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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

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Wiefern wir nämlich nach dem Plan
der Natur die Oberfläche der Erde bewoh-
nen, nicht gleich den Vögeln in den Lüften
leben, können wir uns die Unförmlichkeit,
welche Berge der Erde geben, nur den-
ken; aber wir empfinden sie nicht. Die
Berge erscheinen uns nur nach unserer
Lage, in der wir uns gegen sie befinden,
und daher bestimmt nur dieser sinnliche
Natureindruck unser Urtheil über sie.

So wie Berge die Gemeinschaft zwi-
schen ihnen gelegener Oerter erschweren:
so versetzen sie oft die entferntesten Gegen-
den in der Einbildungskraft desjenigen,
der auf ihrem Gipfel eine Menge Dörfer
und Städte überschaut, in eine täuschende,
ideale Gemeinschaft. Auch dadurch wirken

Wiefern wir naͤmlich nach dem Plan
der Natur die Oberflaͤche der Erde bewoh-
nen, nicht gleich den Voͤgeln in den Luͤften
leben, koͤnnen wir uns die Unfoͤrmlichkeit,
welche Berge der Erde geben, nur den-
ken; aber wir empfinden ſie nicht. Die
Berge erſcheinen uns nur nach unſerer
Lage, in der wir uns gegen ſie befinden,
und daher beſtimmt nur dieſer ſinnliche
Natureindruck unſer Urtheil uͤber ſie.

So wie Berge die Gemeinſchaft zwi-
ſchen ihnen gelegener Oerter erſchweren:
ſo verſetzen ſie oft die entfernteſten Gegen-
den in der Einbildungskraft desjenigen,
der auf ihrem Gipfel eine Menge Doͤrfer
und Staͤdte uͤberſchaut, in eine taͤuſchende,
ideale Gemeinſchaft. Auch dadurch wirken

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[130/0134] Wiefern wir naͤmlich nach dem Plan der Natur die Oberflaͤche der Erde bewoh- nen, nicht gleich den Voͤgeln in den Luͤften leben, koͤnnen wir uns die Unfoͤrmlichkeit, welche Berge der Erde geben, nur den- ken; aber wir empfinden ſie nicht. Die Berge erſcheinen uns nur nach unſerer Lage, in der wir uns gegen ſie befinden, und daher beſtimmt nur dieſer ſinnliche Natureindruck unſer Urtheil uͤber ſie. So wie Berge die Gemeinſchaft zwi- ſchen ihnen gelegener Oerter erſchweren: ſo verſetzen ſie oft die entfernteſten Gegen- den in der Einbildungskraft desjenigen, der auf ihrem Gipfel eine Menge Doͤrfer und Staͤdte uͤberſchaut, in eine taͤuſchende, ideale Gemeinſchaft. Auch dadurch wirken

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Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/134>, abgerufen am 21.11.2024.