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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.

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Wie weise der erhabne Lehrer des Christen-
thums handelte, daß er die Liebe zur Grundlage
seiner Religion machte, wird jeder fühlen, der
die Stimmung seines Herzens in den Armen der
Liebe und Freundschaft beobachtete. Liebe und
Freundschaft geben dem Menschen seine natürliche
Unschuld wieder, unterdrücken alle Gefühle und
Neigungen, die dem Edlen und Guten entgegen
sind, und machen das Herz gegen die leiseste Stim-
me der Pflicht empfindlich.

Rührung der Sympathie ist ihrem Wesen
nach eins mit der moralischen Rührung; nur daß
jene sich vorzüglich in der Bereitwilligkeit äußert,
Theil zu nehmen an den Schicksalen der Menschen,
sich ihrer Freude zu freuen, und mit ihnen zu
leiden. Unschuld, Einfalt und Wahrheit der
Gefühle bringen sie hervor.

Wer wird nicht gerührt, wenn der vortref-
liche Fest*) in den Vorerinnerungen zu seinem
Versuch über das Leiden, sein eignes, schweres
Leiden mit kunstloser Einfalt erzählt?

Wer wird nicht gerührt, wenn der wahrhaf-
tig practische Weltweise, Garve, seine eigne
körperliche Schwäche segnet?*)

Und
*) S. Versuch über die Vortheile der Leidenden und
Widerwärtigkeiten des menschlichen Lebens, von
Johann Samuel Fest. 2 Theile.
*) Philos. Amerk. z. Cicero v. d. Pflichten. 2. Th. 625.

Wie weiſe der erhabne Lehrer des Chriſten-
thums handelte, daß er die Liebe zur Grundlage
ſeiner Religion machte, wird jeder fuͤhlen, der
die Stimmung ſeines Herzens in den Armen der
Liebe und Freundſchaft beobachtete. Liebe und
Freundſchaft geben dem Menſchen ſeine natuͤrliche
Unſchuld wieder, unterdruͤcken alle Gefuͤhle und
Neigungen, die dem Edlen und Guten entgegen
ſind, und machen das Herz gegen die leiſeſte Stim-
me der Pflicht empfindlich.

Ruͤhrung der Sympathie iſt ihrem Weſen
nach eins mit der moraliſchen Ruͤhrung; nur daß
jene ſich vorzuͤglich in der Bereitwilligkeit aͤußert,
Theil zu nehmen an den Schickſalen der Menſchen,
ſich ihrer Freude zu freuen, und mit ihnen zu
leiden. Unſchuld, Einfalt und Wahrheit der
Gefuͤhle bringen ſie hervor.

Wer wird nicht geruͤhrt, wenn der vortref-
liche Feſt*) in den Vorerinnerungen zu ſeinem
Verſuch uͤber das Leiden, ſein eignes, ſchweres
Leiden mit kunſtloſer Einfalt erzaͤhlt?

Wer wird nicht geruͤhrt, wenn der wahrhaf-
tig practiſche Weltweiſe, Garve, ſeine eigne
koͤrperliche Schwaͤche ſegnet?*)

Und
*) S. Verſuch uͤber die Vortheile der Leidenden und
Widerwaͤrtigkeiten des menſchlichen Lebens, von
Johann Samuel Feſt. 2 Theile.
*) Philoſ. Amerk. z. Cicero v. d. Pflichten. 2. Th. 625.
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[590/0306] Wie weiſe der erhabne Lehrer des Chriſten- thums handelte, daß er die Liebe zur Grundlage ſeiner Religion machte, wird jeder fuͤhlen, der die Stimmung ſeines Herzens in den Armen der Liebe und Freundſchaft beobachtete. Liebe und Freundſchaft geben dem Menſchen ſeine natuͤrliche Unſchuld wieder, unterdruͤcken alle Gefuͤhle und Neigungen, die dem Edlen und Guten entgegen ſind, und machen das Herz gegen die leiſeſte Stim- me der Pflicht empfindlich. Ruͤhrung der Sympathie iſt ihrem Weſen nach eins mit der moraliſchen Ruͤhrung; nur daß jene ſich vorzuͤglich in der Bereitwilligkeit aͤußert, Theil zu nehmen an den Schickſalen der Menſchen, ſich ihrer Freude zu freuen, und mit ihnen zu leiden. Unſchuld, Einfalt und Wahrheit der Gefuͤhle bringen ſie hervor. Wer wird nicht geruͤhrt, wenn der vortref- liche Feſt *) in den Vorerinnerungen zu ſeinem Verſuch uͤber das Leiden, ſein eignes, ſchweres Leiden mit kunſtloſer Einfalt erzaͤhlt? Wer wird nicht geruͤhrt, wenn der wahrhaf- tig practiſche Weltweiſe, Garve, ſeine eigne koͤrperliche Schwaͤche ſegnet? *) Und *) S. Verſuch uͤber die Vortheile der Leidenden und Widerwaͤrtigkeiten des menſchlichen Lebens, von Johann Samuel Feſt. 2 Theile. *) Philoſ. Amerk. z. Cicero v. d. Pflichten. 2. Th. 625.

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Zitationshilfe: Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 590. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/306>, abgerufen am 22.11.2024.