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Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.

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N. 32.)



Natur-Geschichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortsetzung
Von denen wässerigen/ und windichten Luft-
Geschichten des Schweizerlands.

JEdermann solte in die Gedanken gerahten/ das auf denen hohen Gebirgen
nirgends kein Thau sich setze auf die Pflanzen/ sondern alle Thau-
ichte Theil sich verwandlen in Reiffen/ wegen beharrlicher Kälte/ und
immer durchblasenden scharffen Winden/ folglich auf den Alpen alle Pflan-
zen/ und dero Blumen erstarren/ und an statt schöner/ Graß- und Blumreicher
Alpen/ oder Weyden nichts anders zu sehen sein/ als ein unfruchtbares/ von
Kälte gesengtes Erdrich/ wie wir mit schmerzen etwann erfahren die traurigen
Wirkungen der Reiffen/ so da fallen auf unsere Weinräben/ und Garten-
Gewächs. Worauf aber zur Antwort dienet/ daß freylich auf disen hohen
Alpgebirgen nicht könten gepflanzet werden die Weinräben/ oder Garten-
und andre zarte Früchte/ sonder von dem allweisen Gärtner in dise hohe Berg-
Gärten gesetzet worden solche Pflanzen/ welchen die auch bald beständige har-
beste Kälte nicht nur nichts schadet/ sondern noch zu vermehrung ihrer
Kraft dienet/ wie zu sehen auß Tom. I. N. 16. welche hiemit die Reiffen
selbs wol vertragen können/ gleich dem gemeinen Graß/ und anderen Mat-
tenkräuteren. Es ist aber zu desto grösserer bewunderung Göttlicher Vor-
sorg zubemerken/ daß auch auf den hohen Alpen oft bey dem Schnee/ und
Eis fallen die besten/ kräftigsten Thau. Es wird die verwandlung der Thau-
tröpflein in Eis verhinderet theils durch aufliegende/ und an den Bergen
klebende Wolken/ theils durch die wässerige Dünste/ welche alle Morgen auß
dem Erdrich in grosser Menge aufsteigen/ und die Erde gleich einem Kleid
bedecken/ also die Wärme beysamen halten/ daß die Kälte dannzumahl nichts
kan außrichten/ wie auch wir bey uns eher spüren/ und förchten/ einen Reiffen

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N. 32.)



Natur-Geſchichten
Des
Schweizerlands.
Zweyter Theil.


Fortſetzung
Von denen waͤſſerigen/ und windichten Luft-
Geſchichten des Schweizerlands.

JEdermañ ſolte in die Gedanken gerahtẽ/ das auf denen hohen Gebirgen
nirgends kein Thau ſich ſetze auf die Pflanzen/ ſondern alle Thau-
ichte Theil ſich verwandlen in Reiffen/ wegen beharꝛlicher Kaͤlte/ und
immer durchblaſenden ſcharffen Winden/ folglich auf den Alpen alle Pflan-
zen/ und dero Blumen erſtarꝛen/ und an ſtatt ſchoͤner/ Graß- und Blumreicher
Alpen/ oder Weyden nichts anders zu ſehen ſein/ als ein unfruchtbares/ von
Kaͤlte geſengtes Erdrich/ wie wir mit ſchmerzen etwañ erfahren die traurigen
Wirkungen der Reiffen/ ſo da fallen auf unſere Weinraͤben/ und Garten-
Gewaͤchs. Worauf aber zur Antwort dienet/ daß freylich auf diſen hohen
Alpgebirgen nicht koͤnten gepflanzet werden die Weinraͤben/ oder Garten-
und andre zarte Fruͤchte/ ſonder von dem allweiſen Gaͤrtner in diſe hohe Berg-
Gaͤrten geſetzet worden ſolche Pflanzen/ welchen die auch bald beſtaͤndige har-
beſte Kaͤlte nicht nur nichts ſchadet/ ſondern noch zu vermehrung ihrer
Kraft dienet/ wie zu ſehen auß Tom. I. N. 16. welche hiemit die Reiffen
ſelbs wol vertragen koͤnnen/ gleich dem gemeinen Graß/ und anderen Mat-
tenkraͤuteren. Es iſt aber zu deſto groͤſſerer bewunderung Goͤttlicher Vor-
ſorg zubemerken/ daß auch auf den hohen Alpen oft bey dem Schnee/ und
Eis fallen die beſten/ kraͤftigſten Thau. Es wird die verwandlung der Thau-
troͤpflein in Eis verhinderet theils durch aufliegende/ und an den Bergen
klebende Wolken/ theils durch die waͤſſerige Duͤnſte/ welche alle Morgen auß
dem Erdrich in groſſer Menge aufſteigen/ und die Erde gleich einem Kleid
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kan außrichten/ wie auch wir bey uns eher ſpuͤren/ und foͤrchten/ einen Reiffen

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[125/0138] N. 32.) (Den 11. Aug. 1706. Natur-Geſchichten Des Schweizerlands. Zweyter Theil. Fortſetzung Von denen waͤſſerigen/ und windichten Luft- Geſchichten des Schweizerlands. JEdermañ ſolte in die Gedanken gerahtẽ/ das auf denen hohen Gebirgen nirgends kein Thau ſich ſetze auf die Pflanzen/ ſondern alle Thau- ichte Theil ſich verwandlen in Reiffen/ wegen beharꝛlicher Kaͤlte/ und immer durchblaſenden ſcharffen Winden/ folglich auf den Alpen alle Pflan- zen/ und dero Blumen erſtarꝛen/ und an ſtatt ſchoͤner/ Graß- und Blumreicher Alpen/ oder Weyden nichts anders zu ſehen ſein/ als ein unfruchtbares/ von Kaͤlte geſengtes Erdrich/ wie wir mit ſchmerzen etwañ erfahren die traurigen Wirkungen der Reiffen/ ſo da fallen auf unſere Weinraͤben/ und Garten- Gewaͤchs. Worauf aber zur Antwort dienet/ daß freylich auf diſen hohen Alpgebirgen nicht koͤnten gepflanzet werden die Weinraͤben/ oder Garten- und andre zarte Fruͤchte/ ſonder von dem allweiſen Gaͤrtner in diſe hohe Berg- Gaͤrten geſetzet worden ſolche Pflanzen/ welchen die auch bald beſtaͤndige har- beſte Kaͤlte nicht nur nichts ſchadet/ ſondern noch zu vermehrung ihrer Kraft dienet/ wie zu ſehen auß Tom. I. N. 16. welche hiemit die Reiffen ſelbs wol vertragen koͤnnen/ gleich dem gemeinen Graß/ und anderen Mat- tenkraͤuteren. Es iſt aber zu deſto groͤſſerer bewunderung Goͤttlicher Vor- ſorg zubemerken/ daß auch auf den hohen Alpen oft bey dem Schnee/ und Eis fallen die beſten/ kraͤftigſten Thau. Es wird die verwandlung der Thau- troͤpflein in Eis verhinderet theils durch aufliegende/ und an den Bergen klebende Wolken/ theils durch die waͤſſerige Duͤnſte/ welche alle Morgen auß dem Erdrich in groſſer Menge aufſteigen/ und die Erde gleich einem Kleid bedecken/ alſo die Waͤrme beyſamen halten/ daß die Kaͤlte dannzumahl nichts kan außrichten/ wie auch wir bey uns eher ſpuͤren/ und foͤrchten/ einen Reiffen nach

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Zitationshilfe: Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707, S. 125. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/scheuchzer_naturgeschichten02_1706/138>, abgerufen am 24.11.2024.