che der Kirche für objectiv symbolisch halten will, da ihre Bedeutung doch bloß mystisch ge¬ faßt werden kann, so haben wenigstens diejeni¬ gen Ideen des Christenthums, die in den Dogmen symbolisirt wurden, in diesen nicht aufgehört, von ganz speculativer Bedeutung zu seyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬ tung unabhängiges Leben in sich selbst erlangt haben, wie die der griechischen Mythologie.
Versöhnung des von Gott abgefallenen Endlichen durch seine eigne Geburt in die End¬ lichkeit, ist der erste Gedanke des Christen¬ thums und die Vollendung seiner ganzen An¬ sicht des Universum und der Geschichte dessel¬ ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben deswegen in ihm schlechthin nothwendig ist. Bekanntlich hat schon Lessing in der Schrift: Erziehung des Menschengeschlechts, die philo¬ sophische Bedeutung dieser Lehre zu enthüllen gesucht, und was er darüber gesagt hat, ist vielleicht das Speculativste was er überhaupt geschrieben. Es fehlt aber seiner Ansicht noch an der Beziehung dieser Idee auf die Geschichte
che der Kirche fuͤr objectiv ſymboliſch halten will, da ihre Bedeutung doch bloß myſtiſch ge¬ faßt werden kann, ſo haben wenigſtens diejeni¬ gen Ideen des Chriſtenthums, die in den Dogmen ſymboliſirt wurden, in dieſen nicht aufgehoͤrt, von ganz ſpeculativer Bedeutung zu ſeyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬ tung unabhaͤngiges Leben in ſich ſelbſt erlangt haben, wie die der griechiſchen Mythologie.
Verſoͤhnung des von Gott abgefallenen Endlichen durch ſeine eigne Geburt in die End¬ lichkeit, iſt der erſte Gedanke des Chriſten¬ thums und die Vollendung ſeiner ganzen An¬ ſicht des Univerſum und der Geſchichte deſſel¬ ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben deswegen in ihm ſchlechthin nothwendig iſt. Bekanntlich hat ſchon Leſſing in der Schrift: Erziehung des Menſchengeſchlechts, die philo¬ ſophiſche Bedeutung dieſer Lehre zu enthuͤllen geſucht, und was er daruͤber geſagt hat, iſt vielleicht das Speculativſte was er uͤberhaupt geſchrieben. Es fehlt aber ſeiner Anſicht noch an der Beziehung dieſer Idee auf die Geſchichte
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0193"n="184"/>
che der Kirche fuͤr objectiv ſymboliſch halten<lb/>
will, da ihre Bedeutung doch bloß myſtiſch ge¬<lb/>
faßt werden kann, ſo haben wenigſtens diejeni¬<lb/>
gen Ideen des Chriſtenthums, die in den<lb/>
Dogmen ſymboliſirt wurden, in dieſen nicht<lb/>
aufgehoͤrt, von ganz ſpeculativer Bedeutung<lb/>
zu ſeyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬<lb/>
tung unabhaͤngiges Leben in ſich ſelbſt erlangt<lb/>
haben, wie die der griechiſchen Mythologie.</p><lb/><p>Verſoͤhnung des von Gott abgefallenen<lb/>
Endlichen durch ſeine eigne Geburt in die End¬<lb/>
lichkeit, iſt der erſte Gedanke des Chriſten¬<lb/>
thums und die Vollendung ſeiner ganzen An¬<lb/>ſicht des Univerſum und der Geſchichte deſſel¬<lb/>
ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben<lb/>
deswegen in ihm ſchlechthin nothwendig iſt.<lb/>
Bekanntlich hat ſchon Leſſing in der Schrift:<lb/>
Erziehung des Menſchengeſchlechts, die philo¬<lb/>ſophiſche Bedeutung dieſer Lehre zu enthuͤllen<lb/>
geſucht, und was er daruͤber geſagt hat, iſt<lb/>
vielleicht das Speculativſte was er uͤberhaupt<lb/>
geſchrieben. Es fehlt aber ſeiner Anſicht noch<lb/>
an der Beziehung dieſer Idee auf die Geſchichte<lb/></p></div></body></text></TEI>
[184/0193]
che der Kirche fuͤr objectiv ſymboliſch halten
will, da ihre Bedeutung doch bloß myſtiſch ge¬
faßt werden kann, ſo haben wenigſtens diejeni¬
gen Ideen des Chriſtenthums, die in den
Dogmen ſymboliſirt wurden, in dieſen nicht
aufgehoͤrt, von ganz ſpeculativer Bedeutung
zu ſeyn, da ihre Symbole kein von der Bedeu¬
tung unabhaͤngiges Leben in ſich ſelbſt erlangt
haben, wie die der griechiſchen Mythologie.
Verſoͤhnung des von Gott abgefallenen
Endlichen durch ſeine eigne Geburt in die End¬
lichkeit, iſt der erſte Gedanke des Chriſten¬
thums und die Vollendung ſeiner ganzen An¬
ſicht des Univerſum und der Geſchichte deſſel¬
ben in der Idee der Dreyeinigkeit, welche eben
deswegen in ihm ſchlechthin nothwendig iſt.
Bekanntlich hat ſchon Leſſing in der Schrift:
Erziehung des Menſchengeſchlechts, die philo¬
ſophiſche Bedeutung dieſer Lehre zu enthuͤllen
geſucht, und was er daruͤber geſagt hat, iſt
vielleicht das Speculativſte was er uͤberhaupt
geſchrieben. Es fehlt aber ſeiner Anſicht noch
an der Beziehung dieſer Idee auf die Geſchichte
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/193>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.