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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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wird. Nämlich die Besonderheit kann unbeschadet der Besonderheit
absolut, sowie das Absolute unbeschadet der Absolutheit besonder seyn.

Die besondere Form soll selbst wieder die absolute seyn, nur
dann ist sie in der Indifferenz mit dem Wesen, und läßt dieses frei.

Styl also schließt nicht die Besonderheit von sich aus, sondern
ist vielmehr die Indifferenz der allgemeinen und absoluten Kunstform
mit der besondern Form des Künstlers, und ist Styl so nothwendig,
als daß die Kunst nur im Individuum sich äußern kann. Styl würde
nur immer und nothwendig die wahre Form, insofern also wieder das
Absolute, Manier nur das Relative seyn. Es ist aber durch die an-
genommene Indifferenz eben nicht bestimmt, daß sie durch Einbildung
des Allgemeinen ins Besondere oder umgekehrt durch Hineinbildung der
besonderen Form in die allgemeine gesetzt sey. Es stellt sich hier, wie
gesagt, nur wieder das schon Bemerkte ein, daß die Einbildung des
Absoluten in das Besondere immer als das Vollendete, und also in
dem gegenwärtigen Fall allein als Styl erscheint. Die entgegengesetzte
Einheit kann als entgegengesetzte eben nur in der Nicht-Absolutheit
erscheinen: ist sie absolut, so heißt alsdann auch sie Styl, ist sie nicht
absolut, so ist sie Manier.

Man wird gewiß nicht leugnen können, daß auch in der andern
Richtung, nämlich die von der Besonderheit ausgeht, Styl erreichbar
sey, obgleich immer noch die Spur dieser formalen Differenz übrig
bleiben, und der in dieser Richtung erreichte Styl die absolute Ma-
nier
heißen kann. Styl wird in diesem Sinn eine absolute (zur
Absolutheit erhobene) Besonderheit, wie in der ersten Bedeutung
eine besondere (zur Besonderheit gebildete) Absolutheit bedeuten. Im
Ganzen muß überhaupt der Styl der Modernen von der ersten Art
seyn, da (nach §. 58) hier die Besonderheit immer der Ausgangspunkt
ist, sowie dagegen nur die Alten den Styl der ersten Gattung haben.
Dieß kann behauptet werden, ohne den Modernen zu nahe zu treten,
da ihnen der Styl überhaupt zugestanden wird. Daß in der letzten
Vollendung der modernen Kunst auch dieser Gegensatz verschwinden
müsse, ist ohnehin offenbar.

wird. Nämlich die Beſonderheit kann unbeſchadet der Beſonderheit
abſolut, ſowie das Abſolute unbeſchadet der Abſolutheit beſonder ſeyn.

Die beſondere Form ſoll ſelbſt wieder die abſolute ſeyn, nur
dann iſt ſie in der Indifferenz mit dem Weſen, und läßt dieſes frei.

Styl alſo ſchließt nicht die Beſonderheit von ſich aus, ſondern
iſt vielmehr die Indifferenz der allgemeinen und abſoluten Kunſtform
mit der beſondern Form des Künſtlers, und iſt Styl ſo nothwendig,
als daß die Kunſt nur im Individuum ſich äußern kann. Styl würde
nur immer und nothwendig die wahre Form, inſofern alſo wieder das
Abſolute, Manier nur das Relative ſeyn. Es iſt aber durch die an-
genommene Indifferenz eben nicht beſtimmt, daß ſie durch Einbildung
des Allgemeinen ins Beſondere oder umgekehrt durch Hineinbildung der
beſonderen Form in die allgemeine geſetzt ſey. Es ſtellt ſich hier, wie
geſagt, nur wieder das ſchon Bemerkte ein, daß die Einbildung des
Abſoluten in das Beſondere immer als das Vollendete, und alſo in
dem gegenwärtigen Fall allein als Styl erſcheint. Die entgegengeſetzte
Einheit kann als entgegengeſetzte eben nur in der Nicht-Abſolutheit
erſcheinen: iſt ſie abſolut, ſo heißt alsdann auch ſie Styl, iſt ſie nicht
abſolut, ſo iſt ſie Manier.

Man wird gewiß nicht leugnen können, daß auch in der andern
Richtung, nämlich die von der Beſonderheit ausgeht, Styl erreichbar
ſey, obgleich immer noch die Spur dieſer formalen Differenz übrig
bleiben, und der in dieſer Richtung erreichte Styl die abſolute Ma-
nier
heißen kann. Styl wird in dieſem Sinn eine abſolute (zur
Abſolutheit erhobene) Beſonderheit, wie in der erſten Bedeutung
eine beſondere (zur Beſonderheit gebildete) Abſolutheit bedeuten. Im
Ganzen muß überhaupt der Styl der Modernen von der erſten Art
ſeyn, da (nach §. 58) hier die Beſonderheit immer der Ausgangspunkt
iſt, ſowie dagegen nur die Alten den Styl der erſten Gattung haben.
Dieß kann behauptet werden, ohne den Modernen zu nahe zu treten,
da ihnen der Styl überhaupt zugeſtanden wird. Daß in der letzten
Vollendung der modernen Kunſt auch dieſer Gegenſatz verſchwinden
müſſe, iſt ohnehin offenbar.

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[475/0151] wird. Nämlich die Beſonderheit kann unbeſchadet der Beſonderheit abſolut, ſowie das Abſolute unbeſchadet der Abſolutheit beſonder ſeyn. Die beſondere Form ſoll ſelbſt wieder die abſolute ſeyn, nur dann iſt ſie in der Indifferenz mit dem Weſen, und läßt dieſes frei. Styl alſo ſchließt nicht die Beſonderheit von ſich aus, ſondern iſt vielmehr die Indifferenz der allgemeinen und abſoluten Kunſtform mit der beſondern Form des Künſtlers, und iſt Styl ſo nothwendig, als daß die Kunſt nur im Individuum ſich äußern kann. Styl würde nur immer und nothwendig die wahre Form, inſofern alſo wieder das Abſolute, Manier nur das Relative ſeyn. Es iſt aber durch die an- genommene Indifferenz eben nicht beſtimmt, daß ſie durch Einbildung des Allgemeinen ins Beſondere oder umgekehrt durch Hineinbildung der beſonderen Form in die allgemeine geſetzt ſey. Es ſtellt ſich hier, wie geſagt, nur wieder das ſchon Bemerkte ein, daß die Einbildung des Abſoluten in das Beſondere immer als das Vollendete, und alſo in dem gegenwärtigen Fall allein als Styl erſcheint. Die entgegengeſetzte Einheit kann als entgegengeſetzte eben nur in der Nicht-Abſolutheit erſcheinen: iſt ſie abſolut, ſo heißt alsdann auch ſie Styl, iſt ſie nicht abſolut, ſo iſt ſie Manier. Man wird gewiß nicht leugnen können, daß auch in der andern Richtung, nämlich die von der Beſonderheit ausgeht, Styl erreichbar ſey, obgleich immer noch die Spur dieſer formalen Differenz übrig bleiben, und der in dieſer Richtung erreichte Styl die abſolute Ma- nier heißen kann. Styl wird in dieſem Sinn eine abſolute (zur Abſolutheit erhobene) Beſonderheit, wie in der erſten Bedeutung eine beſondere (zur Beſonderheit gebildete) Abſolutheit bedeuten. Im Ganzen muß überhaupt der Styl der Modernen von der erſten Art ſeyn, da (nach §. 58) hier die Beſonderheit immer der Ausgangspunkt iſt, ſowie dagegen nur die Alten den Styl der erſten Gattung haben. Dieß kann behauptet werden, ohne den Modernen zu nahe zu treten, da ihnen der Styl überhaupt zugeſtanden wird. Daß in der letzten Vollendung der modernen Kunſt auch dieſer Gegenſatz verſchwinden müſſe, iſt ohnehin offenbar.

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 475. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/151>, abgerufen am 24.11.2024.