Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Philosophie der Kunst (in: Sämtliche Werke. Abt. 1, Bd. 5). Stuttgart, 1859.der Verhältnisse. Der höchste Repräsentant dieser Schönheit unter den In allen Werken dieser Art überhaupt zeigt sich die Hoheit und §. 125. Die plastische Kunst ist die vollendete Einbil- Anmerkung. (Musik ist die Einbildung der Einheit in die Viel- Zusatz 1. Der plastischen Kunst eignet vorzugsweise Erhaben- 1 a. a. O. Bd. 6, S.- 260.
der Verhältniſſe. Der höchſte Repräſentant dieſer Schönheit unter den In allen Werken dieſer Art überhaupt zeigt ſich die Hoheit und §. 125. Die plaſtiſche Kunſt iſt die vollendete Einbil- Anmerkung. (Muſik iſt die Einbildung der Einheit in die Viel- Zuſatz 1. Der plaſtiſchen Kunſt eignet vorzugsweiſe Erhaben- 1 a. a. O. Bd. 6, S.- 260.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0293" n="617"/> der Verhältniſſe. Der höchſte Repräſentant dieſer Schönheit unter den<lb/> uns übrig gebliebenen Werken des Alterthums iſt die <hi rendition="#g">Statue des<lb/> Apollon</hi>, von der Winkelmann ſagt, ſie ſey das höchſte Ideal der<lb/> Kunſt unter allen. „Der Künſtler, ſagt er <note place="foot" n="1">a. a. O. Bd. 6, S.- 260.</note>, hat dieſes Werk ganz<lb/> auf das Ideal gebaut, und er hat nur ebenſoviel von der Materie dazu<lb/> genommen als nöthig war, um ſeine Abſicht auszuführen und ſichtbar<lb/> zu machen. Ueber die Menſchheit erhaben iſt ſein Gewächs, und ſein<lb/> Stand zeuget von der ihn erfüllenden Größe. Ein ewiger Frühling,<lb/> wie in dem glücklichen Elyſien, bekleidet die reizende Männlichkeit voll-<lb/> kommener Jahre mit gefälliger Jugend und ſpielt auf dem ſtolzen<lb/> Gebäude ſeiner Glieder.“</p><lb/> <p>In allen Werken dieſer Art überhaupt zeigt ſich die Hoheit und<lb/> Größe durch <hi rendition="#g">Anmuth gemäßigt</hi> aber <hi rendition="#g">nicht</hi> erniedrigt, und um-<lb/> gekehrt: die Anmuth iſt, beſeelt von jener höheren und geiſtigen Schön-<lb/> heit, zugleich erhaben und ſtreng.</p><lb/> <p>§. 125. <hi rendition="#g">Die plaſtiſche Kunſt iſt die vollendete Einbil-<lb/> dung des Unendlichen ins Endliche</hi>. Denn <hi rendition="#g">jede</hi> Einheit, z. B.<lb/> die der Einbildung des Unendlichen ins Endliche, in ihrer Vollendung<lb/> ſchließt die andere in ſich. Nun iſt aber die Plaſtik unter den realen<lb/> Kunſtformen diejenige, welche die reale Einheit, die der Form, und<lb/> die ideale, die des Weſens, allein vollkommen gleichſetzt (nach §. 105).<lb/> Demnach iſt ſie auch die vollendete Einbildung des Unendlichen ins<lb/> Endliche.</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Anmerkung</hi>. (Muſik iſt die Einbildung der Einheit in die Viel-<lb/> heit <hi rendition="#g">als ſolche</hi> als <hi rendition="#g">Form</hi>, daher real; Malerei die Einbildung der<lb/> Form in das Weſen als ſolches, daher rein <hi rendition="#g">ideal</hi>.)</p><lb/> <p><hi rendition="#g">Zuſatz</hi> 1. Der plaſtiſchen Kunſt eignet vorzugsweiſe Erhaben-<lb/> heit. — Nach dem Begriff der Erhabenheit §. 65. Denn dieſe iſt<lb/> wirklich das im relativen Univerſum angeſchaute wahre Univerſum. Nun<lb/> aber kann die Einbildung des Unendlichen ins Endliche in der Plaſtik<lb/> wirklich nicht vollendet ſeyn, ohne daß das Endliche ſelbſt als ſolches<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [617/0293]
der Verhältniſſe. Der höchſte Repräſentant dieſer Schönheit unter den
uns übrig gebliebenen Werken des Alterthums iſt die Statue des
Apollon, von der Winkelmann ſagt, ſie ſey das höchſte Ideal der
Kunſt unter allen. „Der Künſtler, ſagt er 1, hat dieſes Werk ganz
auf das Ideal gebaut, und er hat nur ebenſoviel von der Materie dazu
genommen als nöthig war, um ſeine Abſicht auszuführen und ſichtbar
zu machen. Ueber die Menſchheit erhaben iſt ſein Gewächs, und ſein
Stand zeuget von der ihn erfüllenden Größe. Ein ewiger Frühling,
wie in dem glücklichen Elyſien, bekleidet die reizende Männlichkeit voll-
kommener Jahre mit gefälliger Jugend und ſpielt auf dem ſtolzen
Gebäude ſeiner Glieder.“
In allen Werken dieſer Art überhaupt zeigt ſich die Hoheit und
Größe durch Anmuth gemäßigt aber nicht erniedrigt, und um-
gekehrt: die Anmuth iſt, beſeelt von jener höheren und geiſtigen Schön-
heit, zugleich erhaben und ſtreng.
§. 125. Die plaſtiſche Kunſt iſt die vollendete Einbil-
dung des Unendlichen ins Endliche. Denn jede Einheit, z. B.
die der Einbildung des Unendlichen ins Endliche, in ihrer Vollendung
ſchließt die andere in ſich. Nun iſt aber die Plaſtik unter den realen
Kunſtformen diejenige, welche die reale Einheit, die der Form, und
die ideale, die des Weſens, allein vollkommen gleichſetzt (nach §. 105).
Demnach iſt ſie auch die vollendete Einbildung des Unendlichen ins
Endliche.
Anmerkung. (Muſik iſt die Einbildung der Einheit in die Viel-
heit als ſolche als Form, daher real; Malerei die Einbildung der
Form in das Weſen als ſolches, daher rein ideal.)
Zuſatz 1. Der plaſtiſchen Kunſt eignet vorzugsweiſe Erhaben-
heit. — Nach dem Begriff der Erhabenheit §. 65. Denn dieſe iſt
wirklich das im relativen Univerſum angeſchaute wahre Univerſum. Nun
aber kann die Einbildung des Unendlichen ins Endliche in der Plaſtik
wirklich nicht vollendet ſeyn, ohne daß das Endliche ſelbſt als ſolches
1 a. a. O. Bd. 6, S.- 260.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |