den für die größten Merkwürdigkeiten die- ser Gegend geachtet und nicht ohne Eitel- keit will jede Ortschaft ihren Orrido als den größten, tiefsten u. s. f. angesehen wissen."
Und nun die Darstellung der Lustfahrt selbst. "Der Abend war jetzt gekommen und wir schickten uns zur Abfahrt an. Sanfte Winde wiegten den Nachen, die Sonne streute lebendiges Gold in die Wel- len, still und feyerlich vernahm man das leise Rauschen der Wasserfälle, wovon we- der das Geflüster der Blätter im nahen Lorbeergebüsch, noch die Stimmen ent- fernter Vögel, die im fröhlichen Chor san- gen, überstimmt wurden. Wie von Zau- ber ergriffen, säumten wir, um scheidend uns noch an dem Anblick des schönen Orts zu ergötzen. Kaum merklich wank- ten die Spitzen der hohen Cypressen, die am Berg über der Villa stehen, und im
den fuͤr die groͤßten Merkwuͤrdigkeiten die- ſer Gegend geachtet und nicht ohne Eitel- keit will jede Ortſchaft ihren Orrido als den groͤßten, tiefſten u. ſ. f. angeſehen wiſſen.“
Und nun die Darſtellung der Luſtfahrt ſelbſt. „Der Abend war jetzt gekommen und wir ſchickten uns zur Abfahrt an. Sanfte Winde wiegten den Nachen, die Sonne ſtreute lebendiges Gold in die Wel- len, ſtill und feyerlich vernahm man das leiſe Rauſchen der Waſſerfaͤlle, wovon we- der das Gefluͤſter der Blaͤtter im nahen Lorbeergebuͤſch, noch die Stimmen ent- fernter Voͤgel, die im froͤhlichen Chor ſan- gen, uͤberſtimmt wurden. Wie von Zau- ber ergriffen, ſaͤumten wir, um ſcheidend uns noch an dem Anblick des ſchoͤnen Orts zu ergoͤtzen. Kaum merklich wank- ten die Spitzen der hohen Cypreſſen, die am Berg uͤber der Villa ſtehen, und im
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0257"n="253"/>
den fuͤr die groͤßten Merkwuͤrdigkeiten die-<lb/>ſer Gegend geachtet und nicht ohne Eitel-<lb/>
keit will jede Ortſchaft ihren Orrido als<lb/>
den groͤßten, tiefſten u. ſ. f. angeſehen<lb/>
wiſſen.“</p><lb/><p>Und nun die Darſtellung der Luſtfahrt<lb/>ſelbſt. „Der Abend war jetzt gekommen<lb/>
und wir ſchickten uns zur Abfahrt an.<lb/>
Sanfte Winde wiegten den Nachen, die<lb/>
Sonne ſtreute lebendiges Gold in die Wel-<lb/>
len, ſtill und feyerlich vernahm man das<lb/>
leiſe Rauſchen der Waſſerfaͤlle, wovon we-<lb/>
der das Gefluͤſter der Blaͤtter im nahen<lb/>
Lorbeergebuͤſch, noch die Stimmen ent-<lb/>
fernter Voͤgel, die im froͤhlichen Chor ſan-<lb/>
gen, uͤberſtimmt wurden. Wie von Zau-<lb/>
ber ergriffen, ſaͤumten wir, um ſcheidend<lb/>
uns noch an dem Anblick des ſchoͤnen<lb/>
Orts zu ergoͤtzen. Kaum merklich wank-<lb/>
ten die Spitzen der hohen Cypreſſen, die<lb/>
am Berg uͤber der Villa ſtehen, und im<lb/></p></div></body></text></TEI>
[253/0257]
den fuͤr die groͤßten Merkwuͤrdigkeiten die-
ſer Gegend geachtet und nicht ohne Eitel-
keit will jede Ortſchaft ihren Orrido als
den groͤßten, tiefſten u. ſ. f. angeſehen
wiſſen.“
Und nun die Darſtellung der Luſtfahrt
ſelbſt. „Der Abend war jetzt gekommen
und wir ſchickten uns zur Abfahrt an.
Sanfte Winde wiegten den Nachen, die
Sonne ſtreute lebendiges Gold in die Wel-
len, ſtill und feyerlich vernahm man das
leiſe Rauſchen der Waſſerfaͤlle, wovon we-
der das Gefluͤſter der Blaͤtter im nahen
Lorbeergebuͤſch, noch die Stimmen ent-
fernter Voͤgel, die im froͤhlichen Chor ſan-
gen, uͤberſtimmt wurden. Wie von Zau-
ber ergriffen, ſaͤumten wir, um ſcheidend
uns noch an dem Anblick des ſchoͤnen
Orts zu ergoͤtzen. Kaum merklich wank-
ten die Spitzen der hohen Cypreſſen, die
am Berg uͤber der Villa ſtehen, und im
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 253. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/257>, abgerufen am 21.05.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.