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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706.

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in mitten über den See zustehen komt/ und also die gegen Wallenstatt und
Wesen ligende Luft in gleiche dünnung bringet/ worauf ein Windstille er-
folget bis nach Mittag/ da die Wesener Luft bey absteigender Sonn gleicher-
weise außgedehnt sich nirgendshin kan begeben/ als obsich gegen Wallenstatt/
und so einen Abendwind erwecken. Daß aber nach der Sonnen Nider-
gang widerum anfangt wäyen der Ostwind/ komt daher/ weilen die von der
wärme außgedehnte/ und gegen Wallenstatt getriebene Luftkugel dannzut
mal sich widerum zusamen zeuhet/ und gegen Wesen durch die kraft ihrer ei-
genen schwere und elasticitet zuruk fallet oder treibet. Oben habe bereits
angedeutet/ daß dergleichen vormittag wäyende Ost- und nachmittag blasen-
de Westwinde sich noch an einem Ohrt finden/ diß ist aber das Bergeller/
Pergellerthal/
in Lobl. Gottshauß Pundt der hohen Rhaetiae, welches
sich auch zwischen hohen Bergen von Morgen gegen Abend erstrecket/ folg-
lich gleiche/ oben angebrachte Ursachen zulasset. Sol ich dise Natur-Ge-
schicht in vergleichung zeuhen mit anderen in anderen Landen vorkommen-
den gewissen Winden/ so stellet sich ein der zweyfache Wind auf verschiede-
nen Ost- und West Jndischen Küsten. Auf den Malabarischen zum Exem-
pel regieren des Sommers/ oder von dem Herbstmonat bis in April/ von
Mitternacht bis Mittag die so genanten Terreinhos, venti di Terra,
Landtwind/ welche von Morgen her über das feste Land herstreichen; von
Mittag aber bis zu Mittnacht die Viraconos, vvindt uyt de Zee, so von
Westen über das Meer her kommen. Varen. Geograph. Gener. Lib. I.
c. 21. Prop.
7.

Jch komme aber widerum zu dem Wallenstatter-See/ um achtung
zugeben/ was denen Seefahrenden auf beyden seiten desselben vor augen
komme/ und kommlichen anlas könne geben zu gelehrten/ und lustigen discur-
sen.
Fahret man von Wesen auf Wallenstatt/ so komt linker seits in augen-
schein erstlich der oben gemelte Blättlisberg/ oder Fiderschen; darnach
Mattstock/ ein anderer/ so an ihne stosset; weiters Ammon/ auf Ammon/
ein Berg/ und Dorff/ welches so vil sol heissen als au Mont, weilen das Dorf
auf dem Berg ligt/ nach der außlegung Guler. Rhaet. 213. oder amae-
nus mons,
ein anmuhtiger Berg/ nach Räbmann Gespräch von Berg
p. 256. Dann gewißlich disem Dorff nicht nur ein schönes außsehen gibt
sein hohes und fruchtbares Läger/ sondern auch der Muslerbach/ welcher
sich von grosser höhe über die Felsen abstürzet/ und denen vorbeyfahrenden
einen schönen lust erwecket. etc.

in mitten uͤber den See zuſtehen komt/ und alſo die gegen Wallenſtatt und
Weſen ligende Luft in gleiche duͤnnung bringet/ worauf ein Windſtille er-
folget bis nach Mittag/ da die Weſener Luft bey abſteigender Sonn gleicher-
weiſe außgedehnt ſich nirgendshin kan begeben/ als obſich gegen Wallenſtatt/
und ſo einen Abendwind erwecken. Daß aber nach der Sonnen Nider-
gang widerum anfangt waͤyen der Oſtwind/ komt daher/ weilen die von der
waͤrme außgedehnte/ und gegen Wallenſtatt getriebene Luftkugel dannzut
mal ſich widerum zuſamen zeuhet/ und gegen Weſen durch die kraft ihrer ei-
genen ſchwere und elaſticitet zuruk fallet oder treibet. Oben habe bereits
angedeutet/ daß dergleichen vormittag waͤyende Oſt- und nachmittag blaſen-
de Weſtwinde ſich noch an einem Ohrt finden/ diß iſt aber das Bergeller/
Pergellerthal/
in Lobl. Gottshauß Pundt der hohen Rhætiæ, welches
ſich auch zwiſchen hohen Bergen von Morgen gegen Abend erſtrecket/ folg-
lich gleiche/ oben angebrachte Urſachen zulaſſet. Sol ich diſe Natur-Ge-
ſchicht in vergleichung zeuhen mit anderen in anderen Landen vorkommen-
den gewiſſen Winden/ ſo ſtellet ſich ein der zweyfache Wind auf verſchiede-
nen Oſt- und Weſt Jndiſchen Kuͤſten. Auf den Malabariſchen zum Exem-
pel regieren des Sommers/ oder von dem Herbſtmonat bis in April/ von
Mitternacht bis Mittag die ſo genanten Terreinhos, venti di Terra,
Landtwind/ welche von Morgen her uͤber das feſte Land herſtreichen; von
Mittag aber bis zu Mittnacht die Viraconos, vvindt uyt de Zee, ſo von
Weſten uͤber das Meer her kommen. Varen. Geograph. Gener. Lib. I.
c. 21. Prop.
7.

Jch komme aber widerum zu dem Wallenſtatter-See/ um achtung
zugeben/ was denen Seefahrenden auf beyden ſeiten deſſelben vor augen
komme/ und kom̃lichen anlas koͤnne geben zu gelehrten/ und luſtigen diſcur-
ſen.
Fahret man von Weſen auf Wallenſtatt/ ſo komt linker ſeits in augen-
ſchein erſtlich der oben gemelte Blaͤttlisberg/ oder Fiderſchen; darnach
Mattſtock/ ein anderer/ ſo an ihne ſtoſſet; weiters Am̃on/ auf Am̃on/
ein Berg/ und Dorff/ welches ſo vil ſol heiſſen als au Mont, weilen das Dorf
auf dem Berg ligt/ nach der außlegung Guler. Rhæt. 213. oder amæ-
nus mons,
ein anmuhtiger Berg/ nach Raͤbmañ Geſpraͤch von Berg
p. 256. Dann gewißlich diſem Dorff nicht nur ein ſchoͤnes außſehen gibt
ſein hohes und fruchtbares Laͤger/ ſondern auch der Muslerbach/ welcher
ſich von groſſer hoͤhe uͤber die Felſen abſtuͤrzet/ und denen vorbeyfahrenden
einen ſchoͤnen luſt erwecket. ꝛc.

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[28/0039] in mitten uͤber den See zuſtehen komt/ und alſo die gegen Wallenſtatt und Weſen ligende Luft in gleiche duͤnnung bringet/ worauf ein Windſtille er- folget bis nach Mittag/ da die Weſener Luft bey abſteigender Sonn gleicher- weiſe außgedehnt ſich nirgendshin kan begeben/ als obſich gegen Wallenſtatt/ und ſo einen Abendwind erwecken. Daß aber nach der Sonnen Nider- gang widerum anfangt waͤyen der Oſtwind/ komt daher/ weilen die von der waͤrme außgedehnte/ und gegen Wallenſtatt getriebene Luftkugel dannzut mal ſich widerum zuſamen zeuhet/ und gegen Weſen durch die kraft ihrer ei- genen ſchwere und elaſticitet zuruk fallet oder treibet. Oben habe bereits angedeutet/ daß dergleichen vormittag waͤyende Oſt- und nachmittag blaſen- de Weſtwinde ſich noch an einem Ohrt finden/ diß iſt aber das Bergeller/ Pergellerthal/ in Lobl. Gottshauß Pundt der hohen Rhætiæ, welches ſich auch zwiſchen hohen Bergen von Morgen gegen Abend erſtrecket/ folg- lich gleiche/ oben angebrachte Urſachen zulaſſet. Sol ich diſe Natur-Ge- ſchicht in vergleichung zeuhen mit anderen in anderen Landen vorkommen- den gewiſſen Winden/ ſo ſtellet ſich ein der zweyfache Wind auf verſchiede- nen Oſt- und Weſt Jndiſchen Kuͤſten. Auf den Malabariſchen zum Exem- pel regieren des Sommers/ oder von dem Herbſtmonat bis in April/ von Mitternacht bis Mittag die ſo genanten Terreinhos, venti di Terra, Landtwind/ welche von Morgen her uͤber das feſte Land herſtreichen; von Mittag aber bis zu Mittnacht die Viraconos, vvindt uyt de Zee, ſo von Weſten uͤber das Meer her kommen. Varen. Geograph. Gener. Lib. I. c. 21. Prop. 7. Jch komme aber widerum zu dem Wallenſtatter-See/ um achtung zugeben/ was denen Seefahrenden auf beyden ſeiten deſſelben vor augen komme/ und kom̃lichen anlas koͤnne geben zu gelehrten/ und luſtigen diſcur- ſen. Fahret man von Weſen auf Wallenſtatt/ ſo komt linker ſeits in augen- ſchein erſtlich der oben gemelte Blaͤttlisberg/ oder Fiderſchen; darnach Mattſtock/ ein anderer/ ſo an ihne ſtoſſet; weiters Am̃on/ auf Am̃on/ ein Berg/ und Dorff/ welches ſo vil ſol heiſſen als au Mont, weilen das Dorf auf dem Berg ligt/ nach der außlegung Guler. Rhæt. 213. oder amæ- nus mons, ein anmuhtiger Berg/ nach Raͤbmañ Geſpraͤch von Berg p. 256. Dann gewißlich diſem Dorff nicht nur ein ſchoͤnes außſehen gibt ſein hohes und fruchtbares Laͤger/ ſondern auch der Muslerbach/ welcher ſich von groſſer hoͤhe uͤber die Felſen abſtuͤrzet/ und denen vorbeyfahrenden einen ſchoͤnen luſt erwecket. ꝛc.

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 1. Zürich, 1706, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten01_1706/39>, abgerufen am 29.04.2024.