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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823.

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Hübners biblische Historien waren noch
im 6ten Jahre mein Hauptbuch, so wie das
Anhören von Gespenstergeschichten meine
höchste Ergötzlichkeit war. Von diesem An-
hören ist, ungeachtet meines spätern Un-
glaubens an die Erscheinungsmöglichkeit, eine
Art von caput mortuum in meinem Blute
zurückgeblieben, das mir bis jetzt nicht er-
laubt, in ein finstres Zimmer zu treten, ohne
daß mir nicht das Wort Gespenst wie
ein oßianischer Schemen vorbey schnellte:
ich schäme mich dieses Geständnisses um so
weniger, als der Dresdensche, mit Recht be-
rühmte, Oberhofprediger Reinhard in sei-
nem Aufsatze vom Werth der Kleinigkeiten
in der Moral (Berlin 1798. S. 29.) ein
Gleiches von sich ablegt, und laut S. 233.
in seiner Jugend, so gut wie ich, an einem
Punkte im Büchlein Gefallen fand. Auch
muß ich noch eines Umstandes erwähnen,
sollt er auch meine Geisteskräfte verdächtig
machen. Jn meinem 5ten oder 6ten Jahre
begleitete ich meine Eltern auf einer Besuchs-
reise nach Litthauen; ohnweit dem Wirths-
hause, wo wir Mittag hielten, lag ein Teich,
an dem mich eine Zigeunerin mit Stein-



Huͤbners bibliſche Hiſtorien waren noch
im 6ten Jahre mein Hauptbuch, ſo wie das
Anhoͤren von Geſpenſtergeſchichten meine
hoͤchſte Ergoͤtzlichkeit war. Von dieſem An-
hoͤren iſt, ungeachtet meines ſpaͤtern Un-
glaubens an die Erſcheinungsmoͤglichkeit, eine
Art von caput mortuum in meinem Blute
zuruͤckgeblieben, das mir bis jetzt nicht er-
laubt, in ein finſtres Zimmer zu treten, ohne
daß mir nicht das Wort Geſpenſt wie
ein oßianiſcher Schemen vorbey ſchnellte:
ich ſchaͤme mich dieſes Geſtaͤndniſſes um ſo
weniger, als der Dresdenſche, mit Recht be-
ruͤhmte, Oberhofprediger Reinhard in ſei-
nem Aufſatze vom Werth der Kleinigkeiten
in der Moral (Berlin 1798. S. 29.) ein
Gleiches von ſich ablegt, und laut S. 233.
in ſeiner Jugend, ſo gut wie ich, an einem
Punkte im Buͤchlein Gefallen fand. Auch
muß ich noch eines Umſtandes erwaͤhnen,
ſollt er auch meine Geiſteskraͤfte verdaͤchtig
machen. Jn meinem 5ten oder 6ten Jahre
begleitete ich meine Eltern auf einer Beſuchs-
reiſe nach Litthauen; ohnweit dem Wirths-
hauſe, wo wir Mittag hielten, lag ein Teich,
an dem mich eine Zigeunerin mit Stein-

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[9/0026] Huͤbners bibliſche Hiſtorien waren noch im 6ten Jahre mein Hauptbuch, ſo wie das Anhoͤren von Geſpenſtergeſchichten meine hoͤchſte Ergoͤtzlichkeit war. Von dieſem An- hoͤren iſt, ungeachtet meines ſpaͤtern Un- glaubens an die Erſcheinungsmoͤglichkeit, eine Art von caput mortuum in meinem Blute zuruͤckgeblieben, das mir bis jetzt nicht er- laubt, in ein finſtres Zimmer zu treten, ohne daß mir nicht das Wort Geſpenſt wie ein oßianiſcher Schemen vorbey ſchnellte: ich ſchaͤme mich dieſes Geſtaͤndniſſes um ſo weniger, als der Dresdenſche, mit Recht be- ruͤhmte, Oberhofprediger Reinhard in ſei- nem Aufſatze vom Werth der Kleinigkeiten in der Moral (Berlin 1798. S. 29.) ein Gleiches von ſich ablegt, und laut S. 233. in ſeiner Jugend, ſo gut wie ich, an einem Punkte im Buͤchlein Gefallen fand. Auch muß ich noch eines Umſtandes erwaͤhnen, ſollt er auch meine Geiſteskraͤfte verdaͤchtig machen. Jn meinem 5ten oder 6ten Jahre begleitete ich meine Eltern auf einer Beſuchs- reiſe nach Litthauen; ohnweit dem Wirths- hauſe, wo wir Mittag hielten, lag ein Teich, an dem mich eine Zigeunerin mit Stein-

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Zitationshilfe: Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 9. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/26>, abgerufen am 23.11.2024.