Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Erstes Buch. Hier stieg ein Arm empor, und ließ sich schwanckend nieder;360Da lag ein müdes Paar halb offner Augen-Lieder. Die rieff: "wer stöhret uns? und warf sich wieder hin; Als jene grämig schrie: "Was ists? wer ist so kühn? "Seyd still! wer ist dann da? mein, lasset mich zu frieden! "Wer möchte bey der Last der Arbeit nicht ermüden? Sie waren ins gesamt verdrüßlich, halb erwacht, Halb schlaffend, ausser sich, und nahmen kaum in acht Daß wer zu gegen stund; besonders da wir schwiegen: Sie blieben auch, wie vor, in ihren Traümen ligen. Weil es mir um die Lust, noch mehr zu sehen, war, 370So sagt' ich: laßt uns gehn! was heißt die Schläffer-Schaar? Die Wahrheit nahm das Wort: "Geduld! nur die Minuten! "Wir halten uns nicht auf; du wirst es nicht vermuthen "Wer die Gesellschaft sey: die die gefallen mir, "Von diesen kommt der Stadt Beleuchtung, Pracht und Zier! 375Und ihnen sprach sie zu: wir wären gute Freunde, Auch selber von dem Rang der edlen Kunst-Gemeinde: "Auf auf! kommt! geht mit uns und zeiget", fuhr sie fort: "Was ihr erbauet habt! verlaßt den düstern Ort! "Mein mein, dir ist ja längst bekannt, was wir errichtet, 380Sprach eine, du verstehst, zu was man uns verpflichtet! "Du siehst an jedem Ort der theüren Arbeit Zier: "Es ist kein Stein, kein Haus, kein Fenster, keine Thür, So E
Erſtes Buch. Hier ſtieg ein Arm empor, und ließ ſich ſchwanckend nieder;360Da lag ein muͤdes Paar halb offner Augen-Lieder. Die rieff: „wer ſtoͤhret uns? und warf ſich wieder hin; Als jene graͤmig ſchrie: „Was iſts? wer iſt ſo kuͤhn? „Seyd ſtill! wer iſt dann da? mein, laſſet mich zu frieden! „Wer moͤchte bey der Laſt der Arbeit nicht ermuͤden? Sie waren ins geſamt verdruͤßlich, halb erwacht, Halb ſchlaffend, auſſer ſich, und nahmen kaum in acht Daß wer zu gegen ſtund; beſonders da wir ſchwiegen: Sie blieben auch, wie vor, in ihren Trauͤmen ligen. Weil es mir um die Luſt, noch mehr zu ſehen, war, 370So ſagt’ ich: laßt uns gehn! was heißt die Schlaͤffer-Schaar? Die Wahrheit nahm das Wort: „Geduld! nur die Minuten! „Wir halten uns nicht auf; du wirſt es nicht vermuthen „Wer die Geſellſchaft ſey: die die gefallen mir, „Von dieſen kommt der Stadt Beleuchtung, Pracht und Zier! 375Und ihnen ſprach ſie zu: wir waͤren gute Freunde, Auch ſelber von dem Rang der edlen Kunſt-Gemeinde: „Auf auf! kommt! geht mit uns und zeiget„, fuhr ſie fort: „Was ihr erbauet habt! verlaßt den duͤſtern Ort! „Mein mein, dir iſt ja laͤngſt bekannt, was wir errichtet, 380Sprach eine, du verſtehſt, zu was man uns verpflichtet! „Du ſiehſt an jedem Ort der theuͤren Arbeit Zier: „Es iſt kein Stein, kein Haus, kein Fenſter, keine Thuͤr, So E
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0040"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Erſtes Buch.</hi> </fw><lb/> <l>Hier ſtieg ein Arm empor, und ließ ſich ſchwanckend nieder;</l><lb/> <l><note place="left">360</note>Da lag ein muͤdes Paar halb offner Augen-Lieder.</l><lb/> <l>Die rieff: „wer ſtoͤhret uns? und warf ſich wieder hin;</l><lb/> <l>Als jene graͤmig ſchrie: „Was iſts? wer iſt ſo kuͤhn?</l><lb/> <l>„Seyd ſtill! wer iſt dann da? mein, laſſet mich zu frieden!</l><lb/> <l>„Wer moͤchte bey der Laſt der Arbeit nicht ermuͤden?</l> </lg><lb/> <note place="left">365</note> <lg> <l>Sie waren ins geſamt verdruͤßlich, halb erwacht,</l><lb/> <l>Halb ſchlaffend, auſſer ſich, und nahmen kaum in acht</l><lb/> <l>Daß wer zu gegen ſtund; beſonders da wir ſchwiegen:</l><lb/> <l>Sie blieben auch, wie vor, in ihren Trauͤmen ligen.</l> </lg><lb/> <lg> <l>Weil es mir um die Luſt, noch mehr zu ſehen, war,</l><lb/> <l><note place="left">370</note>So ſagt’ ich: laßt uns gehn! was heißt die Schlaͤffer-Schaar?</l><lb/> <l>Die Wahrheit nahm das Wort: „Geduld! nur die Minuten!</l><lb/> <l>„Wir halten uns nicht auf; du wirſt es nicht vermuthen</l><lb/> <l>„Wer die Geſellſchaft ſey: die die gefallen mir,</l><lb/> <l>„Von dieſen kommt der Stadt Beleuchtung, Pracht und Zier!</l><lb/> <l><note place="left">375</note>Und ihnen ſprach ſie zu: wir waͤren gute Freunde,</l><lb/> <l>Auch ſelber von dem Rang der edlen Kunſt-Gemeinde:</l><lb/> <l>„Auf auf! kommt! geht mit uns und zeiget„, fuhr ſie fort:</l><lb/> <l>„Was ihr erbauet habt! verlaßt den duͤſtern Ort!</l> </lg><lb/> <lg> <l>„Mein mein, dir iſt ja laͤngſt bekannt, was wir errichtet,</l><lb/> <l><note place="left">380</note>Sprach eine, du verſtehſt, zu was man uns verpflichtet!</l><lb/> <l>„Du ſiehſt an jedem Ort der theuͤren Arbeit Zier:</l><lb/> <l>„Es iſt kein Stein, kein Haus, kein Fenſter, keine Thuͤr,</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">E</fw> <fw place="bottom" type="catch">So</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0040]
Erſtes Buch.
Hier ſtieg ein Arm empor, und ließ ſich ſchwanckend nieder;
Da lag ein muͤdes Paar halb offner Augen-Lieder.
Die rieff: „wer ſtoͤhret uns? und warf ſich wieder hin;
Als jene graͤmig ſchrie: „Was iſts? wer iſt ſo kuͤhn?
„Seyd ſtill! wer iſt dann da? mein, laſſet mich zu frieden!
„Wer moͤchte bey der Laſt der Arbeit nicht ermuͤden?
Sie waren ins geſamt verdruͤßlich, halb erwacht,
Halb ſchlaffend, auſſer ſich, und nahmen kaum in acht
Daß wer zu gegen ſtund; beſonders da wir ſchwiegen:
Sie blieben auch, wie vor, in ihren Trauͤmen ligen.
Weil es mir um die Luſt, noch mehr zu ſehen, war,
So ſagt’ ich: laßt uns gehn! was heißt die Schlaͤffer-Schaar?
Die Wahrheit nahm das Wort: „Geduld! nur die Minuten!
„Wir halten uns nicht auf; du wirſt es nicht vermuthen
„Wer die Geſellſchaft ſey: die die gefallen mir,
„Von dieſen kommt der Stadt Beleuchtung, Pracht und Zier!
Und ihnen ſprach ſie zu: wir waͤren gute Freunde,
Auch ſelber von dem Rang der edlen Kunſt-Gemeinde:
„Auf auf! kommt! geht mit uns und zeiget„, fuhr ſie fort:
„Was ihr erbauet habt! verlaßt den duͤſtern Ort!
„Mein mein, dir iſt ja laͤngſt bekannt, was wir errichtet,
Sprach eine, du verſtehſt, zu was man uns verpflichtet!
„Du ſiehſt an jedem Ort der theuͤren Arbeit Zier:
„Es iſt kein Stein, kein Haus, kein Fenſter, keine Thuͤr,
So
E
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |