zu der Erforschung der Natur einzuladen. Aber die Gestirne sind in weit größere Entfernung von uns gestellt. Es bedarf einer Menge Vorkenntnisse, Werkzeuge, Maschinen, mit einem Worte, sehr lan- ger Leitern, um zu ihnen hinaufzusteigen oder sie uns näher zu bringen. Die Pflanzen hingegen sind uns dieses schon von Natur. Sie sproßen unter unsern Füßen und gewissermaßen unter unsern Händen hervor; und wenn ihre Kleinheit sie bisweilen dem bloßen Auge entzieht, so können sie demselben durch weit leichter zu behandelnde Jnstrumente wieder unterwor- fen werden, als diejenigen sind, welche die Beobachtung der Gestirne erfordert. Die Kräuterkunde ist das Studium eines müßigen und unthätigen Einsiedlers. Ein Stecheisen und ein Vergrößerungsglas sind alles, was er zu Beobachtung derselben braucht. Er schlendert umher, irrt sorg-
zu der Erforſchung der Natur einzuladen. Aber die Geſtirne ſind in weit groͤßere Entfernung von uns geſtellt. Es bedarf einer Menge Vorkenntniſſe, Werkzeuge, Maſchinen, mit einem Worte, ſehr lan- ger Leitern, um zu ihnen hinaufzuſteigen oder ſie uns naͤher zu bringen. Die Pflanzen hingegen ſind uns dieſes ſchon von Natur. Sie ſproßen unter unſern Fuͤßen und gewiſſermaßen unter unſern Haͤnden hervor; und wenn ihre Kleinheit ſie bisweilen dem bloßen Auge entzieht, ſo koͤnnen ſie demſelben durch weit leichter zu behandelnde Jnſtrumente wieder unterwor- fen werden, als diejenigen ſind, welche die Beobachtung der Geſtirne erfordert. Die Kraͤuterkunde iſt das Studium eines muͤßigen und unthaͤtigen Einſiedlers. Ein Stecheiſen und ein Vergroͤßerungsglas ſind alles, was er zu Beobachtung derſelben braucht. Er ſchlendert umher, irrt ſorg-
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zu der Erforſchung der Natur einzuladen.
Aber die Geſtirne ſind in weit groͤßere
Entfernung von uns geſtellt. Es bedarf
einer Menge Vorkenntniſſe, Werkzeuge,
Maſchinen, mit einem Worte, ſehr lan-
ger Leitern, um zu ihnen hinaufzuſteigen
oder ſie uns naͤher zu bringen. Die
Pflanzen hingegen ſind uns dieſes ſchon
von Natur. Sie ſproßen unter unſern
Fuͤßen und gewiſſermaßen unter unſern
Haͤnden hervor; und wenn ihre Kleinheit
ſie bisweilen dem bloßen Auge entzieht, ſo
koͤnnen ſie demſelben durch weit leichter zu
behandelnde Jnſtrumente wieder unterwor-
fen werden, als diejenigen ſind, welche
die Beobachtung der Geſtirne erfordert.
Die Kraͤuterkunde iſt das Studium eines
muͤßigen und unthaͤtigen Einſiedlers. Ein
Stecheiſen und ein Vergroͤßerungsglas ſind
alles, was er zu Beobachtung derſelben
braucht. Er ſchlendert umher, irrt ſorg-
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Schelle, Karl Gottlob: Die Spatziergänge oder die Kunst spatzieren zu gehen. Leipzig, 1802, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelle_spatziergaenge_1802/273>, abgerufen am 21.05.2024.
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