noch einmal zu der Nachwelt umzukehren,
Der Sonne gleich, die in der Spiegelſcheibe
Des Mondes wieder auferſteht — wie ſuͤß
Zu pflanzen, was ein lieber Sohn einſt erndtet,
Zu ſammeln, was ihm wuchern wird, zu ahnden,
Wie hoch ſein Dank einſt flammen wird. —
Gleicher Enthuſiasmus ſpricht waͤhrend der
ganzen Unterredung mit ſeinem Vater aus dem
edlen Prinzen, und ſelbſt die Weigerung des har-
ten Philipps, der Thatenbegierde ſeines Sohnes
die Schranken zu oͤfnen, loͤſcht die ſtarke Flamme
nicht aus, die in ſeinem Buſen lodert. Er ver-
laͤßt ſeinen Vater, ohne zu klagen *).
Da alſo der Enthuſiasmus in der Bewegung
aller Gefuͤhle und Belebung aller Triebe und Kraͤf-
te fuͤr das Gute und Große beſteht; ſo wird er
dann hervorgebracht werden, wenn das Gute und
Große ſich in einer Geſtalt zeigt, die von dem
Herzen umfaßt werden kann.
Die Geſetze der reinen Moral, die Regeln
des Tugendlehrers ſind es nicht, die den Enthu-
ſias-
*) Schillers Dom Karlos, zweyter Akt.
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 578. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/294>, abgerufen am 22.11.2024.
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