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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.

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§. 77. Die Kunstform, in welcher die reale Einheit
rein als solche zur Potenz, zum Symbol wird, ist Musik
.
-- Folgt unmittelbar aus den beiden vorhergehenden Sätzen.

Anmerkung. Die Natur der Musik läßt sich noch von ver-
schiedenen Seiten her bestimmen, die angegebene Construktion aber ist
die aus den früheren Grundsätzen fließende; die verschiedenen anderen
Bestimmungen der Musik ergeben sich daraus als unmittelbare Folgen.

Folgesatz 1. Die Musik ist als Kunst ursprünglich der ersten
Dimension
untergeordnet (hat nur Eine Dimension.)

Folgesatz 2. Die nothwendige Form der Musik ist die Succes-
sion
. -- Denn Zeit ist allgemeine Form der Einbildung des Unendlichen
ins Endliche, sofern als Form, abstrahirt von dem Realen, angeschaut.
Das Princip der Zeit im Subjekt ist das Selbstbewußtseyn, welches
eben die Einbildung der Einheit des Bewußtseyns in die Vielheit im
Idealen ist. Hieraus ist die nahe Verwandtschaft des Gehörsinns über-
haupt und der Musik und der Rede insbesondere mit dem Selbstbe-
wußtseyn begriffen. -- Es läßt sich hieraus auch vorläufig, bis wir
die noch höhere Bedeutung davon aufgezeigt haben, die arithmetische
Seite der Musik begreifen. Die Musik ist ein reales Selbstzählen der
Seele -- schon Pythagoras hat die Seele einer Zahl verglichen --
aber eben deßwegen wieder ein bewußtloses, sich selbst wieder verges-
sendes Zählen. Daher das Leibnizische: Musica est raptus numerare
se nescientis animae.
(Die übrigen Bestimmungen des Charakters der
Musik können erst im Verhältniß zu den andern Künsten entwickelt
werden.)

§. 78. Die Musik als Form, in welcher die reale Ein-
heit sich selbst zum Symbol wird, begreift nothwendig
wieder alle Einheiten in sich
. -- Denn die reale Einheit nimmt
sich selbst (in der Kunst) als Potenz auf, nur um sich, durch
sich selbst
, als Form wieder absolut darzustellen. Nun begreift
aber jede Einheit in ihrer Absolutheit wieder alle anderen, also be-
greift auch die Musik etc.

§. 79. Die in der Musik selbst wieder als besondere

§. 77. Die Kunſtform, in welcher die reale Einheit
rein als ſolche zur Potenz, zum Symbol wird, iſt Muſik
.
— Folgt unmittelbar aus den beiden vorhergehenden Sätzen.

Anmerkung. Die Natur der Muſik läßt ſich noch von ver-
ſchiedenen Seiten her beſtimmen, die angegebene Conſtruktion aber iſt
die aus den früheren Grundſätzen fließende; die verſchiedenen anderen
Beſtimmungen der Muſik ergeben ſich daraus als unmittelbare Folgen.

Folgeſatz 1. Die Muſik iſt als Kunſt urſprünglich der erſten
Dimenſion
untergeordnet (hat nur Eine Dimenſion.)

Folgeſatz 2. Die nothwendige Form der Muſik iſt die Succeſ-
ſion
. — Denn Zeit iſt allgemeine Form der Einbildung des Unendlichen
ins Endliche, ſofern als Form, abſtrahirt von dem Realen, angeſchaut.
Das Princip der Zeit im Subjekt iſt das Selbſtbewußtſeyn, welches
eben die Einbildung der Einheit des Bewußtſeyns in die Vielheit im
Idealen iſt. Hieraus iſt die nahe Verwandtſchaft des Gehörſinns über-
haupt und der Muſik und der Rede insbeſondere mit dem Selbſtbe-
wußtſeyn begriffen. — Es läßt ſich hieraus auch vorläufig, bis wir
die noch höhere Bedeutung davon aufgezeigt haben, die arithmetiſche
Seite der Muſik begreifen. Die Muſik iſt ein reales Selbſtzählen der
Seele — ſchon Pythagoras hat die Seele einer Zahl verglichen —
aber eben deßwegen wieder ein bewußtloſes, ſich ſelbſt wieder vergeſ-
ſendes Zählen. Daher das Leibniziſche: Musica est raptus numerare
se nescientis animae.
(Die übrigen Beſtimmungen des Charakters der
Muſik können erſt im Verhältniß zu den andern Künſten entwickelt
werden.)

§. 78. Die Muſik als Form, in welcher die reale Ein-
heit ſich ſelbſt zum Symbol wird, begreift nothwendig
wieder alle Einheiten in ſich
. — Denn die reale Einheit nimmt
ſich ſelbſt (in der Kunſt) als Potenz auf, nur um ſich, durch
ſich ſelbſt
, als Form wieder abſolut darzuſtellen. Nun begreift
aber jede Einheit in ihrer Abſolutheit wieder alle anderen, alſo be-
greift auch die Muſik ꝛc.

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[491/0167] §. 77. Die Kunſtform, in welcher die reale Einheit rein als ſolche zur Potenz, zum Symbol wird, iſt Muſik. — Folgt unmittelbar aus den beiden vorhergehenden Sätzen. Anmerkung. Die Natur der Muſik läßt ſich noch von ver- ſchiedenen Seiten her beſtimmen, die angegebene Conſtruktion aber iſt die aus den früheren Grundſätzen fließende; die verſchiedenen anderen Beſtimmungen der Muſik ergeben ſich daraus als unmittelbare Folgen. Folgeſatz 1. Die Muſik iſt als Kunſt urſprünglich der erſten Dimenſion untergeordnet (hat nur Eine Dimenſion.) Folgeſatz 2. Die nothwendige Form der Muſik iſt die Succeſ- ſion. — Denn Zeit iſt allgemeine Form der Einbildung des Unendlichen ins Endliche, ſofern als Form, abſtrahirt von dem Realen, angeſchaut. Das Princip der Zeit im Subjekt iſt das Selbſtbewußtſeyn, welches eben die Einbildung der Einheit des Bewußtſeyns in die Vielheit im Idealen iſt. Hieraus iſt die nahe Verwandtſchaft des Gehörſinns über- haupt und der Muſik und der Rede insbeſondere mit dem Selbſtbe- wußtſeyn begriffen. — Es läßt ſich hieraus auch vorläufig, bis wir die noch höhere Bedeutung davon aufgezeigt haben, die arithmetiſche Seite der Muſik begreifen. Die Muſik iſt ein reales Selbſtzählen der Seele — ſchon Pythagoras hat die Seele einer Zahl verglichen — aber eben deßwegen wieder ein bewußtloſes, ſich ſelbſt wieder vergeſ- ſendes Zählen. Daher das Leibniziſche: Musica est raptus numerare se nescientis animae. (Die übrigen Beſtimmungen des Charakters der Muſik können erſt im Verhältniß zu den andern Künſten entwickelt werden.) §. 78. Die Muſik als Form, in welcher die reale Ein- heit ſich ſelbſt zum Symbol wird, begreift nothwendig wieder alle Einheiten in ſich. — Denn die reale Einheit nimmt ſich ſelbſt (in der Kunſt) als Potenz auf, nur um ſich, durch ſich ſelbſt, als Form wieder abſolut darzuſtellen. Nun begreift aber jede Einheit in ihrer Abſolutheit wieder alle anderen, alſo be- greift auch die Muſik ꝛc. §. 79. Die in der Muſik ſelbſt wieder als beſondere

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Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 491. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/167>, abgerufen am 21.11.2024.