das Andere besiegt; wenn Er, dessen Auge über die halbe Welt wachte, dessen Hand das Steuer- ruder des Reichs selbst führte, und dessen Königs- Geschäfte für eines Menschen Kraft kaum aus- führbar schienen, noch in seinen unsterblichen Werken Beweise seines häufigen Umgangs mit den Musen vor Augen stellt; so bewundern wir ihn.
Verwunderung und Bewunderung setzen bey- de voraus, daß etwas mit unsern Vorstellungen nicht zusammenpaßt: nur daß der Affekt der Verwunderung aus der Verschiedenheit des Gegenstandes von den Vorstellungen, die Be- wunderung aber aus der Erhabenheit desselben über die Vorstellungen entspringt.
Sobald man sich das, worüber man sich verwunderte, erklären, d. h. mit seinen übrigen Vorstellungen zusammenreimen; und so bald man das, was man bewunderte, begreifen, d. h. sich eine solche Kraft und eine solche Wirkung als sehr gut möglich, eine solche Größe, als gewöhnlich, denken kann, so hört in dem einen Fall die Ver- wunderung, in dem andern die Bewunderung auf.
Wenn der Freund, über dessen unvermuthe- te Ankunft ich mich verwunderte, mir sagt, daß er schon um die und die Zeit von dem Orte, wo ich ihn noch gegenwärtig glaubte, abgereiset sey;
und
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das Andere beſiegt; wenn Er, deſſen Auge uͤber die halbe Welt wachte, deſſen Hand das Steuer- ruder des Reichs ſelbſt fuͤhrte, und deſſen Koͤnigs- Geſchaͤfte fuͤr eines Menſchen Kraft kaum aus- fuͤhrbar ſchienen, noch in ſeinen unſterblichen Werken Beweiſe ſeines haͤufigen Umgangs mit den Muſen vor Augen ſtellt; ſo bewundern wir ihn.
Verwunderung und Bewunderung ſetzen bey- de voraus, daß etwas mit unſern Vorſtellungen nicht zuſammenpaßt: nur daß der Affekt der Verwunderung aus der Verſchiedenheit des Gegenſtandes von den Vorſtellungen, die Be- wunderung aber aus der Erhabenheit deſſelben uͤber die Vorſtellungen entſpringt.
Sobald man ſich das, woruͤber man ſich verwunderte, erklaͤren, d. h. mit ſeinen uͤbrigen Vorſtellungen zuſammenreimen; und ſo bald man das, was man bewunderte, begreifen, d. h. ſich eine ſolche Kraft und eine ſolche Wirkung als ſehr gut moͤglich, eine ſolche Groͤße, als gewoͤhnlich, denken kann, ſo hoͤrt in dem einen Fall die Ver- wunderung, in dem andern die Bewunderung auf.
Wenn der Freund, uͤber deſſen unvermuthe- te Ankunft ich mich verwunderte, mir ſagt, daß er ſchon um die und die Zeit von dem Orte, wo ich ihn noch gegenwaͤrtig glaubte, abgereiſet ſey;
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[593/0309]
das Andere beſiegt; wenn Er, deſſen Auge uͤber
die halbe Welt wachte, deſſen Hand das Steuer-
ruder des Reichs ſelbſt fuͤhrte, und deſſen Koͤnigs-
Geſchaͤfte fuͤr eines Menſchen Kraft kaum aus-
fuͤhrbar ſchienen, noch in ſeinen unſterblichen
Werken Beweiſe ſeines haͤufigen Umgangs mit
den Muſen vor Augen ſtellt; ſo bewundern
wir ihn.
Verwunderung und Bewunderung ſetzen bey-
de voraus, daß etwas mit unſern Vorſtellungen
nicht zuſammenpaßt: nur daß der Affekt der
Verwunderung aus der Verſchiedenheit des
Gegenſtandes von den Vorſtellungen, die Be-
wunderung aber aus der Erhabenheit deſſelben
uͤber die Vorſtellungen entſpringt.
Sobald man ſich das, woruͤber man ſich
verwunderte, erklaͤren, d. h. mit ſeinen uͤbrigen
Vorſtellungen zuſammenreimen; und ſo bald man
das, was man bewunderte, begreifen, d. h. ſich
eine ſolche Kraft und eine ſolche Wirkung als ſehr
gut moͤglich, eine ſolche Groͤße, als gewoͤhnlich,
denken kann, ſo hoͤrt in dem einen Fall die Ver-
wunderung, in dem andern die Bewunderung
auf.
Wenn der Freund, uͤber deſſen unvermuthe-
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Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 593. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/309>, abgerufen am 22.11.2024.
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