Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803.

Bild:
<< vorherige Seite

Es ist klar, daß die empirische Ansicht
sich nicht über die Körperlichkeit erhebt und diese
als etwas, das an sich selbst ist, betrachtet, da
jene dagegen sie nur als das in ein Reales
(durch den Act der Subject-Objectivirung)
verwandelte Ideale begreift. Die Ideen sym¬
bolisiren sich in den Dingen, und da sie an sich
Formen des absoluten Erkennens sind, erschei¬
nen sie in diesen als Formen des Seyns, wie
auch die plastische Kunst ihre Ideen tödtet, um
ihnen die Objectivität zu geben. Der Empi¬
rismus nimmt das Seyn ganz unabhängig von
seiner Bedeutung, da es die Natur des Sym¬
bols ist, ein eigenes Leben in sich selbst zu ha¬
ben. In dieser Trennung kann es nur als rein
Endliches, mit gänzlicher Negation des Unend¬
lichen erscheinen. Und wenn nur diese Ansicht
in der späteren Physik sich zur Allgemeinheit
ausgebildet hätte, und jenem Begriff der Ma¬
terie, als dem rein Leiblichen, nicht dennoch
der des Geistes, absolut entgegenstünde, wo¬
durch sie verhindert wird, wenigstens in sich
selbst ein Ganzes zu seyn, und diejenige Vollen¬

16*

Es iſt klar, daß die empiriſche Anſicht
ſich nicht uͤber die Koͤrperlichkeit erhebt und dieſe
als etwas, das an ſich ſelbſt iſt, betrachtet, da
jene dagegen ſie nur als das in ein Reales
(durch den Act der Subject-Objectivirung)
verwandelte Ideale begreift. Die Ideen ſym¬
boliſiren ſich in den Dingen, und da ſie an ſich
Formen des abſoluten Erkennens ſind, erſchei¬
nen ſie in dieſen als Formen des Seyns, wie
auch die plaſtiſche Kunſt ihre Ideen toͤdtet, um
ihnen die Objectivitaͤt zu geben. Der Empi¬
rismus nimmt das Seyn ganz unabhaͤngig von
ſeiner Bedeutung, da es die Natur des Sym¬
bols iſt, ein eigenes Leben in ſich ſelbſt zu ha¬
ben. In dieſer Trennung kann es nur als rein
Endliches, mit gaͤnzlicher Negation des Unend¬
lichen erſcheinen. Und wenn nur dieſe Anſicht
in der ſpaͤteren Phyſik ſich zur Allgemeinheit
ausgebildet haͤtte, und jenem Begriff der Ma¬
terie, als dem rein Leiblichen, nicht dennoch
der des Geiſtes, abſolut entgegenſtuͤnde, wo¬
durch ſie verhindert wird, wenigſtens in ſich
ſelbſt ein Ganzes zu ſeyn, und diejenige Vollen¬

16*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0252" n="243"/>
        <p>Es i&#x017F;t klar, daß die empiri&#x017F;che An&#x017F;icht<lb/>
&#x017F;ich nicht u&#x0364;ber die Ko&#x0364;rperlichkeit erhebt und die&#x017F;e<lb/>
als etwas, das an &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t i&#x017F;t, betrachtet, da<lb/>
jene dagegen &#x017F;ie nur als das in ein Reales<lb/>
(durch den Act der Subject-Objectivirung)<lb/>
verwandelte Ideale begreift. Die Ideen &#x017F;ym¬<lb/>
boli&#x017F;iren &#x017F;ich in den Dingen, und da &#x017F;ie an &#x017F;ich<lb/>
Formen des ab&#x017F;oluten Erkennens &#x017F;ind, er&#x017F;chei¬<lb/>
nen &#x017F;ie in die&#x017F;en als Formen des Seyns, wie<lb/>
auch die pla&#x017F;ti&#x017F;che Kun&#x017F;t ihre Ideen to&#x0364;dtet, um<lb/>
ihnen die Objectivita&#x0364;t zu geben. Der Empi¬<lb/>
rismus nimmt das Seyn ganz unabha&#x0364;ngig von<lb/>
&#x017F;einer Bedeutung, da es die Natur des Sym¬<lb/>
bols i&#x017F;t, ein eigenes Leben in &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t zu ha¬<lb/>
ben. In die&#x017F;er Trennung kann es nur als rein<lb/>
Endliches, mit ga&#x0364;nzlicher Negation des Unend¬<lb/>
lichen er&#x017F;cheinen. Und wenn nur die&#x017F;e An&#x017F;icht<lb/>
in der &#x017F;pa&#x0364;teren Phy&#x017F;ik &#x017F;ich zur Allgemeinheit<lb/>
ausgebildet ha&#x0364;tte, und jenem Begriff der Ma¬<lb/>
terie, als dem rein Leiblichen, nicht dennoch<lb/>
der des Gei&#x017F;tes, ab&#x017F;olut entgegen&#x017F;tu&#x0364;nde, wo¬<lb/>
durch &#x017F;ie verhindert wird, wenig&#x017F;tens in &#x017F;ich<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t ein Ganzes zu &#x017F;eyn, und diejenige Vollen¬<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">16*<lb/></fw>
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[243/0252] Es iſt klar, daß die empiriſche Anſicht ſich nicht uͤber die Koͤrperlichkeit erhebt und dieſe als etwas, das an ſich ſelbſt iſt, betrachtet, da jene dagegen ſie nur als das in ein Reales (durch den Act der Subject-Objectivirung) verwandelte Ideale begreift. Die Ideen ſym¬ boliſiren ſich in den Dingen, und da ſie an ſich Formen des abſoluten Erkennens ſind, erſchei¬ nen ſie in dieſen als Formen des Seyns, wie auch die plaſtiſche Kunſt ihre Ideen toͤdtet, um ihnen die Objectivitaͤt zu geben. Der Empi¬ rismus nimmt das Seyn ganz unabhaͤngig von ſeiner Bedeutung, da es die Natur des Sym¬ bols iſt, ein eigenes Leben in ſich ſelbſt zu ha¬ ben. In dieſer Trennung kann es nur als rein Endliches, mit gaͤnzlicher Negation des Unend¬ lichen erſcheinen. Und wenn nur dieſe Anſicht in der ſpaͤteren Phyſik ſich zur Allgemeinheit ausgebildet haͤtte, und jenem Begriff der Ma¬ terie, als dem rein Leiblichen, nicht dennoch der des Geiſtes, abſolut entgegenſtuͤnde, wo¬ durch ſie verhindert wird, wenigſtens in ſich ſelbſt ein Ganzes zu ſeyn, und diejenige Vollen¬ 16*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/252
Zitationshilfe: Schelling, Friedrich Wilhelm Joseph von: Vorlesungen über die Methode des academischen Studium. Tübingen, 1803, S. 243. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/schelling_methode_1803/252>, abgerufen am 22.11.2024.