Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.Kameen. In Ansehung dieser genügt es, die allgemeine Kategorie §. 122. Die Plastik kat exokhen ist die Sculptur, Zusatz 1. Das plastische Werk als solches ist ein Bild des Uni- Zusatz 2. In der Plastik fällt alle Beschränkung auf einen §. 123. Die Plastik, als der unmittelbare Ausdruck Beweis. Nach §. 105 ist die Plastik diejenige Kunstform, wel- Anmerkung. Wollte erstens die Plastik sich durch anorgische Kameen. In Anſehung dieſer genügt es, die allgemeine Kategorie §. 122. Die Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν iſt die Sculptur, Zuſatz 1. Das plaſtiſche Werk als ſolches iſt ein Bild des Uni- Zuſatz 2. In der Plaſtik fällt alle Beſchränkung auf einen §. 123. Die Plaſtik, als der unmittelbare Ausdruck Beweis. Nach §. 105 iſt die Plaſtik diejenige Kunſtform, wel- Anmerkung. Wollte erſtens die Plaſtik ſich durch anorgiſche <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0278" n="602"/> Kameen. In Anſehung dieſer genügt es, die allgemeine Kategorie<lb/> anzugeben, unter die ſie gehören. Jetzt zur Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν<lb/> oder zur Sculptur.</p><lb/> <p>§. 122. <hi rendition="#g">Die Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν iſt die Sculptur,<lb/> ſofern ſie ihre Ideen durch organiſche und von allen<lb/> Seiten unabhängige, alſo abſolute Gegenſtände darſtellt</hi>.<lb/> — Denn durch das erſte unterſcheidet ſie ſich von der Architektur,<lb/> durch das andere von dem Basrelief, welches ſeine Gegenſtände im<lb/> Zuſammenhang mit irgend einem Grunde darſtellt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zuſatz</hi> 1. Das plaſtiſche Werk als ſolches iſt ein Bild des Uni-<lb/> verſums, welches ſeinen Raum in ſich ſelbſt und keinen außer ſich hat.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zuſatz</hi> 2. In der Plaſtik fällt alle Beſchränkung auf einen<lb/> gewiſſen Geſichtspunkt hinweg, und das plaſtiſche Werk erhebt ſich dadurch<lb/> zu einer Selbſtändigkeit, die dem maleriſchen Werke fehlt.</p><lb/> <p>§. 123. <hi rendition="#g">Die Plaſtik, als der unmittelbare Ausdruck<lb/> der Vernunft, drückt ihre Ideen vorzugsweiſe durch die<lb/> menſchliche Geſtalt aus</hi>.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Beweis</hi>. Nach §. 105 iſt die Plaſtik diejenige Kunſtform, wel-<lb/> cher das Weſen der Materie zum Leib wird. Nun iſt aber das Weſen<lb/> der Materie Vernunft, und als ihr unmittelbarſtes reales Abbild der<lb/> vollkommenſte Organismus, und weil dieſer nur in der menſchlichen<lb/> Geſtalt exiſtirt, menſchliche Geſtalt.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. Wollte erſtens die Plaſtik ſich durch anorgiſche<lb/> Formen ausdrücken, ſo würde ſie dieſe entweder genau nachahmen,<lb/> oder ſie würde ſie ſelbſt als bloße Allegorie des Organiſchen behandeln.<lb/> Im erſten Fall wäre kein Grund der Nachahmung, denn in der an-<lb/> orgiſchen Natur ſind keine wahre Individuen, die Nachahmung würde<lb/> alſo nichts von dem Nachgeahmten Unterſchiedenes hervorbringen und<lb/> ſich nur die unnütze Mühe geben, das, was ſie ohne Kunſt durch die<lb/> Natur ebenſo vollkommen beſitzt, durch Kunſt in einem zweiten Abdruck<lb/> zu beſitzen. Im andern Fall fiele ſie mit der Architektur zuſammen.<lb/> Wollte die Plaſtik zweitens zwar organiſche Weſen, aber z. B. <hi rendition="#g">Pflan-<lb/> zen</hi> darſtellen, ſo ſänke ſie dadurch wieder unter die Architektur zurück.<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [602/0278]
Kameen. In Anſehung dieſer genügt es, die allgemeine Kategorie
anzugeben, unter die ſie gehören. Jetzt zur Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν
oder zur Sculptur.
§. 122. Die Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν iſt die Sculptur,
ſofern ſie ihre Ideen durch organiſche und von allen
Seiten unabhängige, alſo abſolute Gegenſtände darſtellt.
— Denn durch das erſte unterſcheidet ſie ſich von der Architektur,
durch das andere von dem Basrelief, welches ſeine Gegenſtände im
Zuſammenhang mit irgend einem Grunde darſtellt.
Zuſatz 1. Das plaſtiſche Werk als ſolches iſt ein Bild des Uni-
verſums, welches ſeinen Raum in ſich ſelbſt und keinen außer ſich hat.
Zuſatz 2. In der Plaſtik fällt alle Beſchränkung auf einen
gewiſſen Geſichtspunkt hinweg, und das plaſtiſche Werk erhebt ſich dadurch
zu einer Selbſtändigkeit, die dem maleriſchen Werke fehlt.
§. 123. Die Plaſtik, als der unmittelbare Ausdruck
der Vernunft, drückt ihre Ideen vorzugsweiſe durch die
menſchliche Geſtalt aus.
Beweis. Nach §. 105 iſt die Plaſtik diejenige Kunſtform, wel-
cher das Weſen der Materie zum Leib wird. Nun iſt aber das Weſen
der Materie Vernunft, und als ihr unmittelbarſtes reales Abbild der
vollkommenſte Organismus, und weil dieſer nur in der menſchlichen
Geſtalt exiſtirt, menſchliche Geſtalt.
Anmerkung. Wollte erſtens die Plaſtik ſich durch anorgiſche
Formen ausdrücken, ſo würde ſie dieſe entweder genau nachahmen,
oder ſie würde ſie ſelbſt als bloße Allegorie des Organiſchen behandeln.
Im erſten Fall wäre kein Grund der Nachahmung, denn in der an-
orgiſchen Natur ſind keine wahre Individuen, die Nachahmung würde
alſo nichts von dem Nachgeahmten Unterſchiedenes hervorbringen und
ſich nur die unnütze Mühe geben, das, was ſie ohne Kunſt durch die
Natur ebenſo vollkommen beſitzt, durch Kunſt in einem zweiten Abdruck
zu beſitzen. Im andern Fall fiele ſie mit der Architektur zuſammen.
Wollte die Plaſtik zweitens zwar organiſche Weſen, aber z. B. Pflan-
zen darſtellen, ſo ſänke ſie dadurch wieder unter die Architektur zurück.
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