Scheyb, Franz Christoph von: Theresiade. Bd. 1. Wien, 1746.Theresiade 55"Wie viele sehen sich in Pracht und Hoheit schimmern, "Die Ruhm und Ehr, und Glück, und Wohl, und Heil verschlimmern? "Jch kenne des Gemüths Begier und Selbst-Betrug, "Auch der Verwirrungen fast nie vermerckten Zug. "Pracht, Schicksal, Wissenschaft, Freud, Ansehn, Ehr und Güter 60"Verführen durch den Werth und Unwerth die Gemüther: "Dieß herrscht nicht über mich; nichts ist, was mir besiehlt, "Ob es, wanns möglich wär, mich schon gefesselt hielt. "Mich schwächet keine Macht; Gewalt hat kein Geseze, "So meines Sinns Bestand, und freyen Muth verleze. 65"Wann meiner Faust die Krafft, indem sie kämpft, gebricht, "So fehlt doch meinem Geist der Schild der Großmuth nicht. "Je weniger ich mich von meinem Stand entferne, "Je mehr ich den Gebrauch der falschen Ehre lerne. "Mit solchen Würckungen hatt' ich den hohen Sinn 70"Die Herzens-Regungen der Grossen Königinn "Begeistert und belebt; so wußt' ich ihr zum streiten "Den Arm, das Herz, den Muth, die Waffen zu bereiten. "So folgte Sieg auf Sieg; so thönte Schlag auf Schlag, "Von welchem mehr der Feind, als ich erzehlen mag. 75"So wußte sie das Schwert zur Gegenwehr zu schärffen, "So lehrt' ich sie zum Thron den Grund-Riß zu entwerffen. "Nun fährt sie glücklich fort: was klein, veracht sie nicht, "Dem Grossen stellt sie sich mit Großmuth vors Gesicht. "Es
Thereſiade 55„Wie viele ſehen ſich in Pracht und Hoheit ſchimmern, „Die Ruhm und Ehr, und Gluͤck, und Wohl, und Heil verſchlim̃ern? „Jch kenne des Gemuͤths Begier und Selbſt-Betrug, „Auch der Verwirrungen faſt nie vermerckten Zug. „Pracht, Schickſal, Wiſſenſchaft, Freud, Anſehn, Ehr und Guͤter 60„Verfuͤhren durch den Werth und Unwerth die Gemuͤther: „Dieß herꝛſcht nicht uͤber mich; nichts iſt, was mir beſiehlt, „Ob es, wanns moͤglich waͤr, mich ſchon gefeſſelt hielt. „Mich ſchwaͤchet keine Macht; Gewalt hat kein Geſeze, „So meines Sinns Beſtand, und freyen Muth verleze. 65„Wann meiner Fauſt die Krafft, indem ſie kaͤmpft, gebricht, „So fehlt doch meinem Geiſt der Schild der Großmuth nicht. „Je weniger ich mich von meinem Stand entferne, „Je mehr ich den Gebrauch der falſchen Ehre lerne. „Mit ſolchen Wuͤrckungen hatt’ ich den hohen Sinn 70„Die Herzens-Regungen der Groſſen Koͤniginn „Begeiſtert und belebt; ſo wußt’ ich ihr zum ſtreiten „Den Arm, das Herz, den Muth, die Waffen zu bereiten. „So folgte Sieg auf Sieg; ſo thoͤnte Schlag auf Schlag, „Von welchem mehr der Feind, als ich erzehlen mag. 75„So wußte ſie das Schwert zur Gegenwehr zu ſchaͤrffen, „So lehrt’ ich ſie zum Thron den Grund-Riß zu entwerffen. „Nun faͤhrt ſie gluͤcklich fort: was klein, veracht ſie nicht, „Dem Groſſen ſtellt ſie ſich mit Großmuth vors Geſicht. „Es
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Thereſiade
„Wie viele ſehen ſich in Pracht und Hoheit ſchimmern,
„Die Ruhm und Ehr, und Gluͤck, und Wohl, und Heil verſchlim̃ern?
„Jch kenne des Gemuͤths Begier und Selbſt-Betrug,
„Auch der Verwirrungen faſt nie vermerckten Zug.
„Pracht, Schickſal, Wiſſenſchaft, Freud, Anſehn, Ehr und Guͤter
„Verfuͤhren durch den Werth und Unwerth die Gemuͤther:
„Dieß herꝛſcht nicht uͤber mich; nichts iſt, was mir beſiehlt,
„Ob es, wanns moͤglich waͤr, mich ſchon gefeſſelt hielt.
„Mich ſchwaͤchet keine Macht; Gewalt hat kein Geſeze,
„So meines Sinns Beſtand, und freyen Muth verleze.
„Wann meiner Fauſt die Krafft, indem ſie kaͤmpft, gebricht,
„So fehlt doch meinem Geiſt der Schild der Großmuth nicht.
„Je weniger ich mich von meinem Stand entferne,
„Je mehr ich den Gebrauch der falſchen Ehre lerne.
„Mit ſolchen Wuͤrckungen hatt’ ich den hohen Sinn
„Die Herzens-Regungen der Groſſen Koͤniginn
„Begeiſtert und belebt; ſo wußt’ ich ihr zum ſtreiten
„Den Arm, das Herz, den Muth, die Waffen zu bereiten.
„So folgte Sieg auf Sieg; ſo thoͤnte Schlag auf Schlag,
„Von welchem mehr der Feind, als ich erzehlen mag.
„So wußte ſie das Schwert zur Gegenwehr zu ſchaͤrffen,
„So lehrt’ ich ſie zum Thron den Grund-Riß zu entwerffen.
„Nun faͤhrt ſie gluͤcklich fort: was klein, veracht ſie nicht,
„Dem Groſſen ſtellt ſie ſich mit Großmuth vors Geſicht.
„Es
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