Schaumann, Johann Christian Gottlieb: Psyche oder Unterhaltungen über die Seele. Bd. 2. Halle, 1791.samkeit auf sich zieht, umgeht, doch diesen Um- Wohl willigere Annahme finden, und in das Leben eurer Brüder übergehen! O möchten doch alle Schriftsteller bedenken, daß nicht ihre Schriften allein, sondern auch ihr Leben Einfluß hat; ja dieses mehr Einfluß haben kann, als jene; vornehmlich itzt, wo man sich so gern und so genau um das Privatleben gekannter Männer bekümmert! Wenn die warme Theilnehmung des Herzens, womit ein Wunsch geäußert wird, zu seiner Erfül- lung mitwirken kann, so bleibt mein Wunsch, dem die Menschheit mehr Autorität giebt, als der be- kannteste Mensch ihm geben kann, gewiß nicht ganz unerfüllt Z
ſamkeit auf ſich zieht, umgeht, doch dieſen Um- Wohl willigere Annahme finden, und in das Leben eurer Bruͤder uͤbergehen! O moͤchten doch alle Schriftſteller bedenken, daß nicht ihre Schriften allein, ſondern auch ihr Leben Einfluß hat; ja dieſes mehr Einfluß haben kann, als jene; vornehmlich itzt, wo man ſich ſo gern und ſo genau um das Privatleben gekannter Maͤnner bekuͤmmert! Wenn die warme Theilnehmung des Herzens, womit ein Wunſch geaͤußert wird, zu ſeiner Erfuͤl- lung mitwirken kann, ſo bleibt mein Wunſch, dem die Menſchheit mehr Autoritaͤt giebt, als der be- kannteſte Menſch ihm geben kann, gewiß nicht ganz unerfuͤllt Z
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ſamkeit auf ſich zieht, umgeht, doch dieſen Um-
gang veraͤndert, wie er ſo ganz das Gegentheil
von dem werden kann, was er vorher war. Vom
Aeußern faͤngt gewoͤhnlich die Veraͤnderung an,
weil man dies am erſten und am haͤufigſten ſieht,
und daher am leichteſten kopiren kann. Die Aus-
ſprache, der Gang, die Tragung des Koͤrpers
u. ſ. w. werden aͤhnlichen Aeußerungen des, den
man zu ſeinem Original nimmt, nachgemacht.
Aber dabey bleibt es nicht. Dieſe Nachahmung
des Aeußern ſelbſt erleichtert die Nachbildung
ſeines Jnnern. Man gewoͤhnt ſich an die Ge-
ſinnung und Denkungsart des, dem man nach-
ahmte.
Wohl
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*) willigere Annahme finden, und in das Leben eurer
Bruͤder uͤbergehen!
O moͤchten doch alle Schriftſteller bedenken,
daß nicht ihre Schriften allein, ſondern auch ihr
Leben Einfluß hat; ja dieſes mehr Einfluß haben
kann, als jene; vornehmlich itzt, wo man ſich ſo
gern und ſo genau um das Privatleben gekannter
Maͤnner bekuͤmmert!
Wenn die warme Theilnehmung des Herzens,
womit ein Wunſch geaͤußert wird, zu ſeiner Erfuͤl-
lung mitwirken kann, ſo bleibt mein Wunſch, dem
die Menſchheit mehr Autoritaͤt giebt, als der be-
kannteſte Menſch ihm geben kann, gewiß nicht
ganz unerfuͤllt
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