Kameen. In Ansehung dieser genügt es, die allgemeine Kategorie anzugeben, unter die sie gehören. Jetzt zur Plastik kat exokhen oder zur Sculptur.
§. 122. Die Plastik kat exokhen ist die Sculptur, sofern sie ihre Ideen durch organische und von allen Seiten unabhängige, also absolute Gegenstände darstellt. -- Denn durch das erste unterscheidet sie sich von der Architektur, durch das andere von dem Basrelief, welches seine Gegenstände im Zusammenhang mit irgend einem Grunde darstellt.
Zusatz 1. Das plastische Werk als solches ist ein Bild des Uni- versums, welches seinen Raum in sich selbst und keinen außer sich hat.
Zusatz 2. In der Plastik fällt alle Beschränkung auf einen gewissen Gesichtspunkt hinweg, und das plastische Werk erhebt sich dadurch zu einer Selbständigkeit, die dem malerischen Werke fehlt.
§. 123. Die Plastik, als der unmittelbare Ausdruck der Vernunft, drückt ihre Ideen vorzugsweise durch die menschliche Gestalt aus.
Beweis. Nach §. 105 ist die Plastik diejenige Kunstform, wel- cher das Wesen der Materie zum Leib wird. Nun ist aber das Wesen der Materie Vernunft, und als ihr unmittelbarstes reales Abbild der vollkommenste Organismus, und weil dieser nur in der menschlichen Gestalt existirt, menschliche Gestalt.
Anmerkung. Wollte erstens die Plastik sich durch anorgische Formen ausdrücken, so würde sie diese entweder genau nachahmen, oder sie würde sie selbst als bloße Allegorie des Organischen behandeln. Im ersten Fall wäre kein Grund der Nachahmung, denn in der an- orgischen Natur sind keine wahre Individuen, die Nachahmung würde also nichts von dem Nachgeahmten Unterschiedenes hervorbringen und sich nur die unnütze Mühe geben, das, was sie ohne Kunst durch die Natur ebenso vollkommen besitzt, durch Kunst in einem zweiten Abdruck zu besitzen. Im andern Fall fiele sie mit der Architektur zusammen. Wollte die Plastik zweitens zwar organische Wesen, aber z. B. Pflan- zen darstellen, so sänke sie dadurch wieder unter die Architektur zurück.
Kameen. In Anſehung dieſer genügt es, die allgemeine Kategorie anzugeben, unter die ſie gehören. Jetzt zur Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν oder zur Sculptur.
§. 122. Die Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν iſt die Sculptur, ſofern ſie ihre Ideen durch organiſche und von allen Seiten unabhängige, alſo abſolute Gegenſtände darſtellt. — Denn durch das erſte unterſcheidet ſie ſich von der Architektur, durch das andere von dem Basrelief, welches ſeine Gegenſtände im Zuſammenhang mit irgend einem Grunde darſtellt.
Zuſatz 1. Das plaſtiſche Werk als ſolches iſt ein Bild des Uni- verſums, welches ſeinen Raum in ſich ſelbſt und keinen außer ſich hat.
Zuſatz 2. In der Plaſtik fällt alle Beſchränkung auf einen gewiſſen Geſichtspunkt hinweg, und das plaſtiſche Werk erhebt ſich dadurch zu einer Selbſtändigkeit, die dem maleriſchen Werke fehlt.
§. 123. Die Plaſtik, als der unmittelbare Ausdruck der Vernunft, drückt ihre Ideen vorzugsweiſe durch die menſchliche Geſtalt aus.
Beweis. Nach §. 105 iſt die Plaſtik diejenige Kunſtform, wel- cher das Weſen der Materie zum Leib wird. Nun iſt aber das Weſen der Materie Vernunft, und als ihr unmittelbarſtes reales Abbild der vollkommenſte Organismus, und weil dieſer nur in der menſchlichen Geſtalt exiſtirt, menſchliche Geſtalt.
Anmerkung. Wollte erſtens die Plaſtik ſich durch anorgiſche Formen ausdrücken, ſo würde ſie dieſe entweder genau nachahmen, oder ſie würde ſie ſelbſt als bloße Allegorie des Organiſchen behandeln. Im erſten Fall wäre kein Grund der Nachahmung, denn in der an- orgiſchen Natur ſind keine wahre Individuen, die Nachahmung würde alſo nichts von dem Nachgeahmten Unterſchiedenes hervorbringen und ſich nur die unnütze Mühe geben, das, was ſie ohne Kunſt durch die Natur ebenſo vollkommen beſitzt, durch Kunſt in einem zweiten Abdruck zu beſitzen. Im andern Fall fiele ſie mit der Architektur zuſammen. Wollte die Plaſtik zweitens zwar organiſche Weſen, aber z. B. Pflan- zen darſtellen, ſo ſänke ſie dadurch wieder unter die Architektur zurück.
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Kameen. In Anſehung dieſer genügt es, die allgemeine Kategorie
anzugeben, unter die ſie gehören. Jetzt zur Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν
oder zur Sculptur.
§. 122. Die Plaſtik κατ̕ ἐξοχήν iſt die Sculptur,
ſofern ſie ihre Ideen durch organiſche und von allen
Seiten unabhängige, alſo abſolute Gegenſtände darſtellt.
— Denn durch das erſte unterſcheidet ſie ſich von der Architektur,
durch das andere von dem Basrelief, welches ſeine Gegenſtände im
Zuſammenhang mit irgend einem Grunde darſtellt.
Zuſatz 1. Das plaſtiſche Werk als ſolches iſt ein Bild des Uni-
verſums, welches ſeinen Raum in ſich ſelbſt und keinen außer ſich hat.
Zuſatz 2. In der Plaſtik fällt alle Beſchränkung auf einen
gewiſſen Geſichtspunkt hinweg, und das plaſtiſche Werk erhebt ſich dadurch
zu einer Selbſtändigkeit, die dem maleriſchen Werke fehlt.
§. 123. Die Plaſtik, als der unmittelbare Ausdruck
der Vernunft, drückt ihre Ideen vorzugsweiſe durch die
menſchliche Geſtalt aus.
Beweis. Nach §. 105 iſt die Plaſtik diejenige Kunſtform, wel-
cher das Weſen der Materie zum Leib wird. Nun iſt aber das Weſen
der Materie Vernunft, und als ihr unmittelbarſtes reales Abbild der
vollkommenſte Organismus, und weil dieſer nur in der menſchlichen
Geſtalt exiſtirt, menſchliche Geſtalt.
Anmerkung. Wollte erſtens die Plaſtik ſich durch anorgiſche
Formen ausdrücken, ſo würde ſie dieſe entweder genau nachahmen,
oder ſie würde ſie ſelbſt als bloße Allegorie des Organiſchen behandeln.
Im erſten Fall wäre kein Grund der Nachahmung, denn in der an-
orgiſchen Natur ſind keine wahre Individuen, die Nachahmung würde
alſo nichts von dem Nachgeahmten Unterſchiedenes hervorbringen und
ſich nur die unnütze Mühe geben, das, was ſie ohne Kunſt durch die
Natur ebenſo vollkommen beſitzt, durch Kunſt in einem zweiten Abdruck
zu beſitzen. Im andern Fall fiele ſie mit der Architektur zuſammen.
Wollte die Plaſtik zweitens zwar organiſche Weſen, aber z. B. Pflan-
zen darſtellen, ſo ſänke ſie dadurch wieder unter die Architektur zurück.
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859, S. 602. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_kunst_1859/278>, abgerufen am 16.07.2024.
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