Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.liche Weise vielleicht nicht ohne Nutzen wirksam Auf diese Kraft, welche eine wahrgenomme- Es *) Niemand hat sich öfter an den großen Einfluß des
Beyspiels auf das menschliche Herz zu erinnern, als diejenigen, welche ihre Brüder lehren und bilden sollen. Die feinste Lehre und die treflichste Moral wirkt das nicht, was sie wirken könnte, wenn das Leben des Lehrers und des Moralisten nicht mit seiner Lehre übereinstimmt. Ja, -- je aner- kannt vortreflicher ein Lehrer, als Lehrer ist; des sto nachtheiliger kann er für die, die er bilden soll, werden, wenn er kein guter Mensch ist. Der schon gebildete und feste moralische Charakter wird frey- liche Weiſe vielleicht nicht ohne Nutzen wirkſam Auf dieſe Kraft, welche eine wahrgenomme- Es *) Niemand hat ſich oͤfter an den großen Einfluß des
Beyſpiels auf das menſchliche Herz zu erinnern, als diejenigen, welche ihre Bruͤder lehren und bilden ſollen. Die feinſte Lehre und die treflichſte Moral wirkt das nicht, was ſie wirken koͤnnte, wenn das Leben des Lehrers und des Moraliſten nicht mit ſeiner Lehre uͤbereinſtimmt. Ja, — je aner- kannt vortreflicher ein Lehrer, als Lehrer iſt; des ſto nachtheiliger kann er fuͤr die, die er bilden ſoll, werden, wenn er kein guter Menſch iſt. Der ſchon gebildete und feſte moraliſche Charakter wird frey- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0067" n="351"/> liche Weiſe vielleicht nicht ohne Nutzen wirkſam<lb/> ſeyn koͤnnten.</p><lb/> <p>Auf dieſe Kraft, welche eine wahrgenomme-<lb/> ne Handlung hat, den Wahrnehmenden zu ihrer<lb/> Nachbildung zu beſtimmen, gruͤndet ſich der gro-<lb/> ße Einfluß, welchen das <hi rendition="#b">Beyſpiel</hi> auf die Bil-<lb/> dung des Menſchen hat. Die Handlungsart des<lb/> Menſchen gruͤndet ſich auf ſeine Denkungsart:<lb/> und diejenigen Vorſtellungen, welche ihm an<lb/> gelaͤufigſten ſind, druͤcken ſich auch am haͤufigſten<lb/> in ſeinen Handlungen und den Aeußerungen ſei-<lb/> nes Begehrungsvermoͤgens uͤberhaupt aus. Oef-<lb/> ters wahrgenommene Beyſpiele koͤnnen daher nie<lb/> ohne einige Wirkung bleiben, weil ſie den, der<lb/> ſie wahrnimmt, an die Vorſtellungen, welche<lb/> ſich auf ſie beziehen, gewoͤhnen, und auf dieſe<lb/> Weiſe in die Handlungsart uͤbergehen<note xml:id="seg2pn_4_1" next="#seg2pn_4_2" place="foot" n="*)">Niemand hat ſich oͤfter an den großen Einfluß des<lb/><hi rendition="#fr">Beyſpiels</hi> auf das menſchliche Herz zu erinnern,<lb/> als diejenigen, welche <hi rendition="#fr">ihre Bruͤder lehren und<lb/> bilden ſollen</hi>. Die feinſte Lehre und die treflichſte<lb/> Moral wirkt das nicht, was ſie wirken koͤnnte, wenn<lb/> das <hi rendition="#fr">Leben</hi> des Lehrers und des Moraliſten nicht<lb/> mit ſeiner Lehre uͤbereinſtimmt. Ja, — je aner-<lb/> kannt vortreflicher ein Lehrer, als <hi rendition="#fr">Lehrer</hi> iſt; des<lb/> ſto nachtheiliger kann er fuͤr die, die er bilden ſoll,<lb/> werden, wenn er kein guter <hi rendition="#fr">Menſch</hi> iſt. Der<lb/> ſchon gebildete und feſte moraliſche Charakter wird<lb/> <fw place="bottom" type="catch">frey-</fw></note>.</p><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Es</fw><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [351/0067]
liche Weiſe vielleicht nicht ohne Nutzen wirkſam
ſeyn koͤnnten.
Auf dieſe Kraft, welche eine wahrgenomme-
ne Handlung hat, den Wahrnehmenden zu ihrer
Nachbildung zu beſtimmen, gruͤndet ſich der gro-
ße Einfluß, welchen das Beyſpiel auf die Bil-
dung des Menſchen hat. Die Handlungsart des
Menſchen gruͤndet ſich auf ſeine Denkungsart:
und diejenigen Vorſtellungen, welche ihm an
gelaͤufigſten ſind, druͤcken ſich auch am haͤufigſten
in ſeinen Handlungen und den Aeußerungen ſei-
nes Begehrungsvermoͤgens uͤberhaupt aus. Oef-
ters wahrgenommene Beyſpiele koͤnnen daher nie
ohne einige Wirkung bleiben, weil ſie den, der
ſie wahrnimmt, an die Vorſtellungen, welche
ſich auf ſie beziehen, gewoͤhnen, und auf dieſe
Weiſe in die Handlungsart uͤbergehen *).
Es
*) Niemand hat ſich oͤfter an den großen Einfluß des
Beyſpiels auf das menſchliche Herz zu erinnern,
als diejenigen, welche ihre Bruͤder lehren und
bilden ſollen. Die feinſte Lehre und die treflichſte
Moral wirkt das nicht, was ſie wirken koͤnnte, wenn
das Leben des Lehrers und des Moraliſten nicht
mit ſeiner Lehre uͤbereinſtimmt. Ja, — je aner-
kannt vortreflicher ein Lehrer, als Lehrer iſt; des
ſto nachtheiliger kann er fuͤr die, die er bilden ſoll,
werden, wenn er kein guter Menſch iſt. Der
ſchon gebildete und feſte moraliſche Charakter wird
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