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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802.

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lichen Anschauung angeknüpft; aber ob
das Gedicht gleich im Kreise des Lustwan-
delns spielt und seine sinnlichen und intel-
lektuellen Bestandtheile auf das innigste
bindet und in einander verschmelzt: so sind
sie doch nicht aus dem Kreise des unbe-
fangenen Lustwandlers entlehnt, dessen
Empfindungen und Jdeen nicht immer nur
eine und dieselbe Richtung halten, son-
dern zugleich wechseln wie sein Schauplatz.
Auch läßt die Lektüre von Schillers Ge-
dichte nicht die unbefangene Stimmung
zurück, die ein wirkliches Lustwandeln im
Kreise der Natur und Menschheit erzeugt.
Vielmehr wirkt es (gewiß der völligen Ab-
sicht des Dichters selbst gemäß) den Ein-
druck von hohem moralischen Ernst. Man
ist also über der Lektüre dieses Gedichts --
was von dem Spatziergange eines wirkli-
chen Lustwandlers nicht gelten kann, wel-
cher in keine hohe, wenn auch moralische,

lichen Anſchauung angeknuͤpft; aber ob
das Gedicht gleich im Kreiſe des Luſtwan-
delns ſpielt und ſeine ſinnlichen und intel-
lektuellen Beſtandtheile auf das innigſte
bindet und in einander verſchmelzt: ſo ſind
ſie doch nicht aus dem Kreiſe des unbe-
fangenen Luſtwandlers entlehnt, deſſen
Empfindungen und Jdeen nicht immer nur
eine und dieſelbe Richtung halten, ſon-
dern zugleich wechſeln wie ſein Schauplatz.
Auch laͤßt die Lektuͤre von Schillers Ge-
dichte nicht die unbefangene Stimmung
zuruͤck, die ein wirkliches Luſtwandeln im
Kreiſe der Natur und Menſchheit erzeugt.
Vielmehr wirkt es (gewiß der voͤlligen Ab-
ſicht des Dichters ſelbſt gemaͤß) den Ein-
druck von hohem moraliſchen Ernſt. Man
iſt alſo uͤber der Lektuͤre dieſes Gedichts —
was von dem Spatziergange eines wirkli-
chen Luſtwandlers nicht gelten kann, wel-
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[216/0220] lichen Anſchauung angeknuͤpft; aber ob das Gedicht gleich im Kreiſe des Luſtwan- delns ſpielt und ſeine ſinnlichen und intel- lektuellen Beſtandtheile auf das innigſte bindet und in einander verſchmelzt: ſo ſind ſie doch nicht aus dem Kreiſe des unbe- fangenen Luſtwandlers entlehnt, deſſen Empfindungen und Jdeen nicht immer nur eine und dieſelbe Richtung halten, ſon- dern zugleich wechſeln wie ſein Schauplatz. Auch laͤßt die Lektuͤre von Schillers Ge- dichte nicht die unbefangene Stimmung zuruͤck, die ein wirkliches Luſtwandeln im Kreiſe der Natur und Menſchheit erzeugt. Vielmehr wirkt es (gewiß der voͤlligen Ab- ſicht des Dichters ſelbſt gemaͤß) den Ein- druck von hohem moraliſchen Ernſt. Man iſt alſo uͤber der Lektuͤre dieſes Gedichts — was von dem Spatziergange eines wirkli- chen Luſtwandlers nicht gelten kann, wel- cher in keine hohe, wenn auch moraliſche,

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Zitationshilfe: Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 216. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/220>, abgerufen am 09.11.2024.