standes, so müßten wir allerdings auf alle unmittelbare und kategorische Erkenntniß des Unbedingten und Uebersinnlichen, wie Kant lehrt, Verzicht thun.
Solch ein großer Misgriff, als es Kant vorgestellt hat, ist es nach diesem nicht, daß man der natürlichen Trockenheit der Logik durch anthropologische und psychologische Vor¬ kenntnisse aufzuhelfen gewußt hat, welches vielmehr ein recht gesundes Gefühl von dem Werth der ersten voraussetzt, wie auch alle, welche die Philosophie in Logik setzen, gleich¬ sam eine angebohrne Hinneigung zur Psycho¬ logie haben.
Was übrigens von dieser sogenannten Wissenschaft an sich selbst zu halten sey, be¬ greift sich aus dem Vorhergehenden von selbst. Sie beruht auf der angenommenen Entgegen¬ setzung der Seele und des Leibes und man kann leicht urtheilen, was bey Nachforschun¬ gen über etwas, das gar nicht existirt, näm¬ lich eine dem Leib entgegengesetzte Seele, her¬ auskommen kann. Alle wahre Wissenschaft
ſtandes, ſo muͤßten wir allerdings auf alle unmittelbare und kategoriſche Erkenntniß des Unbedingten und Ueberſinnlichen, wie Kant lehrt, Verzicht thun.
Solch ein großer Misgriff, als es Kant vorgeſtellt hat, iſt es nach dieſem nicht, daß man der natuͤrlichen Trockenheit der Logik durch anthropologiſche und pſychologiſche Vor¬ kenntniſſe aufzuhelfen gewußt hat, welches vielmehr ein recht geſundes Gefuͤhl von dem Werth der erſten vorausſetzt, wie auch alle, welche die Philoſophie in Logik ſetzen, gleich¬ ſam eine angebohrne Hinneigung zur Pſycho¬ logie haben.
Was uͤbrigens von dieſer ſogenannten Wiſſenſchaft an ſich ſelbſt zu halten ſey, be¬ greift ſich aus dem Vorhergehenden von ſelbſt. Sie beruht auf der angenommenen Entgegen¬ ſetzung der Seele und des Leibes und man kann leicht urtheilen, was bey Nachforſchun¬ gen uͤber etwas, das gar nicht exiſtirt, naͤm¬ lich eine dem Leib entgegengeſetzte Seele, her¬ auskommen kann. Alle wahre Wiſſenſchaft
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ſtandes, ſo muͤßten wir allerdings auf alle
unmittelbare und kategoriſche Erkenntniß des
Unbedingten und Ueberſinnlichen, wie Kant
lehrt, Verzicht thun.
Solch ein großer Misgriff, als es Kant
vorgeſtellt hat, iſt es nach dieſem nicht, daß
man der natuͤrlichen Trockenheit der Logik
durch anthropologiſche und pſychologiſche Vor¬
kenntniſſe aufzuhelfen gewußt hat, welches
vielmehr ein recht geſundes Gefuͤhl von dem
Werth der erſten vorausſetzt, wie auch alle,
welche die Philoſophie in Logik ſetzen, gleich¬
ſam eine angebohrne Hinneigung zur Pſycho¬
logie haben.
Was uͤbrigens von dieſer ſogenannten
Wiſſenſchaft an ſich ſelbſt zu halten ſey, be¬
greift ſich aus dem Vorhergehenden von ſelbſt.
Sie beruht auf der angenommenen Entgegen¬
ſetzung der Seele und des Leibes und man
kann leicht urtheilen, was bey Nachforſchun¬
gen uͤber etwas, das gar nicht exiſtirt, naͤm¬
lich eine dem Leib entgegengeſetzte Seele, her¬
auskommen kann. Alle wahre Wiſſenſchaft
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Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 130. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/139>, abgerufen am 16.02.2025.
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