Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

Bild:
<< vorherige Seite
nächste Seite >>

Gleichwohl wird es gerade der mit
der Natur vertraute Freund des öftern
Lustwandelns im Freyen am wenigsten in
Abrede seyn, man müsse dem Sommer
einen eigenen Charakter absprechen. Er,
der mit Sinn in der Natur lustwandelt,
weiß es nur zu wohl, daß der Sommer
den Frühling nur fortsetzt, daß er nur
verändert, zeitigt, reift, was der Frühling
ins Leben rief. Die Blüthe der Linden,
des Flieders, des Jelängerjeliebers, des
Vergißmeinnicht, des Thymian, der Rose,
Levkoie, Nelke zeigen ihm Spätlinge des
Frühlings; nur daß der seltnere und un-
interessantere Gesang der Vögel nicht mehr
das rege Leben des Frühlings über die Na-
tur verbreitet, und das dunklere Grün
der Bäume, so wie die hellere Farbe des

Gleichwohl wird es gerade der mit
der Natur vertraute Freund des oͤftern
Luſtwandelns im Freyen am wenigſten in
Abrede ſeyn, man muͤſſe dem Sommer
einen eigenen Charakter abſprechen. Er,
der mit Sinn in der Natur luſtwandelt,
weiß es nur zu wohl, daß der Sommer
den Fruͤhling nur fortſetzt, daß er nur
veraͤndert, zeitigt, reift, was der Fruͤhling
ins Leben rief. Die Bluͤthe der Linden,
des Flieders, des Jelaͤngerjeliebers, des
Vergißmeinnicht, des Thymian, der Roſe,
Levkoie, Nelke zeigen ihm Spaͤtlinge des
Fruͤhlings; nur daß der ſeltnere und un-
intereſſantere Geſang der Voͤgel nicht mehr
das rege Leben des Fruͤhlings uͤber die Na-
tur verbreitet, und das dunklere Gruͤn
der Baͤume, ſo wie die hellere Farbe des

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0180" n="176"/>
        <p>Gleichwohl wird es gerade der mit<lb/>
der Natur vertraute Freund des o&#x0364;ftern<lb/>
Lu&#x017F;twandelns im Freyen am wenig&#x017F;ten in<lb/>
Abrede &#x017F;eyn, man mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e dem Sommer<lb/>
einen eigenen Charakter ab&#x017F;prechen. Er,<lb/>
der mit Sinn in der Natur lu&#x017F;twandelt,<lb/>
weiß es nur zu wohl, daß der Sommer<lb/>
den Fru&#x0364;hling nur fort&#x017F;etzt, daß er nur<lb/>
vera&#x0364;ndert, zeitigt, reift, was der Fru&#x0364;hling<lb/>
ins Leben rief. Die Blu&#x0364;the der Linden,<lb/>
des Flieders, des Jela&#x0364;ngerjeliebers, des<lb/>
Vergißmeinnicht, des Thymian, der Ro&#x017F;e,<lb/>
Levkoie, Nelke zeigen ihm Spa&#x0364;tlinge des<lb/>
Fru&#x0364;hlings; nur daß der &#x017F;eltnere und un-<lb/>
intere&#x017F;&#x017F;antere Ge&#x017F;ang der Vo&#x0364;gel nicht mehr<lb/>
das rege Leben des Fru&#x0364;hlings u&#x0364;ber die Na-<lb/>
tur verbreitet, und das dunklere Gru&#x0364;n<lb/>
der Ba&#x0364;ume, &#x017F;o wie die hellere Farbe des<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[176/0180] Gleichwohl wird es gerade der mit der Natur vertraute Freund des oͤftern Luſtwandelns im Freyen am wenigſten in Abrede ſeyn, man muͤſſe dem Sommer einen eigenen Charakter abſprechen. Er, der mit Sinn in der Natur luſtwandelt, weiß es nur zu wohl, daß der Sommer den Fruͤhling nur fortſetzt, daß er nur veraͤndert, zeitigt, reift, was der Fruͤhling ins Leben rief. Die Bluͤthe der Linden, des Flieders, des Jelaͤngerjeliebers, des Vergißmeinnicht, des Thymian, der Roſe, Levkoie, Nelke zeigen ihm Spaͤtlinge des Fruͤhlings; nur daß der ſeltnere und un- intereſſantere Geſang der Voͤgel nicht mehr das rege Leben des Fruͤhlings uͤber die Na- tur verbreitet, und das dunklere Gruͤn der Baͤume, ſo wie die hellere Farbe des

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/180
Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/180>, abgerufen am 21.11.2024.