recht bekannt gewordnen Moritz Arndt Umgang gehabt, worüber ich auch etwas in der Biographie beygeschriftelt habe, daß ich ferner dem Professor Vater, zu dessen Geburtstagsfeyer ich am 27sten May einge- laden war, das ihm vom Kaiser Alexander, wegen seiner Verdienste um die russssche Sprachlehre ertheilte Creutz des Wladimir- ordens dritter Classe, welches ich an eben diesem Tage vom Geheimen Staatsrath von Schön erhalten hatte, nach einem Auf- trage des Ministers Stein eingeknüpft habe, und daß mich die hiesige königl. deut- sche Gesellschaft, meiner Einwendungen unge- achtet, zu ihrem zeitigen Direktor erwählt hat, von welchem Aemtchen ich eben keine Freudenkäppchen erwarte, weil ich das Di- rigiren überhaupt für eine schwere Sache, das Dirigiren einer Versammlung studirter Menschen für die allerschwerste halte. Jch will es indessen wagen, ob sich das Wagen gleich für einen eisgrauen Kopf nicht sonder- lich schickt und höchst selten gut einschlägt. -- Zum Glück ist meine neue Würde keinen Stempelabgaben und Strafen unterworfen, die ich bei Antretung meiner traurigen Erb- schaft näher habe kennen lernen müssen.
recht bekannt gewordnen Moritz Arndt Umgang gehabt, woruͤber ich auch etwas in der Biographie beygeſchriftelt habe, daß ich ferner dem Profeſſor Vater, zu deſſen Geburtstagsfeyer ich am 27ſten May einge- laden war, das ihm vom Kaiſer Alexander, wegen ſeiner Verdienſte um die ruſſſſche Sprachlehre ertheilte Creutz des Wladimir- ordens dritter Claſſe, welches ich an eben dieſem Tage vom Geheimen Staatsrath von Schoͤn erhalten hatte, nach einem Auf- trage des Miniſters Stein eingeknuͤpft habe, und daß mich die hieſige koͤnigl. deut- ſche Geſellſchaft, meiner Einwendungen unge- achtet, zu ihrem zeitigen Direktor erwaͤhlt hat, von welchem Aemtchen ich eben keine Freudenkaͤppchen erwarte, weil ich das Di- rigiren uͤberhaupt fuͤr eine ſchwere Sache, das Dirigiren einer Verſammlung ſtudirter Menſchen fuͤr die allerſchwerſte halte. Jch will es indeſſen wagen, ob ſich das Wagen gleich fuͤr einen eisgrauen Kopf nicht ſonder- lich ſchickt und hoͤchſt ſelten gut einſchlaͤgt. — Zum Gluͤck iſt meine neue Wuͤrde keinen Stempelabgaben und Strafen unterworfen, die ich bei Antretung meiner traurigen Erb- ſchaft naͤher habe kennen lernen muͤſſen.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0476"n="459"/>
recht bekannt gewordnen <hirendition="#g">Moritz Arndt</hi><lb/>
Umgang gehabt, woruͤber ich auch etwas<lb/>
in der Biographie beygeſchriftelt habe, daß<lb/>
ich ferner dem Profeſſor <hirendition="#g">Vater,</hi> zu deſſen<lb/>
Geburtstagsfeyer ich am 27ſten May einge-<lb/>
laden war, das ihm vom Kaiſer Alexander,<lb/>
wegen ſeiner Verdienſte um die ruſſſſche<lb/>
Sprachlehre ertheilte Creutz des Wladimir-<lb/>
ordens dritter Claſſe, welches ich an eben<lb/>
dieſem Tage vom Geheimen Staatsrath von<lb/><hirendition="#g">Schoͤn</hi> erhalten hatte, nach einem Auf-<lb/>
trage des Miniſters <hirendition="#g">Stein</hi> eingeknuͤpft<lb/>
habe, und daß mich die hieſige koͤnigl. deut-<lb/>ſche Geſellſchaft, meiner Einwendungen unge-<lb/>
achtet, zu ihrem zeitigen Direktor erwaͤhlt<lb/>
hat, von welchem Aemtchen ich eben keine<lb/>
Freudenkaͤppchen erwarte, weil ich das Di-<lb/>
rigiren uͤberhaupt fuͤr eine ſchwere Sache,<lb/>
das Dirigiren einer Verſammlung ſtudirter<lb/>
Menſchen fuͤr die allerſchwerſte halte. Jch<lb/>
will es indeſſen wagen, ob ſich das Wagen<lb/>
gleich fuͤr einen eisgrauen Kopf nicht ſonder-<lb/>
lich ſchickt und hoͤchſt ſelten gut einſchlaͤgt. —<lb/>
Zum Gluͤck iſt meine neue Wuͤrde keinen<lb/>
Stempelabgaben und Strafen unterworfen,<lb/>
die ich bei Antretung meiner traurigen Erb-<lb/>ſchaft naͤher habe kennen lernen muͤſſen.</p><lb/></div></div></body></text></TEI>
[459/0476]
recht bekannt gewordnen Moritz Arndt
Umgang gehabt, woruͤber ich auch etwas
in der Biographie beygeſchriftelt habe, daß
ich ferner dem Profeſſor Vater, zu deſſen
Geburtstagsfeyer ich am 27ſten May einge-
laden war, das ihm vom Kaiſer Alexander,
wegen ſeiner Verdienſte um die ruſſſſche
Sprachlehre ertheilte Creutz des Wladimir-
ordens dritter Claſſe, welches ich an eben
dieſem Tage vom Geheimen Staatsrath von
Schoͤn erhalten hatte, nach einem Auf-
trage des Miniſters Stein eingeknuͤpft
habe, und daß mich die hieſige koͤnigl. deut-
ſche Geſellſchaft, meiner Einwendungen unge-
achtet, zu ihrem zeitigen Direktor erwaͤhlt
hat, von welchem Aemtchen ich eben keine
Freudenkaͤppchen erwarte, weil ich das Di-
rigiren uͤberhaupt fuͤr eine ſchwere Sache,
das Dirigiren einer Verſammlung ſtudirter
Menſchen fuͤr die allerſchwerſte halte. Jch
will es indeſſen wagen, ob ſich das Wagen
gleich fuͤr einen eisgrauen Kopf nicht ſonder-
lich ſchickt und hoͤchſt ſelten gut einſchlaͤgt. —
Zum Gluͤck iſt meine neue Wuͤrde keinen
Stempelabgaben und Strafen unterworfen,
die ich bei Antretung meiner traurigen Erb-
ſchaft naͤher habe kennen lernen muͤſſen.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 459. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/476>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.