Oberfeuerwerker Kedrenos mit über die Alpen gebracht! Da wollten wir ein Licht wider den Feind ausgehen lassen, schärfer als der milde Mondschein über dem Krautgärtlein, der dem seligen Abt Walafrid155) so weiche Erinnerungen an seine Freundin in der Seele wach rief. Dort an der Landzunge ein paar Schiffe versenkt, hier am Hafenplatz deßgleichen, -- und mit den langen Brandröhren den Uferplatz be- strichen: hei, wie würden sie auseinanderstieben, wenn's durch die Luft flöge wie ein feuriger Drache und seinen Naphtabrandregen aus- sprühte! Aber was weiß euer Einer von griechischem Feuer?!156) O Kedrenos, Feuerwerker Kedrenos!
Ekkehard war in's Kloster eingetreten. Er fragte nach dem Abt. Ein dienender Bruder wies ihm dessen Gemächer. Er war nicht drinnen und auch anderwärts nicht zu finden.
Er wird in der Rüstkammer sein, sprach ein Mönch im Vor- übergehen zu ihnen. Da führte der dienende Bruder Ekkehard in die Rüstkammer; sie war auf dem hohen Klosterspeicher, viel Harnisch und Gewaffen lag droben aufgehäuft, mit denen das Kloster seine Kriegsleute zum Heerbann ausstattete.
Abt Wazmann stand drin, eine Staubwolke verhüllte ihn dem Blick der Eintretenden, er hatte die Rüstungen von den Wänden ab- nehmen lassen und gemustert. Staub und Rost waren Zeuge, daß sie lang Ruhe gehabt. Beim Mustern hatte der Abt schon an sich selber gedacht; sein Obergewand lag ausgezogen vor ihm, der blonde Klosterschüler hatte ihm einen Ringelpanzer umgeworfen, er reckte seine Arme, ob er ihm fest und bequemlich sitze.
Tretet näher! rief er Ekkehard zu, andere Zeiten, anderer Empfang!
Ekkehard theilte ihm der Herzogin Aufforderung mit.
Ich hätt' selber auf dem hohen Twiel drum nachgesucht, wenn Ihr nicht gekommen wäret, sprach der Abt. Er hatte ein langes Schwert ergriffen und schlug einen Lufthieb, daß Ekkehard etliche Schritte zurückwich; dem scharfen Pfeifen der Luft war zu entnehmen, daß es nicht der erste, den er in seinem Leben führte.
's wird Ernst, sprach er. Zu Altdorf im Schussenthal sind sie schon eingekehrt; bald wird sich die Flamme von Lindau im See spiegeln. Wollt Ihr Euch auch einen Harnisch auslesen? Der mit
Oberfeuerwerker Kedrenos mit über die Alpen gebracht! Da wollten wir ein Licht wider den Feind ausgehen laſſen, ſchärfer als der milde Mondſchein über dem Krautgärtlein, der dem ſeligen Abt Walafrid155) ſo weiche Erinnerungen an ſeine Freundin in der Seele wach rief. Dort an der Landzunge ein paar Schiffe verſenkt, hier am Hafenplatz deßgleichen, — und mit den langen Brandröhren den Uferplatz be- ſtrichen: hei, wie würden ſie auseinanderſtieben, wenn's durch die Luft flöge wie ein feuriger Drache und ſeinen Naphtabrandregen aus- ſprühte! Aber was weiß euer Einer von griechiſchem Feuer?!156) O Kedrenos, Feuerwerker Kedrenos!
Ekkehard war in's Kloſter eingetreten. Er fragte nach dem Abt. Ein dienender Bruder wies ihm deſſen Gemächer. Er war nicht drinnen und auch anderwärts nicht zu finden.
Er wird in der Rüſtkammer ſein, ſprach ein Mönch im Vor- übergehen zu ihnen. Da führte der dienende Bruder Ekkehard in die Rüſtkammer; ſie war auf dem hohen Kloſterſpeicher, viel Harniſch und Gewaffen lag droben aufgehäuft, mit denen das Kloſter ſeine Kriegsleute zum Heerbann ausſtattete.
Abt Wazmann ſtand drin, eine Staubwolke verhüllte ihn dem Blick der Eintretenden, er hatte die Rüſtungen von den Wänden ab- nehmen laſſen und gemuſtert. Staub und Roſt waren Zeuge, daß ſie lang Ruhe gehabt. Beim Muſtern hatte der Abt ſchon an ſich ſelber gedacht; ſein Obergewand lag ausgezogen vor ihm, der blonde Kloſterſchüler hatte ihm einen Ringelpanzer umgeworfen, er reckte ſeine Arme, ob er ihm feſt und bequemlich ſitze.
Tretet näher! rief er Ekkehard zu, andere Zeiten, anderer Empfang!
Ekkehard theilte ihm der Herzogin Aufforderung mit.
Ich hätt' ſelber auf dem hohen Twiel drum nachgeſucht, wenn Ihr nicht gekommen wäret, ſprach der Abt. Er hatte ein langes Schwert ergriffen und ſchlug einen Lufthieb, daß Ekkehard etliche Schritte zurückwich; dem ſcharfen Pfeifen der Luft war zu entnehmen, daß es nicht der erſte, den er in ſeinem Leben führte.
's wird Ernſt, ſprach er. Zu Altdorf im Schuſſenthal ſind ſie ſchon eingekehrt; bald wird ſich die Flamme von Lindau im See ſpiegeln. Wollt Ihr Euch auch einen Harniſch ausleſen? Der mit
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Oberfeuerwerker Kedrenos mit über die Alpen gebracht! Da wollten
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Mondſchein über dem Krautgärtlein, der dem ſeligen Abt Walafrid
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ſo weiche Erinnerungen an ſeine Freundin in der Seele wach rief.
Dort an der Landzunge ein paar Schiffe verſenkt, hier am Hafenplatz
deßgleichen, — und mit den langen Brandröhren den Uferplatz be-
ſtrichen: hei, wie würden ſie auseinanderſtieben, wenn's durch die
Luft flöge wie ein feuriger Drache und ſeinen Naphtabrandregen aus-
ſprühte! Aber was weiß euer Einer von griechiſchem Feuer?!
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O Kedrenos, Feuerwerker Kedrenos!
Ekkehard war in's Kloſter eingetreten. Er fragte nach dem Abt.
Ein dienender Bruder wies ihm deſſen Gemächer. Er war nicht
drinnen und auch anderwärts nicht zu finden.
Er wird in der Rüſtkammer ſein, ſprach ein Mönch im Vor-
übergehen zu ihnen. Da führte der dienende Bruder Ekkehard in
die Rüſtkammer; ſie war auf dem hohen Kloſterſpeicher, viel Harniſch
und Gewaffen lag droben aufgehäuft, mit denen das Kloſter ſeine
Kriegsleute zum Heerbann ausſtattete.
Abt Wazmann ſtand drin, eine Staubwolke verhüllte ihn dem
Blick der Eintretenden, er hatte die Rüſtungen von den Wänden ab-
nehmen laſſen und gemuſtert. Staub und Roſt waren Zeuge, daß
ſie lang Ruhe gehabt. Beim Muſtern hatte der Abt ſchon an ſich
ſelber gedacht; ſein Obergewand lag ausgezogen vor ihm, der blonde
Kloſterſchüler hatte ihm einen Ringelpanzer umgeworfen, er reckte
ſeine Arme, ob er ihm feſt und bequemlich ſitze.
Tretet näher! rief er Ekkehard zu, andere Zeiten, anderer Empfang!
Ekkehard theilte ihm der Herzogin Aufforderung mit.
Ich hätt' ſelber auf dem hohen Twiel drum nachgeſucht, wenn
Ihr nicht gekommen wäret, ſprach der Abt. Er hatte ein langes
Schwert ergriffen und ſchlug einen Lufthieb, daß Ekkehard etliche
Schritte zurückwich; dem ſcharfen Pfeifen der Luft war zu entnehmen,
daß es nicht der erſte, den er in ſeinem Leben führte.
's wird Ernſt, ſprach er. Zu Altdorf im Schuſſenthal ſind ſie
ſchon eingekehrt; bald wird ſich die Flamme von Lindau im See
ſpiegeln. Wollt Ihr Euch auch einen Harniſch ausleſen? Der mit
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Scheffel, Joseph Victor von: Ekkehard. Frankfurt (Main), 1855, S. 148. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffel_ekkehard_1855/170>, abgerufen am 21.11.2024.
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