Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.oder von dem man viel Freude gehoft hatte, so Wenn die Traurigkeit allen Muth benimmt, Uebel *) Betrübniß, in so fern sie das Herz mit bangen
Sorgen erfüllt, ist Kummer, und so fern ihre Aeußerungen andeuten, daß vorzüglich die zarten Gefühle des Herzens, als Liebe, Freundschaft, ge- kränkt sind, Wehmuth. Betrübniß über diejeni- gen Unvollkommenheiten innigst geliebter Personen, welche man für die größten hält, heißt Herzeleid, und so fern sie in lauten Klagen, Wimmern, Seuf- zen ausbricht, Jammer. oder von dem man viel Freude gehoft hatte, ſo Wenn die Traurigkeit allen Muth benimmt, Uebel *) Betruͤbniß, in ſo fern ſie das Herz mit bangen
Sorgen erfuͤllt, iſt Kummer, und ſo fern ihre Aeußerungen andeuten, daß vorzuͤglich die zarten Gefuͤhle des Herzens, als Liebe, Freundſchaft, ge- kraͤnkt ſind, Wehmuth. Betruͤbniß uͤber diejeni- gen Unvollkommenheiten innigſt geliebter Perſonen, welche man fuͤr die groͤßten haͤlt, heißt Herzeleid, und ſo fern ſie in lauten Klagen, Wimmern, Seuf- zen ausbricht, Jammer. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0323" n="607"/> oder von dem man viel Freude gehoft hatte, ſo<lb/> iſt ſie <hi rendition="#b">Betruͤbniß</hi>. Der Verluſt unſrer Lieben,<lb/> die Trennung von unſern Freunden, getaͤuſchte<lb/> Hofnungen und mißlungene Plane betruͤben uns.<lb/> Der Traurige weiß oft ſelbſt nicht die Urſache ſei-<lb/> ner Traurigkeit anzugeben; der Betruͤbte iſt ſich<lb/> derſelben ſehr gut bewußt, denkt immer daran, und<lb/> wird durch die Gedanken, an das Gute, deſſen<lb/> er beraubt wurde, noch tiefer zu Boden ge-<lb/> ſchlagen<note place="foot" n="*)">Betruͤbniß, in ſo fern ſie das Herz mit bangen<lb/> Sorgen erfuͤllt, iſt <hi rendition="#fr">Kummer</hi>, und ſo fern ihre<lb/> Aeußerungen andeuten, daß vorzuͤglich die zarten<lb/> Gefuͤhle des Herzens, als Liebe, Freundſchaft, ge-<lb/> kraͤnkt ſind, <hi rendition="#fr">Wehmuth</hi>. Betruͤbniß uͤber diejeni-<lb/> gen Unvollkommenheiten innigſt geliebter Perſonen,<lb/> welche man fuͤr die groͤßten haͤlt, heißt <hi rendition="#fr">Herzeleid</hi>,<lb/> und ſo fern ſie in lauten Klagen, Wimmern, Seuf-<lb/> zen ausbricht, <hi rendition="#fr">Jammer</hi>.</note>.</p><lb/> <p>Wenn die Traurigkeit allen Muth benimmt,<lb/> ſich nirgends eine Ausſicht zur Befreyung von dem<lb/> Leiden, nirgends ein Troſt zeigt; wenn man unter<lb/> der Laſt des Elends erliegen zu muͤſſen glaubt, iſt<lb/> die Traurigkeit <hi rendition="#b">Schwermuth</hi>. Der, welcher<lb/> ſchwach und kleinmuͤthig iſt, wird leicht von ihr<lb/> zu Boden gedruͤckt. Seht jenen Ungluͤcklichen,<lb/> dem der giftige Zahn des Hypochonders an dem<lb/> Mark des Lebens nagt, wie ihn jeder Schein von<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Uebel</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [607/0323]
oder von dem man viel Freude gehoft hatte, ſo
iſt ſie Betruͤbniß. Der Verluſt unſrer Lieben,
die Trennung von unſern Freunden, getaͤuſchte
Hofnungen und mißlungene Plane betruͤben uns.
Der Traurige weiß oft ſelbſt nicht die Urſache ſei-
ner Traurigkeit anzugeben; der Betruͤbte iſt ſich
derſelben ſehr gut bewußt, denkt immer daran, und
wird durch die Gedanken, an das Gute, deſſen
er beraubt wurde, noch tiefer zu Boden ge-
ſchlagen *).
Wenn die Traurigkeit allen Muth benimmt,
ſich nirgends eine Ausſicht zur Befreyung von dem
Leiden, nirgends ein Troſt zeigt; wenn man unter
der Laſt des Elends erliegen zu muͤſſen glaubt, iſt
die Traurigkeit Schwermuth. Der, welcher
ſchwach und kleinmuͤthig iſt, wird leicht von ihr
zu Boden gedruͤckt. Seht jenen Ungluͤcklichen,
dem der giftige Zahn des Hypochonders an dem
Mark des Lebens nagt, wie ihn jeder Schein von
Uebel
*) Betruͤbniß, in ſo fern ſie das Herz mit bangen
Sorgen erfuͤllt, iſt Kummer, und ſo fern ihre
Aeußerungen andeuten, daß vorzuͤglich die zarten
Gefuͤhle des Herzens, als Liebe, Freundſchaft, ge-
kraͤnkt ſind, Wehmuth. Betruͤbniß uͤber diejeni-
gen Unvollkommenheiten innigſt geliebter Perſonen,
welche man fuͤr die groͤßten haͤlt, heißt Herzeleid,
und ſo fern ſie in lauten Klagen, Wimmern, Seuf-
zen ausbricht, Jammer.
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Zitationshilfe: | Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791, S. 607. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schaumann_psyche02_1791/323>, abgerufen am 27.07.2024. |