Scheuchzer, Johann Jacob: Beschreibung Der Natur-Geschichten Des Schweizerlands. Bd. 2. Zürich, 1707.nach einer hellen/ als nach einer dunklen mit Wolken überzogenen Nacht.
Es können auch die jenigen/ welche nur von weitem unsere Schnee-Gebirge ihre
nach einer hellen/ als nach einer dunklen mit Wolken überzogenen Nacht.
Es koͤnnen auch die jenigen/ welche nur von weitem unſere Schnee-Gebirge ihre
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nach einer hellen/ als nach einer dunklen mit Wolken überzogenen Nacht.
Der Schnee/ eine auch waͤſſerige Luftgeſchicht/ ſcheinet bey erſter Anſicht
den Bergpflanzen eben ſo wenig dienſtlich/ als beſtaͤndige Kaͤlte/ und Reiſſen/
ſonderlich/ wann noch neben dem ewigen Schnee geſehen werden immer-
waͤhrende Berggroſſe Eisklumpen. Daher bey Polybio unſere Alpen an-
geruͤhmet werden als infames frigoribus Lib. 3. und Juſtinus nennet ſie
Hiſt Lib. 24. Invicta Juga, & frigore intractabilia loca. So daß man wol
die jenigen Voͤlker koͤnte halten vor die ungluͤkſeligſten/ welche an und nahe
bey den Schneegebirgen muͤſſen ihr Leben zu bringen/ nach jenem Außſpruch
Ovidii Lib. I. de Pont. Eleg 4.
Orbis in extremi jaceo deſertus arenis
Fert ubi perpetuas obruta Terra Nives.
Es koͤnnen auch die jenigen/ welche nur von weitem unſere Schnee-Gebirge
anſehen/ oder darvon hoͤren/ nicht begreiffen/ daß/ was wir taͤglich mit Augen
ſehen/ und zu unſerem Nutzen genieſſen koͤnnen/ daß namlich nahe an dem
Schnee und Eis anzutreffen ſeyen die fetteſten/ mit dem beſten Graß/ und
vilfaltigen ſchoͤnen Blumen außgezierten Berg-Gaͤrten/ oder Alpen/ welche
ſein der Schweizeren Schatz/ Bergwerk/ Handelſchaft/ und bald einige Ver-
nuͤgung. Sehet/ wie der allweiſe Schoͤpfer und Erhalter aller Dingen das
jenige/ was andere anſehen als einen Fluch/ und deßwegen foͤrchten/ verwan-
delt in einen Saͤgen! Setzet euch mit mir ein wenig auf diſen rauhen/ und
fruchtbaren Schneegebirgen nider/ und betrachtet den herꝛlichen Nutzen des
Schnees! Erinneret euch/ wann ihr jemahlen geſehen habt Waſſer deſtil-
liſren, oder brennen/ oder auch deſſen/ was Tom I. N. 5. bey Anlas des
Schweizerlands koſtlichen Waſſerquellen geſchrieben habe/ daß auf den
Helm gehoͤret kaltes Waſſer/ oder nebſt den Brennhafen geſtellet wird ein
mit kaltem Waſſer angefuͤlltes Faß/ damit die von dem Hafen aufſteigenden
Duͤnſte ſich ſamlen in Troͤpflein/ welche dann in den Vorlag außlauffen.
Allhier iſt der Brennhafen die Erden/ das Feuer die unterirꝛdiſche Waͤrme/
der Helm unſere hohen Alpen/ und deren mit Kuͤhlwaſſer/ das iſt/ beſtaͤndi-
gem Schnee bedekte Felſen/ welche dann die auß dem inneren Eingeweid der
Erden aufſteigenden Dünſte zum theil verhinderen an voͤlligem außfliegen/
ſondern ſamlen in Troͤpflein/ welche dann durch ihren Zuſamenfluß außma-
chen die Brünnen/ Baͤche/ und Flüſſe/ und vor allem unſere Bergweiden
traͤnken/ und anfeuchten/ zu groſſer Erquikung daſiger Pflanzen/ welche ohne
diſe und andere von den Wolken auf ſie niderlaſſende Waſſer von Durſt
muͤßten vertroknen/ und verderben. Uber diß iſt zugewahren/ daß die innere
Erden-waͤrme/ von dem Berg-Schnee an ihrer außrauchung verhinderet/
deſto kraͤftiger wirket in die Gewaͤchs/ und eine deſto mehrere Nahrung in
ihre
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