Wortdank dafür lohnt's nicht zu sagen, Drum lieber selbst befolgten Rath. Den Achtzger-Hafen zu erreichen, Wem's glücken soll, muß ängstlich nie Bey Gegenwindes Sorg und Müh Der Frischmuthslaune Seegel streichen; Sie schafft das Rettungsboot, durch sie Erhält die Tragkraft neue Schwingen. Durch Lebensbrandungen zu dringen, Und so, schon alt, sich zu verjüngen -- Auf's Glücken laßt die Gläser klingen.
Als ich des Abends nach Hause kam, ward ich im Garten meines Wirthes Mo- therby durch eine geschmackvolle Erleuch- tung, bey der es nicht an Lampen, Farben und Opferfeuer gebrach, sehr überrascht, und legte mich erst nach 11 Uhr in mein Bett, wo ich unter stillem Dank für die zurückgelegten 79 Jahre bald einschlief und am Morgen mit guten Vorsätzen zum best- möglichsten Gebrauch meiner sehr abnehmen- den Kräfte im neu angefangnen Jahr er- wachte. Brächte dieses doch der deutschen Welt den Frieden, den sie durch so große rühmliche Anstrengung sauer verdient hat, und der ihr gewiß zu Theil werden könnte und müßte, wenn festgesinnte Wahrheits- freunde sich nicht von Freunden der Lüge auf Nebenwegen vom Hauptziel ableiten liessen, sondern unwandelbar bey dem Glau- ben blieben, daß jede Gnade, die sich nicht aufs Recht gründet, eine Ungerechtigkeit sey, und daß man durch den Nichtgebrauch seines Rechts sich schuldig mache aller Leiden, die
Wortdank dafuͤr lohnt’s nicht zu ſagen, Drum lieber ſelbſt befolgten Rath. Den Achtzger-Hafen zu erreichen, Wem’s gluͤcken ſoll, muß aͤngſtlich nie Bey Gegenwindes Sorg und Muͤh Der Friſchmuthslaune Seegel ſtreichen; Sie ſchafft das Rettungsboot, durch ſie Erhaͤlt die Tragkraft neue Schwingen. Durch Lebensbrandungen zu dringen, Und ſo, ſchon alt, ſich zu verjuͤngen — Auf’s Gluͤcken laßt die Glaͤſer klingen.
Als ich des Abends nach Hauſe kam, ward ich im Garten meines Wirthes Mo- therby durch eine geſchmackvolle Erleuch- tung, bey der es nicht an Lampen, Farben und Opferfeuer gebrach, ſehr uͤberraſcht, und legte mich erſt nach 11 Uhr in mein Bett, wo ich unter ſtillem Dank fuͤr die zuruͤckgelegten 79 Jahre bald einſchlief und am Morgen mit guten Vorſaͤtzen zum beſt- moͤglichſten Gebrauch meiner ſehr abnehmen- den Kraͤfte im neu angefangnen Jahr er- wachte. Braͤchte dieſes doch der deutſchen Welt den Frieden, den ſie durch ſo große ruͤhmliche Anſtrengung ſauer verdient hat, und der ihr gewiß zu Theil werden koͤnnte und muͤßte, wenn feſtgeſinnte Wahrheits- freunde ſich nicht von Freunden der Luͤge auf Nebenwegen vom Hauptziel ableiten lieſſen, ſondern unwandelbar bey dem Glau- ben blieben, daß jede Gnade, die ſich nicht aufs Recht gruͤndet, eine Ungerechtigkeit ſey, und daß man durch den Nichtgebrauch ſeines Rechts ſich ſchuldig mache aller Leiden, die
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Wortdank dafuͤr lohnt’s nicht zu ſagen,
Drum lieber ſelbſt befolgten Rath.
Den Achtzger-Hafen zu erreichen,
Wem’s gluͤcken ſoll, muß aͤngſtlich nie
Bey Gegenwindes Sorg und Muͤh
Der Friſchmuthslaune Seegel ſtreichen;
Sie ſchafft das Rettungsboot, durch ſie
Erhaͤlt die Tragkraft neue Schwingen.
Durch Lebensbrandungen zu dringen,
Und ſo, ſchon alt, ſich zu verjuͤngen —
Auf’s Gluͤcken laßt die Glaͤſer klingen.
Als ich des Abends nach Hauſe kam,
ward ich im Garten meines Wirthes Mo-
therby durch eine geſchmackvolle Erleuch-
tung, bey der es nicht an Lampen, Farben
und Opferfeuer gebrach, ſehr uͤberraſcht,
und legte mich erſt nach 11 Uhr in mein
Bett, wo ich unter ſtillem Dank fuͤr die
zuruͤckgelegten 79 Jahre bald einſchlief und
am Morgen mit guten Vorſaͤtzen zum beſt-
moͤglichſten Gebrauch meiner ſehr abnehmen-
den Kraͤfte im neu angefangnen Jahr er-
wachte. Braͤchte dieſes doch der deutſchen
Welt den Frieden, den ſie durch ſo große
ruͤhmliche Anſtrengung ſauer verdient hat,
und der ihr gewiß zu Theil werden koͤnnte
und muͤßte, wenn feſtgeſinnte Wahrheits-
freunde ſich nicht von Freunden der Luͤge
auf Nebenwegen vom Hauptziel ableiten
lieſſen, ſondern unwandelbar bey dem Glau-
ben blieben, daß jede Gnade, die ſich nicht
aufs Recht gruͤndet, eine Ungerechtigkeit ſey,
und daß man durch den Nichtgebrauch ſeines
Rechts ſich ſchuldig mache aller Leiden, die
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Scheffner, Johann George: Mein Leben, wie ich Johann George Scheffner es selbst beschrieben. Leipzig, 1823, S. 489. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheffner_leben_1823/506>, abgerufen am 22.11.2024.
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