Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.der graue Thalvogt komt. Zu Filisur in Pündten hat man Das Wetter fein und gut/ Wann der Pilatus hat ein Hut. Da aber zugewahren/ daß diser Berg so hoch/ daß die Wolken auß
der graue Thalvogt komt. Zu Filiſur in Puͤndten hat man Das Wetter fein und gut/ Wann der Pilatus hat ein Hut. Da aber zugewahren/ daß diſer Berg ſo hoch/ daß die Wolken auß
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der graue Thalvogt komt. Zu Filiſur in Puͤndten hat man
folgendes Sprichwort. Cura ch’il pitz da Stiervi fò chiapi, ſchi
laſcha der la fotſch & piglia il raſti. Das iſt; wann die oberſte
Spitze des Bergs Stirwis/ ſo 2. meilen weit ungefahr gegen abend
abſiehet von Filiſur/ eine Kappe auf hat/ oder mit Wolken gleich
einer Kappe umgeben/ ſo wirff die Senſe (darmit man das
graß pflegt abzumaͤyen) hin/ und nimme den Raͤchen/ das abge-
ſchnittene in Hauffen zuſamlen/ und alſo vor bevorſtehendem Regen
zub-ſicheren. Denen Einwohnern zu Nuffenen/ einem Dorff im
Rheinwald/ unweit von dem urſprung des hinteren Rheins/ iſt
gleichfals eine an dem Berg Cucarnil klebende Wolke/ eine gewiſſe
Vorzeig eines innert einem halben Tag/ oder morndeß kommenden
Regens. Jn dem Oberen Engadin iſt ein groſſer See bey dem
Dorff Sils/ daher auch Jl Lago di Silio, der Silſer See genant/
zwiſchen beyderſeits hoch aufſteigenden Bergen eingeſchloſſen; auf
dem wann ſich die Wolken herab laſſen/ nemmen die Einwohnere
anlas ſich zu ruͤſten auf bald kommenden Regen. Bißher einge-
fuhrten Erfahrniſſen ſcheinet zuwider ſeyn/ was von dem beruͤhmten/
nahe bey Lucern ligenden Pilatus-Berg ſchreibet Joh. Leo-
pold Cyſat in Beſchreibung des Lucerner See. p. 252. Das
nach der Beywohneren gemeinen Redens-art
Das Wetter fein und gut/
Wann der Pilatus hat ein Hut.
Da aber zugewahren/ daß diſer Berg ſo hoch/ daß die Wolken
ſich muͤſſen weiter an die Mittelwaͤnde deſſelben herab laſſen/ wann
der Regen bevorſtehet. Es ligt aber nicht wenig an der ſituation
der Bergen/ und unterligenden Thaͤleren/ und Beſchaffenheit der
Regierenden Winden/ deßnahen wuͤnſchen moͤchte/ das hier und da
in Eidgnoͤſſiſchen Cantons/ oder denen untergebenen und Zuge-
wandten Ohrten ſich curioſe Leuthe funden/ welche auf ſo thane be-
wegung/ oder ſtillſtand der Wolken fleiſſig wurden achtung geben/
und zugleich nebſt denen Winden/ auch die grad des ſteig- und fallen-
den Quekſilbers in denen ſo genanten Wetterglaͤſeren/ verzeichnen/
damit man nach und nach zu gewiſſen Reglen ſchreiten koͤnte/ und
auß
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Zitationshilfe: | Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 11. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/22>, abgerufen am 16.07.2024. |